Byzanz
ließ. Der Körper des Mannes wirkte drahtig und muskulös, aber auf eigene Art auch zart. Ein silberner Film von Schweiß bedeckte seine Haut. Er genoss den Höllenritt. Barbara drehte ihren Kopf zu Alexios, dem wie aus dem Nichts aufgetauchten Zuschauer, den die Königin jedoch erwartet zu haben schien. Sie sahen sich in die Augen, tiefer und tiefer. Es gelang ihm nicht, sich aus der Umklammerung ihres Blickes zu befreien. Er wollte es auch nicht, immer weniger.
Und mit einem Mal wurde er zum Komplizen ihrer Lust. Doch er wollte nicht nur teilhaben, nicht nur mitgezogen werden in die seltsamen Labyrinthe des Schweißes, der wechselnden Temperaturen, des stockenden Atems, der kleinen Tode und unerwarteten Auferstehungen, sondern auch selbst voranstürmen und sie vor sich hertreiben. Schmerzhaft spürte er seinen Ständer, der die Tunika zu zerreißen drohte. In diesem Moment spürte Alexios eine Hand, die den Stoff umsichtig nach oben schob. Er fühlte einen heißen Atem an seinem Hals und ließ es geschehen, denn sein Blick fand aus den geweiteten Pupillen der Königin nicht mehr den Weg zurück. Nun hatte sich alles Blut in seinem Ständer versammelt, nun zog sich die Fremde an seinem Hals hoch und wippte auf ihm. Der Fürst stieß kräftig zu. Während er in die unerkannte Frau drang, wieder und immer wieder, schaute er zu der Königin, und Barbara neigte ihren Kopf zu ihm hinüber. Ihre Augen schwammen, sie verschwammen aber nicht in der Exstase. Irritiert nahm er einen Rest von Kontrolle in ihrem Blick wahr, und es trieb ihn mit ganzer Kraft, diese Kontrolle zu überwinden.
Doch je leidenschaftlicher er wurde, desto unbeteiligter wirkten ihre blauen Augen. Provozierend unbeteiligt. Eine seltsame Art der Verzweiflung ergriff ihn und trieb ihn vorwärts, denn er sehnte sich danach, ihre Fassungslosigkeit zu sehen, ihr Aufgeben, den Punkt zu erreichen, an dem sie sich ganz in die Lust verlor, er sehnte sich danach, wie man sich nach der Erlösung sehnt. Dieses Verlangen hatte nur einen einzigen Grund: In dem Moment, in dem sie alle Beherrschung verlöre, würde seine Herrschaft beginnen. Fast schien ihm, dass sie ihre Rhythmen anglichen, aber dennoch bestimmte sie. Er war nur das Tier, das ihren Wünschen nachkam. Sie hatte es so gewollt. Genau so sah ihr Plan aus, schoss es ihm durch den Kopf.
In diesem Augenblick wurde Alexios bewusst, dass er diese Frau liebte. Und wie er sie liebte! Das unbekannte Gefühl schlug ihn mit Eisenfäusten nieder. Aber er genoss den Schmerz. Und wunderte sich darüber, denn er hatte viele Frauen gehabt, doch über eine gewisse Sympathie gingen seine Empfindungen niemals hinaus. Aber all das galt nicht mehr.
Er war ihr jetzt näher, als wenn er sie berühren würde, tiefer in ihr, als wenn er unter ihr läge, er liebte sie körperlich und geistig und hörte nicht, wie die Fremde vor Lust aufschrie, weil er nur bei Barbara war. Auch sie schien keine Notiz vom Stöhnen ihres Liebhabers zu nehmen – so kam es Alexios zumindest vor. Sie beide vereinte die Verschwiegenheit ihres Gefühls, kein Laut, kein Wort, kein Stöhnen, ein ruhiges Gleichmaß, kräftig und zart zugleich, ein Fließen, ein Strömen, das endlos schien. Und doch sein Ende nahm.
Barbara wandte sich von ihm ab, und er wurde von der Unbekannten, die von ihm abstieg, fortgezogen. Sie brachte ihn zurück in seine Kemenate. So wie Alexios zumute war, ließ er es willenlos geschehen. Wie einen Kranken zog sie ihn ins Zimmer, legte ihn ins Bett, und jetzt erkannte er sie, es war Clara von Eger. Verschwitzt hingen Strähnen ihrer kastanienbraunen Haare in ihr rundes Gesicht. Das Rot der Wangen unterbrachen völlig regellos weiße Punkte. Sie wirkte auf merkwürdige Art verwirrt und zugleich klar. Jetzt entdeckte er die gleichen weißen Punkte auch an ihrem Hals. Er empfand weder Zuneigung noch Scham, noch nicht einmal ein Bewusstsein dafür, dass er in ihr gewesen war, denn er hatte ja nicht sie, sondern die Königin geliebt. Kein Wort sagte sie zu ihm, als sie ihn verließ, und schien auch erleichtert darüber, dass er sich nicht bemüßigt fühlte, mit ihr zu reden. Seine Gedanken weilten bei Barbara. Am liebsten wäre er noch einmal aufgestanden und in das Schlafzimmer der Königin eingedrungen, um ihr seinen Willen aufzuzwingen. Er war zwar leer, vollkommen erschöpft, aber von einem Verlangen beherrscht, das ihm unerfüllbar zu sein schien. So fiel er in einen tiefen und traumlosen Schlaf wie in eine
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