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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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leise Stimme aus der Dunkelheit.
    »Du nennst dich einen Mann?«
    Boone ließ sich verbessern. »Monster«, sagte er.
    Darauf folgte Lachen. Dann:
    »Nun, wirst du ihn umbringen oder nicht?«
    Boone sah von Decker zu dem Sprecher, der auf einem Grab saß. Sein Gesicht bestand nur aus vernarbtem Gewebe.

    129

    »Erinnert er sich an mich?« fragte der Mann Boone.
    »Ich weiß nicht. Erinnern Sie sich?« wollte Boone von Decker wissen. »Sein Name ist Narcisse.«
    Decker sah ihn nur an.
    »Auch einer von Midians Stamm«, sagte Boone.
    »Ich war nie sicher, ob ich hierher gehöre«, überlegte Narcisse. »Erst als ich die Kugeln aus meinem Gesicht entfernte. Ich dachte, alles wäre ein Traum.«
    »Angst«, sagte Boone.
    »Die hatte ich. Du weißt, was sie mit natürlichen Menschen machen.«
    Boone nickte.
    »Also bring ihn um«, sagte Narcisse. »Iß seine Augen aus den Höhlen, sonst werde ich es für dich tun.«
    »Erst wenn ich ein Geständnis von ihm habe.«
    »Geständnis...« sagte Decker, der beim Gedanken an einen Ausweg die Augen aufriß. »Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie es doch.«
    Er kramte in seiner Jackentasche, als suchte er nach einem Kugelschreiber.
    »Was, zum Teufel, nützt ein Geständnis?« sagte Narcisse. »Glaubst du, jetzt wird dir noch jemand vergeben?
    Sieh dich doch an!«
    Er sprang von dem Grab herunter.
    »Hör zu«, flüsterte er, »wenn Lylesburg herausbe-kommt, daß ich hier oben war, wirft er mich hinaus. Gib mir nur seine Augen, der alten Zeiten wegen. Der Rest gehört dir.«
    »Lassen Sie nicht zu, daß er mich anrührt«, flehte Decker Boone an. »Was Sie wollen... volles Geständnis
    ...alles. Aber halten Sie ihn mir vom Leib!«
    Zu spät; Narcisse griff bereits nach ihm, mit oder ohne Boones Zustimmung. Boone versuchte, ihn mit der freien Hand abzuhalten, aber der Mann war zu sehr auf Rache 130

    aus, um sich abhalten zu lassen. Er drängte sich zwischen Boone und seine Beute.
    »Sieh dich ein letztes Mal um«, grinste er und hob die krallenbewehrten Daumen.
    Aber Deckers Suchen war nicht ausschließlich von Panik bestimmt gewesen. Als sich die Krallen seinen Augen näherten, zog er das große Messer aus dem Versteck in seiner Tasche und stieß es dem Angreifer in den Bauch. Er hatte seine Kunst lange und ernst studiert. Der Schnitt, den er Narcisse verpaßte, war ein Ausweideschnitt, den er von den Japanern gelernt hatte: tief in die Eingeweide, und dann Richtung Nabel hochziehen, wobei die Klinge mit beiden Händen gegen den Druck des Fleisches ge-stemmt wurde. Narcisse schrie auf – aber mehr wegen Erinnerungen an Schmerz als aufgrund der Schmerzen selbst.
    Decker zog das große Messer mit einer einzigen anmu-tigen Bewegung heraus; er wußte aus Studien, daß der wohlverpackte Inhalt folgen würde. Er irrte sich nicht.
    Narcisses Eingeweide rollten sich auf und fielen wie eine Schürze auf die Knie ihres Besitzers. Die Verletzung – die einen lebenden Menschen sofort gefällt hätte – machte Narcisse jedoch lediglich zum Clown. Er klammerte sich an Boone und heulte vor Ekel, als er seine hervorquellen-den Gedärme sah.
    »Hilf mir«, brüllte er. »Ich falle auseinander.«
    Decker nutzte den Augenblick. Er floh zum Tor, während Boone festgehalten wurde. Einen weiten Weg mußte er nicht zurücklegen. Als Boone sich von Narcisse befreit hatte, konnte der Gegner schon ungeweihte Erde sehen.
    Boone nahm die Verfolgung auf, aber bevor er sich dem Tor nur halb genähert hatte, hörte er Deckers Autotür zuschlagen und den Motor anspringen. Der Doktor war entkommen. Verdammt, entkommen!

    131

    »Was, zum Teufel, fange ich jetzt damit an?« hörte Boone Narcisse schluchzen. Er wandte sich vom Tor ab.
    Der Mann hatte die Schlingen seiner Eingeweide zwischen den Händen wie ein Strickzeug.
    »Geh nach unten«, sagte Boone gleichgültig. Es hatte keinen Sinn, Narcisse wegen seiner Einmischung zu verfluchen. »Jemand wird dir helfen«, sagte er.
    »Ich kann nicht. Sie werden wissen, daß ich hier oben war.«
    »Glaubst du, das wüßten sie nicht längst?« antwortete Boone. »Sie wissen alles.«
    Er machte sich wegen Narcisse keine Gedanken mehr.
    Die auf dem Weg liegende Gestalt beanspruchte seine ganze Aufmerksamkeit. In seiner Gier auf Decker hatte er Lori vollkommen vergessen.
    »Sie werden uns beide hinauswerfen«, sagte Narcisse.
    »Möglich«, sagte Boone.
    »Was sollen wir nur tun?«
    »Geh einfach nach unten«, sagte Boone ergeben. »Sag Mister Lylesburg, ich hätte dich

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