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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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Kind war völlig in Schwarz gekleidet, ihre Augen fingen das Kerzenlicht auf und beruhigten sein Flackern. Sie war nicht hübsch. Dazu war 135

    ihr Gesicht zu ernst. Nicht einmal das Lächeln, das sie Lori schenkte, als sie diese erwachen sah, konnte die Traurigkeit aus ihren Zügen vertreiben. Lori bemühte sich nach Kräften, den Willkommensausdruck zu erwidern, war aber nicht sicher, ob ihre Gesichtsmuskeln gehorchten.
    »Er hat uns schlimmes Leid zugefügt«, sagte Babette.
    Lori ging davon aus, daß sie Boone meinte. Doch die nächsten Worte des Kindes belehrten sie eines Besseren.
    »Rachel hat es sauber gemacht. Jetzt brennt es nicht mehr.«
    Sie hob die rechte Hand. Diese war um Daumen und Zeigefinger verbunden.
    »Bei dir auch nicht.«
    Lori nahm alle Willenskraft zusammen und hob die rechte Hand von der Seite. Sie war genauso verbunden.
    »Wo... ist Rachel?« fragte Lori, die ihre Stimme selbst kaum hören konnte. Babette hörte die Frage jedoch deutlich.
    »Irgendwo in der Nähe«, sagte sie.
    »Könntest du sie für mich holen?«
    Babettes ewiges Stirnrunzeln wurde noch düsterer.
    »Bist du jetzt für immer hier?« fragte sie.
    »Nein«, lautete die Antwort, aber nicht von Lori, sondern von Rachel, die unter der Tür aufgetaucht war, »das ist sie nicht. Sie wird bald wieder fortgehen.«
    »Warum?« sagte Babette.
    »Ich habe Lylesburg gehört«, murmelte Lori.
    » Mister Lylesburg«, sagte Rachel und kam zu Lori her-
    über. »Boone hat sein Wort gebrochen, als er nach oben ging, um Sie zu holen. Er hat uns alle in Gefahr gebracht.«
    Lori begriff nur einen Bruchteil der Geschichte Midians, aber genug zu wissen, daß die Maxime, die sie erstmals von Lylesburgs Lippen gehört hatte – »was unten ist, bleibt unten« – keine hohle Phrase war. Es war ein Gesetz, das 136

    einzuhalten die Bewohner von Midian geschworen hatten, andernfalls verloren sie ihre Heimat hier.
    »Können Sie mir helfen?« fragte sie. Sie fühlte sich verwundbar, solange sie auf dem Boden lag.
    Aber es war nicht Rachel, die ihr zu Hilfe kam, sondern Babette, die ihre winzige verbundene Hand auf Loris Bauch legte. Ihr Körper reagierte sofort auf die Berührung des Kindes, alle Anzeichen von Taubheit verschwanden augenblicklich aus ihr. Sie erinnerte sich an dasselbe Gefühl, oder ein ähnliches, bei ihrer letzten Begegnung mit dem Kind: das Gefühl übertragener Kraft, das durch sie geströmt war, als sich das Tier in ihren Armen aufge-löst hatte.
    »Sie hat Sie sehr ins Herz geschlossen«, sagte Rachel.
    »Sieht so aus.« Lori richtete sich auf. »Ist sie verletzt?«
    »Warum fragen Sie mich nicht?« sagte Babette. »Ich bin schließlich auch da.«
    »Tut mir leid«, sagte Lori betroffen. »Hast du dich auch geschnitten?«
    »Nein. Aber ich habe Ihre Schmerzen gespürt.«
    »Sie ist emphatisch«, sagte Rachel. »Sie empfindet das, was andere empfinden, besonders wenn sie eine emotio-nale Beziehung zu ihnen hat.«
    »Ich wußte, daß Sie hierher kamen«, sagte Babette. »Ich habe durch Ihre Augen gesehen. Und Sie können durch meine sehen.«
    »Stimmt das?« fragte Lori Rachel.
    »Glauben Sie ihr«, lautet die Antwort.
    Lori war nicht sicher, ob sie schon bereit war aufzustehen, aber sie beschloß, ihren Körper dem Test zu unterzie -
    hen. Es war leichter als sie erwartet hatte. Sie stand mühelos auf, ihre Glieder waren kräftig, der Kopf klar.
    »Würden Sie mich zu Boone bringen?« bat sie.
    »Wenn Sie das wollen.«

    137

    »Er war die ganze Zeit hier, nicht?«
    »Ja.«
    »Wer hat ihn hierher gebracht?«
    »Gebracht?«
    »Nach Midian.«
    »Niemand.«
    »Er war fast tot«, sagte Lori. »Jemand muß ihn aus der Leichenhalle geholt haben.«
    »Sie verstehen immer noch nicht, was?« sagte Rachel grimmig.
    »Midian? Nein, eigentlich nicht.«
    »Nic ht nur Midian. Boone, und warum er hier ist.«
    »Er denkt, er gehört zur Nachtbrut«, sagte Lori.
    »Gehörte, bis er sein Wort gebrochen hat.«
    »Dann gehen wir eben«, antwortete Lori. »Das ist Lylesburgs Wunsch, nicht? Und ich verspüre auch nicht den Wunsch zu bleiben.«
    »Wohin wollen Sie gehen?« fragte Rachel.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht zurück nach Calgary. Es sollte nicht so schwer zu beweisen sein, daß Decker der Schuldige ist. Dann können wir von vorne anfangen.«
    Rachel schüttelte den Kopf.
    »Das wird nicht möglich sein«, sagte sie.
    »Warum nicht? Habt ihr einen vorrangigen Anspruch auf ihn?«
    »Er kam hierher, weil er einer von uns ist.«
    »Von uns.

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