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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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gestellt, als Babette aufsprang und in einen schmalen Kanal kletterte, der von ihrem Spielzimmer wegführ-te. Er war kaum groß genug für ihren kindlichen Körper; Lori verspürte eine Woge von Klaustrophobie. Aber es gab einen Ausgleich. Oben war Tageslicht und wohlrie -
    chende Frischluft, die Lori, da sie Babettes Körper wärm-te, ebenfalls wärmte.
    Bei dem Durchgang handelte es sich offenbar um eine Art Abwassersystem. Das Kind zwängte sich durch eine Ansammlung von Schutt und hielt nur einmal inne, um den Leichnam einer Spitzmaus zu betrachten, die in dem Kanal gestorben war. Die Stimmen oben waren beängsti-gend nahe.
    »Ich würde sagen, wir fangen einfach hier an und machen jede verdammte Gruft auf, bis wir etwas gefunden haben, das wir mit nach Hause nehmen können.«
    »Scheiße, Pettine, ich will Gefangene. So viele von den Wichsern, wie wir bekommen können.«
    »Sollten wir nicht vorher hineinrufen?« fragte jetzt ein vierter Sprecher. Seine Bedenken einstreuende Stimme war bisher bei den Wortwechseln nicht zu hören gewesen.
    »Vielleicht hat der Chef neue Anweisungen für uns.«
    »Scheiß auf den Chef«, sagte Pettine.
    »Nur wenn er bitte sagt«, lautete Cas' Antwort.
    Durch das nachfolgende Gelächter drangen einige weitere Bemerkungen, größtenteils Obszönitäten. Pettine brachte das Johlen zum Schweigen.

    180

    »Okay. Verdammt, fangen wir an.«
    »Je früher, desto besser«, sagte Cas. »Bist du bereit, Tommy?«
    »Ich bin immer bereit.«
    Jetzt wurde die Lichtquelle deutlich, auf die Babette zukroch; ein Gitter an der Seite des Tunnels.
    Geh nicht in die Sonne, dachte Lori.
    Schon gut, antworteten Babettes Gedanken. Sie benütz-te dieses Guckloch eindeutig nicht zum ersten Mal. Sie nahm wie ein Gefangener ohne Hoffnung auf Begnadi-gung jede Abwechslung wahr, damit die Zeit schneller verging. Die Welt von hier zu beobachten war eine solche Ablenkung, und sie hatte ihren Beobachtungspunkt gut gewählt. Das Gitter bot Ausblick auf die Wege, lag aber so an der Mauer des Mausoleums, daß kein direktes Sonnenlicht darauf fiel. Babette ging mit dem Gesicht dichter ans Gitter, damit sie die Szene draußen besser sehen konnte.
    Lori konnte drei der vier Sprecher sehen. Alle waren in Uniform; alle sahen – trotz ihres großspurigen Geredes –
    wie Männer aus, die sich ein Dutzend schönere Aufent-haltsorte als diesen vorstellen konnten. Sie fühlten sich selbst im grellen Tageslicht und bis an die Zähne bewaffnet nicht wohl in ihrer Haut. Der Grund dafür war nicht schwer zu erraten. Wären sie gekommen, um jemanden in einem Mietshaus festzunehmen, wäre nicht die Hälfte der verstohlenen Blicke und nervösen Zuckungen zu sehen gewesen. Doch dies war das Hoheitsgebiet des Todes, in dem sie sich wie Eindringlinge fühlten.
    Unter anderen Umständen hätte sie sich über ihr Unbehagen freuen können. Aber nicht hier, nicht jetzt. Sie wußte, wozu furchtsame Männer, die sich vor ihrer eigenen Angst fürchteten, fähig waren.
    Sie werden uns finden, hörte sie Babette denken.
    Das wollen wir nicht hoffen, antworteten ihre Gedanken.

    181

    Aber das werden sie, sagte das Kind. Das sagt der Prophet.
    Wer?
    Babettes Antwort war das Bild eines Wesens, das Lori gesehen hatte, als sie auf der Suche nach Boone in die Tunnel gegangen war: die Bestie mit den madengleichen Wunden, die in einer leeren Zelle auf einer Matratze lag.
    Jetzt erblickte sie sie unter anderen Umständen, von zwei-en der Brut, denen das brennende Blut selbst an den Armen herabfloß, über die Köpfe einer Gemeinde gehoben. Die Bestie sprach, obwohl Lori die Worte nicht verstehen konnte. Prophezeiungen, vermutete sie, darunter diese Szene.
    Sie werden uns finden und versuchen, uns alle umzubringen, dachte das Kind.
    Wird es ihnen gelingen?
    Das Kind schwieg.
    Wird es ihnen gelingen, Babette?
    Das kann der Prophet nicht sehen, weil er zu denen ge-hört, die sterben werden. Vielleicht werde ich auch sterben.
    Der Gedanke hatte keine Stimme und wurde daher rein als Gefühl übermittelt, eine Woge der Traurigkeit, der Lori nicht widerstehen und die sie nicht heilen konnte.
    Jetzt bemerkte Lori, daß einer der Männer sich einem Kollegen genähert hatte und verstohlen auf eine Gruft rechts von ihnen deutete. Deren Tür war leicht angelehnt.
    Drinnen konnte man Bewegungen sehen. Lori war klar, was kommen würde, und dem Kind ebenfalls. Sie spürte, wie ein Schauder Babettes Rücken hinablief, spürte ihre Finger das Gitter umklammern, an

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