Cademar-Günstling der Magie
wollte auch diesen Zauber so aussehen lassen, als spiele er selbst die entscheidende Rolle. Doch in Wirklichkeit war es Cademar, der die gesammelte Kraft aller Magier in sich bündeln, die Feuerwalze hervorrufen und kontrollieren sollte. Auf die Magie von Ägom schien der Bewahrer dieses Mal nicht zurückgreifen zu wollen, denn der hatte sich auf Koloms Geheiß hin unter die anderen Magier gemischt, die ihr Scherflein für diesen gewaltigen Zauber beitrugen, während Cademar an seiner Seite bleiben sollte.
Cademar schritt mit dem Bewahrer auf die Brücke, bis zum Scheitelpunkt. Ein letztes Mal ließ er einen Blick zurückschweifen. Am Fuß der Brücke waren die schwarz gewandeten Frauen und Männer der Lichtfeste versammelt. Dies waren etwa hundert der stärksten Magiebegabten Asugols. Gespannt verfolgten sie jede Bewegung des Bewahrers und seines Famulus.
Hinter ihnen standen die Garden marschbereit. Jede Hundertschaft wurde von einem Offizier angeführt, und jeder einzelne Soldat hatte Haltung angenommen.
Stille hatte sich über die Westlande gelegt, selbst das Rauschen des Windes war verstummt.
Cademar warf einen Seitenblick zum Wachhaus und sah Malkom und Flana an einem der Fenster. Bevor er sich umdrehte, schaute er noch zu Senro, der abseits von den Magiern in seinem Stuhl gefesselt war, die festgezurrte Hand mit dem Manuskristall der Sonne zugewendet. Lächelte er? Cademar war sich nicht sicher, ob der Mentalmagier überhaupt bei Bewusstsein war.
Der Bewahrer hatte ebenso den Blick über seine Gefolgschaft schweifen lassen. Nun wendete er sich dem schwarzen Wall auf der anderen Seite zu, zog den Handschuh von seiner rechten Hand und streckte diese mit dem nutzlosen Manuskristall der Sonne entgegen, die vor ihm hoch über dem Wall am Himmel hing. Niemand würde sehen, dass keinerlei Schimmer in dem dunklen Kristall war.
Cademar atmete durch. Er ließ beide Arme gesenkt, drehte sein rechtes Handgelenk so, dass die Sonne den Manuskristall traf und schloss die Augen.
Augenblicklich fühlte er die Präsenz der geballten magischen Kraft hinter sich. Diese musste er sich dienstbar machen, um einen Feuersturm über sich zu entfesseln. Und er ließ die Magie in sich herein. Um Feuer materialisieren zu lassen, musste er die mentale magische Kraft, die in ihn hereinströmte, zu Materie umwandeln.
Cademar hob den Kopf und warf einen verklärten Blick in den blauen Himmel. Dort zeichneten sich rote Fäden ab, die knisternd größer wurden. Flammen züngelten aus dem Nichts, griffen um sich, suchten Nahrung zum Verzehren, sogen die Luft heran. Ein Raunen erhob sich hinter Cademar, als das Feuer sich in die Breite zog, über die gesamte Dämmerschlucht hinweg, den Nebel unter sich aufwirbelte. Über den Köpfen von Kolom und Cademar bildete sich eine Flammenwand.
Und es zerriss Cademar fast.
Der Zauber, den er mit der magischen Kraft der Magier hinter sich wirkte, war so gewaltig, dass sein Körper ihn kaum einzudämmen vermochte. Das Blut kochte in seinen Adern, der Manuskristall in seiner Hand schien glühendes Eisen geworden zu sein. Er sank auf die Knie und biss die Zähne aufeinander. Nicht nachlassen, sagte er sich.
Ein entzücktes Seufzen ertönte neben ihm. Kolom schien das Schauspiel zu genießen.
Die Flammenwand hatte nun eine Höhe von mehreren Metern erreicht und erstreckte sich von einem Horizont zum anderen. Und sie setzte sich in Bewegung.
Doch nicht etwa in Richtung des Walls.
Sie bewegte sich auf die Dunkelbrücke herab.
Nun kam ein Keuchen über Koloms Lippen. »Cademar!«, rief er aus, »Was geschieht hier?« Die Flammen kamen näher. »Lösche das Feuer! Sofort.«
Cademar hörte die Worte, und trotz der Anstrengung, die ihn zu übermannen drohte, lächelte er innerlich. Es funktionierte. Alles funktionierte.
Kolom stöhnte noch einmal, dann wendete er sich ab und rannte davon.
Panische Schreie wurden immer lauter.
Dann hüllte die Flammenwand die Dunkelbrücke mit Cademar auf ihrem Scheitelpunkt ein und bewegte sich unaufhaltsam nach Asugol in Richtung der Magier und Soldaten.
Er wusste, dass es ein Traum war.
Cademar pflügte mit seinem Vater auf dem Feld südlich von Klarbach. Es war schon spät am Tag, und die Arbeit war fast getan. Keine Worte wurden gewechselt, und die Blicke, die er und sein Vater sich zuwarfen, sprachen von leiser Zufriedenheit.
Es war nur ein Traum. Cademar wusste es ganz genau, doch er genoss das Gefühl des Ackers unter seinen Füßen, den vertrauten Geruch
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