Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt
zwingt, erst die Ofenkartoffel aufzuessen, bevor man den Eisbecher mit der heißen Karamellsauce genießen darf. Und obendrein ist man gegen Ofenkartoffeln allergisch. Und zu allem Überfluss wurde die Kartoffel nicht gewaschen, bevor sie in Folie gewickelt im Ofen landete. Und der lausige Ofen heizt nur auf Zimmertemperatur auf.
Soweit es Shiro und mich betraf, war es lediglich eine Frage der Disziplin. Ich wusste immerhin genug über mich (dank jahrelanger Therapie), um zu verstehen, warum ich so leicht ablenkbar war. Shiro hingegen, der Laserstrahl, musste sich zusammenreißen. Und was für die eine Schwester lediglich eine Frage der Disziplin war, wurde unter den Fingernägeln von Adrienne, die kein Material sichten konnte, ohne es vorher anzuzünden, zu Dynamit.
Und da ich gerade von Analyse spreche … Schluss damit! Genug des Aufschubs, während ich so tat, als schöbe ich nichts auf. Zeit, sich an die Arbeit zu machen! Äh, Unterlagen zu sichten. Ich raffte ungefähr tausend braune Umschläge zusammen und stapelte sie einigermaßen ordentlich auf einer Ecke des Schreibtischs. Jetzt hatte ich eine wahrhaft riesige Fläche von dreiundzwanzig mal fünfunddreißig Zentimetern freigeräumt. Auf die ich prompt jede Menge NNCP ****** -Unterlagen häufte.
Cathie ist einmal in mein Schlafzimmer gekommen und hat ein Fleckchen Teppich entdeckt, das nicht mit schmutzigen Klamotten, sauberen Klamotten, Zeitschriften, Büchern, Bananen, Erdbeer-Körperbutter, Teetassen, The Tudors -DVDs, dem Lockenstab, Topflappen oder CDs vollgemüllt war. Ihre unmittelbare Reaktion bestand in einem Aufschrei: »O mein Gott, da ist ja Boden !« Woraufhin sie meinen Trainingsanzug und meine Liebestöter wie eine Verrückte auf den dreisten freien Platz schaufelte und dabei wie eine Feuerwehrsirene loskreischte. Und ich musste dermaßen lachen, dass ich mich mit meinem Ginger Ale bekleckerte.
Und jetzt, ach je, als wäre der Tag nicht schon anstrengend genug gewesen, nahten zwei unserer BOFFO-Ermittler mit ihren langen Hakennasen und den tiefliegenden blassblauen Augen. Auch ihre Anzüge wiesen identische glänzende Flecken auf, und beide hatten sich die Haare seitwärts über den Schädel gekämmt, damit nur jeder ja auf ihre beginnende Kahlköpfigkeit aufmerksam wurde.
Ernsthaft, ihr Kerle! Wen wollt ihr mit diesem Manöver eigentlich hinters Licht führen? »Boah, hallo, John. Gottchen, einen Moment lang hab ich schon geglaubt, dass du kahl wirst, aber jetzt sehe ich, dass du ganz tolles, volles Haar hast. Das in fettigen Strähnen von links nach rechts wächst. Nie zuvor hat mich ein Mann so heißgemacht!«
Und nun standen diese beiden Göttergestalten vor meinem Schreibtisch und sperrten mit ihren glänzenden Anzügen das tröstlich schimmernde Licht der Neonröhren aus. Gerade als ich annahm, mein Tag könnte nicht noch schlimmer werden. Warum glaubte ich immer so vorschnell daran? Damit forderte ich bloß die Götter heraus.
Mit ihren hängenden Schultern und den zusammengewachsenen Augenbrauen sahen die beiden FBI-Veteranen einander sehr ähnlich. Das kam von ihrer uralten Partnerschaft. Sie ähnelten einander wie Tierhalter, die ihren Lieblingen auch immer ähnlicher werden. Ernsthaft. George, Tina und ich fanden das ein wenig beängstigend. Schon deshalb, weil man nicht ausmachen konnte, wer von den beiden eigentlich das Tier war.
»Also«, begann Frick. »Wen wollen Sie denn nach dem Lunch rauslassen, Jones, das verrückte Huhn oder das Karate-Miststück?« Das war so seine Vorstellung von einer herzlichen Begrüßung. Dabei schielte er aus dem Augenwinkel lüstern auf meine Brüste.
»Lunch ist schon vorbei, Dennis«, korrigierte ich ihn liebenswürdig. »Und ich bin ich.«
»Ja, schon, aber wie kommt es dann, dass diese Wildkatze Adrienne hier gewesen ist?« Frack starrte mich an und blinzelte dabei – sehr langsam, wie es seine Art war. Er war eine Eule. Eine alternde, schmerbäuchige, kahl werdende, sich um Unterhaltszahlungen drückende, passiv-aggressive Eule, die (zu allem Überfluss) auch noch ein Dairy-Queen-Junkie war. Und um den Ekelfaktor noch aufzustocken, standen die beiden füreinander ein, indem der eine die Fragen stellte, auf die der andere die Antworten wissen wollte. Wie ein Bauchredner mit seiner Puppe. Sie waren austauschbar!
»Da müssen Sie sie selbst fragen.« Das zu sagen war überhaupt kein Wagnis, denn weder Frick noch Frack trauten sich in Adriennes Nähe, wenn es nicht unbedingt nötig
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