Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt
nicht in seinem Zimmer. Aber es ist ja schon Mittag, wahrscheinlich treibt er sich geschäftlich in der Stadt herum … Ich schau sicherheitshalber mal in der Küche nach.«
Ein paar Augenblicke später wussten wir die Antwort. »Er hat auf der Arbeitsplatte einen Zettel hinterlassen.« Sie kicherte. »Darauf steht: Frag nicht .«
Ich konnte ein Prusten nicht unterdrücken. »Du hättest es nicht geglaubt, wenn du dabei gewesen wärst.«
»Sag bloß!« Schon wirkte Cathie sehr viel wacher. »Jetzt komm schon mit den Details rüber. Ist Shiro rausgekommen und hat sein Schinkenbrot zu Julienne verarbeitet?«
»Das wäre mir sogar lieber gewesen. Nein, es war Adrienne. Sie hat ihn mit Ahornsirup beworfen, aber er mag sie. Er mag auch Shiro. Er hat uns zum Dinner eingeladen, und wir sind miteinander ausgegangen!«
»Welche?«
»Alle drei!«, heulte ich, weil mir der Abend in all seinen schrecklichen Einzelheiten wieder vor Augen stand. Ich hatte unser Date dadurch beendet, dass ich ihn bewusstlos schlug. Wer tut denn so was?
»Ist ja gut, beruhige dich, bevor dir eine Ader platzt.«
»Du kümmerst dich doch sonst nicht um meine Adern!«
»Also, wie ist es gelaufen?«
Ich berichtete.
Cathie legte lachend auf.
Ich wollte mich gerade wieder der Arbeit widmen, als
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Ich wandte meine Aufmerksamkeit erneut dem Bildschirm und dem Aktenberg zu. Cadence hatte der Ermittlung zu einem guten Start verholfen, aber sie war emotional zu stark angeschlagen. Sie brauchte Hilfe, sie war wütend auf sich selbst, und es war höchste Zeit, ihr mit ein wenig mehr als einem Flying Sidekick zur Seite zu stehen.
Pam glitt vorbei. Sie trug einen Flanellpyjama mit Pinguinen und mehrere Aktenordner. Ich schnippte mit den Fingern, damit sie zu mir hersah.
»Was bin ich, etwa dein Hund? Oder ein dressierter Seelöwe?«
Ihre Gereiztheit tangierte mich nicht. Ich hatte eine Arbeit zu erledigen und Pam ebenso. Außerdem spürte ich allmählich einen Bärenhunger. Manche Dinge können eben nicht warten. »Sei ruhig. Ich brauche eine Kopie hiervon, davon und auch noch von diesem hier. Und führe bitte innerhalb der nächsten zwei Stunden einen Datendump durch.«
»Seh ich so aus, als hätt ich mich geklont?« Sie nickte mit dem Kinn zu dem Papierstapel hin, den sie herumschleppte. »Siehst du eigentlich nicht, dass ich ein winziges bisschen zu tun habe? Könntest du also vielleicht einen der anderen sechs Assistenten quälen, statt mir noch mehr Arbeit aufzuhalsen?«
Ich warf einen Blick auf die Uhr. »George und ich gehen in weniger als einer Minute zum Lunch. Ich verlange, dass diese Aufgaben bei unserer Rückkehr erledigt sind. In dreißig Minuten – ab jetzt.«
Pam kniff ihre großen, dunklen Augen zusammen. »Oh«, sagte sie zögernd. Dann wich sie einen Schritt zurück – was sie vermutlich nicht einmal bemerkte. » Du bist es. Ich dachte … ja, gut. Klar, wenn du zurückkommst, ist alles fertig.«
»Ausgezeichnet.« Pam eilte davon und das Neonlicht beschien ihren kahlgeschorenen Stoppelkopf. Sie hatte einen der wunderbarsten Teints, die ich je gesehen habe: dunkle Haut mit Mahagoni-Unterton und dazu die Wangenknochen einer ägyptischen Prinzessin.
Ich stand auf, umrundete den Drucker und erwischte George an den Fahrstühlen. »Lunch«, befahl ich, und er gehorchte ohne Widerspruch.
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George starrte ungläubig auf die harmlos erscheinende, umweltschädigende Schaumstoffbox und die billigen Essstäbchen und schwarzen Plastikbestecke, die ich in der anderen Hand hielt.
»Das ist alles, Shiro?« Seine Stimme klang gedämpft. Er musterte das Imbissmahl, das in meinen Augen der Erhabenheit der Bundeslade gleichkam. Nachdem ich ihm meine kulinarische Mission erläutert hatte, hatte er sämtliche Erwartungen auf Culver’s Stracciatella-Eis begraben und mich begleitet. »Dafür der ganze Aufstand?«
»Genau«, bestätigte ich. Ich konnte mich gerade noch zurückhalten, die Schachtel zärtlich zu streicheln. Seit Jahren war ich auf der Suche nach anständiger Ente. Und dann hatte vor ein paar Wochen der Lotus Garden EZ Take ’N’ Go einen neuen Koch eingestellt, der für seine gebratene Ente mit Äpfeln lokale Berühmtheit erlangt hatte und in der Pioneer Press mit den Worten »Ambrosia in einer durchweichten Schachtel« gelobt worden war.
Ich habe einige Schwächen, und Gier auf neue Geschmackserlebnisse ist eine davon. Deshalb beschloss ich, dass ich unbedingt noch vor dem ersten Schnee Ambrosia in einer durchweichten
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