Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
Drogen steht?«, bot ich an. »Emotional gestört seid?«
»Nein. Ich stehe schwer unter Drogen und bin emotional gestört. Stehe gerade meine dritte Scheidung durch. Euch hat man das Irresein ja bescheinigt .«
»Das stimmt«, bestätigte ich. »Das hat man.« Unsere Krankenblätter dienten als Beweis.
Aber Greer wollte sich gar nicht unterhalten, sondern nur rummeckern. Er stöhnte und brummte und raufte sich die Haare – daher vermutlich die Mönchstonsur. Er schüttelte ungläubig den Kopf und verdrehte die Augen. Ich erwartete jeden Augenblick, dass er in Flammen aufging oder einen Schlaganfall erlitt.
Und er trug einen grauenhaften Anzug, der an den Ellenbogen glänzte. Die Manschetten waren ausgefranst. Sein Schmerbauch wurde von einem Kaffeefleck zwischen seinem dritten und vierten Knopf betont. Ich mag wohl verrückt sein, aber anständig trinken, ohne mich dabei zu bekleckern, das konnte ich schon mit vier Jahren.
»Es ist schier unglaublich! Verrückte, die Waffen tragen dürfen?« Er kratzte sich mit dem Fingernagel am Hemd. »Das ist doch irgendwie nur ’n schlechter Witz.«
»Oder eine geniale Idee«, widersprach ich. »Weil man einen Dieb braucht, um einen Dieb zu fangen, und so weiter.«
»Nein, es ist ein Witz. Hat der Kongress das abgesegnet? Woher kommt denn euer Budget? Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass sich jemand den Antrag für BOFFO angeschaut und gesagt hat: Yup, klingt doch gut, der Plan, hier ist ein Scheck, und keine Sorge, der Nachschub läuft, seid einfach nur vorsichtig da draußen ? Ich fass es einfach nicht!«
Ich blinzelte verblüfft. Er glaubte das nicht? Wie sonderbar! Warum war es ihm ein Rätsel? »Ist halt die Regierung.«
Er überlegte kurz. »Okay. Na gut. Macht wohl doch irgendwie Sinn.« Als Agent im Sold der Regierung, der von denselben Buchhaltertypen, Gesundheitsexperten und Verwaltungsfachleuten schikaniert wurde, musste er die Wahrheit zugestehen, auch wenn sie ihm nicht schmeckte. »Aber trotzdem. Ihr habt da in eurer Truppe einen Kleptomanen, der an Tatorten klaut...«
»Er steckt ab und zu was ein, das er unbedingt braucht.«
»... Agenten, die glauben, von ihren Spiegelbildern verfolgt zu werden ... «
»Woher wollen Sie wissen, dass es nicht stimmt?«
»... eine Agoraphobikerin, die in ihrem Büro wohnt ...«
»Ja, aber bedenken Sie, wie viel sie dadurch an Fahrtkosten spart. Und an Miete.«
»... Klaustrophobiker, die im Zelt auf dem Dach eures Gebäudes hausen ... «
»Das ist unsere Form der allumfassenden Security.«
»... eine phallisch besessene Abteilungsleiterin ... «
Dazu wollte mir nun nichts einfallen.
»... und Agenten, die … also … « Er machte eine unbestimmte Geste in meine Richtung.
»Die unter einer Multiplen Persönlichkeitsstörung leiden, inzwischen besser bekannt als Dissoziative Identitätsstörung«, setzte ich bereitwillig fort. »Das Sybil-Syndrom. Aber bitte nennen Sie es nie so.«
»Ja, genau das. Und von Pinkman will ich gar nicht erst anfangen.«
»Niemand will, dass Sie von irgendwem anfangen.« Besonders nicht von Pinkman. Ich stutzte. »Da Sie ja so genau über uns Bescheid wissen, dürfte es wohl kaum schaden, wenn ich es Ihnen erklärte.«
»Oh, super!«
»Was Zivilisten und normale Feds nicht verstehen, ist, dass ich gerade wegen meiner psychologischen Eigenheiten effektiv arbeite. Obwohl Eigenheiten vielleicht kein glücklich gewählter Ausdruck ist.
Ein Soziopath denkt sich nichts dabei, ein paar Regeln zu brechen, um den Täter zu fangen. Ein Kleptomane weiß, wie man dem bösen Buben Dinge unter der Nase wegschnappt. Und eine histrionische Störung kann bei einem Undercover-Einsatz als Oscar-reife Leistung eingesetzt werden. Das meine ich mit effektiv .«
»Mmmm, klar. Effektivität . Hm-hm.«
»Also, sind wir für die Regierung nützlich?«
»Das war wohl eine rhetorische Frage.«
Ich gab mir selbst die Antwort. »Natürlich sind wir nützlich. Sind wir Nervensägen? Ja. Sind wir die ganzen Scherereien wert, damit unsere Arbeit getan wird? Tja. Wir verfügen über ein achtstelliges Budget, das vom Kongress jedes Jahr erneut genehmigt wird. Wonach hört sich das für Sie an?«
»Dass ich den anderen Kerl hätte wählen sollen.«
Ich kicherte. »Müssen Sie sich sonst noch was von der Seele quatschen?«
Er bedachte mich mit einem seltsamen Blick. »Wer sind Sie, meine Therapeutin vielleicht?«
»Nein. Bloß eine, die diesen Kerl schnappen will. So wie Sie.«
»Ihn schnappen.«
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