Cäsar Birotteau (German Edition)
hervorriefen.
»Verzeihe, Liebste!« sagte der elsässische Baron, dessen Vater ein geadelter Jude gewesen war, der sich aus Streberei hatte taufen lassen, zu seiner Frau, indem er sich erhob und sich vor dem Eintretenden leicht verbeugte. »Der Herr, Herr Birotteau, ist ein guter Royalist und der intimste Freund des du Tillet. Übrigens is der Herr Stadtverordneter und gibt Bälle von orientalischer Pracht. Ohne Zweifel wirst du dich freun, seine Bekanntschaft zu machen!«
»Ich würde mich sehr geschmeichelt fühlen«, setzte die Baronin liebenswürdig hinzu, »wenn ich Ihre Frau Gemahlin kennenlernte. Ferdinand hat mir nämlich ...«
Allerliebst! dachte Birotteau bei sich, sie nennt ihn schlechtweg Ferdinand!
»... voll höchster Bewunderung von Ihrem Balle erzählt. Er bewundert eigentlich nie etwas! Ferdinand ist ein strenger Kritiker. Der Ball muß also tadellos gewesen sein. Werden Sie bald wieder einen Ball geben, Herr Birotteau?«
»Gnädige Frau«, erwiderte Cäsar, der nicht wußte, ob er einem gewöhnlichen Kompliment oder einem argen Hohn gegenüberstand, »arme Leute wie wir gönnen sich so ein Vergnügen nur sehr selten!«
»Nicht wahr, Herr Grindot hat die Dekoration Ihrer Wohnung arrangiert?« fragte der Baron.
»Grindot ? Ach ja! Der nette kleine Architekt, der kürzlich aus Rom zurückgekehrt ist!« bemerkte Delphine. »Ich bin ganz vernarrt in Ihn. Er hat mir eine wundervolle Zeichnung in mein Album gemalt.«
Birotteau kam sich wie in einer Folterkammer vor. Aus jedem Worte meinte er Spott herauszuhören.
»Wir geben auch mal 'n kleinen Ball«, sagte Nucingen mit einem Inquisitorenblick auf Birotteau.
»Ist es Ihnen angenehm, Herr Birotteau«, fragte die Baronin, indem sie auf den reichbesetzten Tisch hinwies, »mit uns ohne Umstände zu frühstücken?«
»Gnädige Frau, ich bin in Geschäften gekommen!«
»Ja!« fügte Nucingen hinzu. »Erlaubst du, Delphine, daß wir von Geschäften reden?«
Die Baronin nickte bejahend.
»Willst du Parfümerien kaufen?«
Der Baron zuckte mit den Achseln und wandte sich dem halbverzweifelten Cäsar zu.
»Herr Birotteau, du Tillet nimmt lebhaftes Interesse an Ihrem Geschick!«
Gott, sei Dank! dachte Cäsar, jetzt kommen wir endlich zur Sache.
»Mit einem Brief von ihm an mein Haus haben Sie bei mir Kredit, dem nur mein Vermögen Grenzen setzt.«
Der durchtriebene Bankier hielt an seinen Floskeln beharrlich fest, die so übertriebene Hoffnungen erwecken mußten. Das war ihm ein Mittel, gewisse Naivitäten an den Mann zu bringen.
»Sie werden einen laufenden Kredit bekommen. Na sehen Sie, wir verstehen uns!« meinte er elsässisch gutmütig.
Birotteau zweifelte an nichts mehr. Als Kaufmann wußte er, daß man sich nicht in Details einläßt, wenn man sich überhaupt in eine Sache nicht einzulassen geneigt ist.
»Sie werden also ein Wechselchen ausstellen auf Order von unserm Freund du Tillet, und ich wer' das Wechselchen noch am selben Tag mit meiner Unterschrift an die Bank von Frankreich schicken und um vier gibt's das Geld für Sie, nach dem Zinsfuß der Bank. Ich nehm weder Provision noch andre Gebühr, kein‘ roten Heller, mir genügt das Glück, Ihnen 'ne Gefälligkeit getan zu haben. Aber nur unter einer Bedingung ...«
»Herr Baron!« beeilte sich Birotteau zu sagen, »sie ist Ihnen im voraus zugestanden!« Er dachte, es handle sich um eine Dividende am späteren Gewinn.
»Eine Bedingung, sag ich, auf die ich größten Wert lege: daß Madame von Nucingen die Bekanntschaft macht von Madame Birotteau, wie sie es gewünscht.«
»Ach, Herr Baron, spotten Sie doch meiner nicht! Ich bitte Sie!«
»Mein Herr Birotteau«, fuhr der Finanzmann ernsthaft fort, »abgemacht! Sie werden uns einladen zu ihrem nächsten Ball. Meine Frau is so eifersüchtig. Sie will Ihre Einrichtung sehn, von der man an allen Ecken und Enden wunder was erzählt...«
»Herr Baron!«
»Wenn's Ihnen nich paßt, gibt's keinen Kredit. Sie sind ein berühmter Mann, Herr Birotteau. Ich weiß, daß bei Ihnen zehn Oberbürgermeister zugegen war'n!«
»Herr Baron!«
»Herr de la Billardière und den Kammerherrn Seiner Majestät, Herrn von Fontaine, der wie Sie auf den Stufen von Saint-Roch blessiert ward ...«
»Am 13. Vendémiaire, Herr Baron!« sagte Birotteau stolz.
Einer von Nucingens Leuten trat ins Zimmer.
»Na gut, abgemacht!« sagte der Bankier, der sich daran erinnerte, daß er erwartet wurde. »Gehen Sie zu du Tillet, und das Geschäft is in Ordnung!«
Als
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