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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Norden. Da liegen zwei Legionen, die wir woanders brauchen. Du kommst hinterher, langsamer, aber nicht schleichen, hörst du? Ich hinterlasse unterwegs Anweisungen.«
    »Die ganze Truppe?«
    Caesar runzelte die Stirn. »Was hast du hier in Vienna, Mico?«
    »Sechs Kohorten und zehn turmae.«
    »Gut?«
    »Geht so.«
    »Gib Aurelius vier und deine Reiter, nimm von seinen Leuten sechs Kohorten und ein paar Reiter, mach eine Legion daraus. Mit den anderen brichst du morgen auf, Aurelius. Noch Fragen? Nein? Gut; wo kann ich schlafen?«
     
    Aurelius war die nächsten Stunden mit Vorbereitungen befaßt. Er bemerkte zwar, daß der zweite Troß die Festung erreichte, brauchte sich aber nicht darum zu kümmern; das erledigten Micos Leute. Catullus winkte ab, als Aurelius nach ihm und dem eigenen Gepäck schauen wollte.
    »Du bist jetzt ein Feldherr, Gastwirt; darum kümmern sich deine Leute. Ich werde sie notfalls treten.«
    »Willst du etwa mitkommen?«
    »Willst du mich etwa hierlassen? Ohne Schreiber kommst du nicht weit. Ich glaube, im tiefsten Gallien kann ich mich bestens zu Tode husten.« Er setzte ein schräges Grinsen auf.
    »Und wenn du alles andere erledigt hast, wirf noch mal einen Blick auf die Neuankömmlinge. Zu deiner Erheiterung.«
    Es war irgendwann zwischen Sonnenuntergang und Mitternacht, als er das Gefühl hatte, alles sei einigermaßen sinnvoll vorbereitet. Im Geiste ging er noch einmal seine Anordnungen hinsichtlich der Getreidevorräte durch, während er zur südlichen Ecke der Festung schlenderte.
    Dort standen die Karren der Händler, und aus einigen Zelten, aber auch von mit Zeltbahnen bedeckten Wagen hörte er Männer ächzen und Frauen kreischen. Natürlich wäre es grausam und obendrein nutzlos gewesen, die Soldaten von den Dirnen fernzuhalten; er hatte lediglich befohlen, daß die Männer, die mit Caesar früh losreiten sollten, dieses Geschäft als erste erledigten, um noch ein wenig zu schlafen. Die Centurionen würden schon dafür sorgen.
    Und er? Eine freundliche Schankmagd, fast so lange her wie der Abschied von Sasila, in der einen oder anderen Nacht sinnlos wolkige Träumereien, in denen Kalypsos Gesicht sich entfernte, ohne je nah gewesen zu sein, oder ihre Stimme ihn wie ein Geschlecht umgab, einen Erguß bewirkte und doch wesenlos blieb.
    Aber er war müde; verschwitzt, kraftlos und müde. Der Gedanke an eine Dirne wich, kaum gedacht, wieder den Überlegungen, die um Getreide und Pferde und Anordnungen kreisten. Er wollte schlafen, er wollte als Gastwirt und Koch erwachen, dem Dichter beim Husten zuhören und beim Trinken helfen. In einer anderen Welt erwachen, in der Caesars Befehle, denen er zu folgen hatte, nicht ausgesprochen waren oder durch ein Lächeln, ein Fingerschnippen aufgehoben, als pulvrige Masse in Wein löslich waren.
    Auf der Fläche zwischen Zelten, Holzhäusern und dem südlichen Lagerwall, die eigentlich immer frei und zugänglich zu sein hatte, standen einige besonders große Fuhrwerke: üppig ausgestattete Reisewagen, wie die Reichen und Mächtigen sie verwendeten. Von vier bis sechs Pferden gezogen, gefedert, darinnen Decken und Kissen, Amphoren und andere Gefäße. Er hörte die Stimme einer Frau, vermutlich einer Dienerin:
    »Herrin, in den Holzhäusern ist wirklich mehr Platz.«
    »Ich bleibe in meinem Wagen. Es ist gut, du kannst gehen. Ich brauche dich heute nicht mehr.«
    Aurelius blieb stehen. Die Müdigkeit verflog ebenso wie die Gedanken an Getreide und Caesars Befehle. Diese warme, dunkle, rauhe Stimme. Kalypso. Vielleicht beschäftigte sich am anderen Ende der Festung jemand mit einer Trommel; aber Aurelius wußte, daß er das Pochen des eigenen Herzens hörte.
    Wenige Stunden. Schlafen. Aufbruch. Schmutz und Schweiß. Kostbares Geschmeide und eine Hand, die aus einer Latrine danach greift. Er schüttelte sich und wandte sich ab. Langsam ging er zurück zu dem Gebäude, in dem er mit Catullus und den Knechten seines Stabs untergebracht war. Dabei bemühte er sich, an nichts zu denken, an Getreide, an Gallier, an Caesar. Aber etwas dachte an Kalypso, an andere Frauen, an hastige Begattungen in Schmutz und Schatten, an ein schwelgerisches Bad, duftende Salben, Wein und langwieriges, verwickeltes, wiederholtes Lieben. An eine Frau, die Hetäre sein mochte, aber gebildet und gepflegt war, die sich ihre Liebhaber aussuchen konnte. An die Trauer hinter den Sternen in ihren Augen. Und wie kam sie ausgerechnet jetzt nach Gallien?
    Die Knechte schliefen in

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