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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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bis
Burguete mitnehmen?”, frage ich weiter auf Englisch.
    Der
ältere Señor hinter dem Lenkrad spricht kein Englisch.
    „Hija,
mala”, sage ich, nach Worten suchend, was so viel wie — meine Tochter fühlt
sich schlecht — heißen soll.
    Er
schweigt und guckt mich ganz erstaunt an. Wer weiß, was ich da gerade geredet habe!
Dann wandert sein Blick ganz langsam von mir zu Christine, die immer noch
stöhnend auf ihrer Matte liegt.
    Denkt
der etwa, meine Tochter ist betrunken? „No, no! Kein Alkohol!”, füge ich hastig
hinzu, bevor der Mann sich entschließt, ohne uns weiter zu fahren.
    Ich
zeige auf meinen Bauch: „Hija mala, (oder male?) — Medico! Doktor!”
    Er
gibt mir zu verstehen, einzusteigen. Ich bin total euphorisch und schreie fast
zu Chris rüber: „Cris, steh auf! Beeil dich! Er nimmt uns mit.”
    Ich
renne zu Christine und helfe ihr hoch. Sie erhebt sich von ihrer Isomatte wie
in Zeitlupe. Der Señor ist aus dem Wagen ausgestiegen und hievt unsere
Rucksäcke in den Kofferraum. Wir setzen uns beide nach hinten. Die Autotüren
sind zu, der Señor fährt an. Christine stöhnt.
    „Ich
muss brechen”, bringt sie gerade noch raus und schon geht es los. Über meine
weiße Hose! Die Fußmatte wird auch in Mitleidenschaft gezogen. Mir ist das
unangenehm. Sitzen wir doch in einem neuen Wagen. Der Fahrer nimmt es
stillschweigend hin und fährt, ohne sich einmal nach uns umzuschauen weiter.
Nach vier Kilometern sehe ich das Ortseingangsschild von Burguete. Der Señor
biegt nach links in den Ort ein und hält auf der rechten Seite an. Er dreht
sich zu uns um und sagt irgendetwas auf Spanisch, was ich aber nicht verstehen
kann. Ich greife zum Türgriff, denke ich doch, die Fahrt sei nun für uns
vorbei.
    „No,
no!”, sagt er, legt den ersten Gang wieder ein und fährt weiter in den Ort
hinein. Bei der Arztpraxis angekommen, steigt er aus dem Wagen, geht zur Tür und
klingelt. Nichts tut sich. Dann versucht er es mit einem stürmischen Klingeln.
Das Fenster im oberen Stockwerk öffnet sich und eine junge Frau steckt ihren
Kopf heraus. Ein Gespräch auf Spanisch erfolgt, das Fenster schließt sich
wieder. Kurze Zeit später öffnet sie die Tür. Endlich! Wir sind beim Arzt!
    Ich
bedanke mich immer wieder bei dem älteren Señor. Er trägt eine Kappe auf dem
Kopf. Die Hose wird von Hosenträgern gehalten, ein gut genährter Bauch ist zu
sehen. Sein Hemd ist frisch gebügelt, die Schuhe sind geputzt.
    Aha,
Sonntagstaat! So, wie er aussieht, erinnert er mich an meinen geschiedenen
Ehemann. Vielleicht ist der Mann ja auch ein Bauer, denke ich mir. Christine
liegt nun in der Arztpraxis auf der Liege. Da sie zuhause etwas Spanisch
gelernt hat, kann sie die Fragen der Ärztin einigermaßen verstehen. Die
Diagnose lautet eindeutig: Magen-Darmverstimmung! Gott sei Dank! Wir müssen
nicht nach Pamplona ins Krankenhaus! Der nette Herr bleibt und übernimmt die
weitere Kommunikation. Er hilft uns bei den Formalitäten und besorgt uns
telefonisch ein Hotelzimmer. Die Übernachtung kostet für das Doppelzimmer
fünfzig Euro. Chris kriegt große Augen.
    „Macht
nichts, Chris. Wichtig ist nur, dass du wieder auf die Beine kommst!”
    Unser
spanischer Herr fährt uns noch zum Hotel und trägt unsere Rucksäcke bis an die
Rezeption.
    „Gracias!”,
sage ich immer wieder. Erleichtert, dass doch alles noch so gut ging. Dann
drücke ich ihn. Christine, die mit der Drückerei etwas verhaltener umgeht als
ihre Mutter, drückt ihn auch. Ich freue mich über diese Geste und mir fällt der
Spruch ein: Wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein
Lichtlein her.
    Angel,
so heißt der ältere Herr, ist im wahrsten Sinne des Wortes unser Engel und
unser Lichtlein. Aus tiefem Herzen danke ich Gott, dass es doch Männer mit viel
Herz gibt.
    Das
Hotelzimmer ist schön eingerichtet. Im Badezimmer hängen weiche, weiße
Handtücher. Seife, Duschgel und Shampoo liegen verpackt auf dem Waschbecken.
Alles ist sehr sauber. Es gibt eine Badewanne mit Dusche. Christine ist
fasziniert. Nach diesen drei kalten Nächten kann ich das gut verstehen. Mit
ihrem Kulturbeutel in der Hand okkupiert sie das Bad und klettert in die Wanne.
    „Was
tut das gut!”, höre ich sie durch die geschlossene Tür rufen.
    Ich
packe unsere Rucksäcke aus und hänge die feuchte Wäsche über das
Balkongeländer. Eigentlich ist das nicht so ein Balkon von der Größe, wie ich
ihn kenne. Vielmehr ist er ein Mauervorsprung und klein, wie die Balkone

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