Cafe con Leche
uns alle zum Essen in
einem gemütlichen Raum, eine Etage höher wieder. Wir sitzen alle an
Vierertischen. Uns gegenüber sitzt Guido, ein
Portugiese und Juan, ein Brasilianer. Die beiden sind Freunde und unterhalten
sich angeregt. Wir verstehen kein Wort, bis Chris die Initiative ergreift und
mit ihren Spanischkenntnissen ein Gespräch beginnt. Der Anfang ist zwar
schleppend, aber dafür wird unsere Runde immer lustiger. Ich bin heilfroh, dass
wir uns nicht anschweigen. Mit Händen und Füssen unterhalte ich mich mit den
beiden die ganz locker drauf sind. Adressen werden getauscht. Gemeinsam stoßen
wir auf den schönen Abend an. Guido und Juan sind schon zu allen Orten dieser
Welt gepilgert und zeigen uns ihre Pilgerausweise. Sogar ein Stempel vom
Vatikan ist dabei. Da sehen unsere Pilgerausweise mit gerademal acht Stempeln
doch sehr bescheiden aus. Das Essen ist köstlich und Nachschlag gibt es auch.
Heute Abend habe ich seit langer Zeit einen satten, vollen Bauch.
Chris
legt sich nach dem Essen hin, denn sie ist ziemlich erschöpft. Ich gehe noch in
die Küche. Vielleicht komme ich dort zum Schreiben. Angel, der wohl auch seine
Erlebnisse niederschreibt, sitzt an einem Tisch. Ich geselle mich zu ihm und
wir unterhalten uns auf Englisch. Angel ist witzig und hat Humor. Er will auch
bis Santiago de Compostela gehen. Von dort fliegt er zurück nach Barcelona,
bleibt für zwei Tage zuhause und macht sich dann auf den Weg zur Seidenstraße.
Mein Gott, wie schafft man nur so etwas in so kurzer Zeit? Gegen 23:00 Uhr geht
auch Angel zu Bett. Ich schreibe noch bis 1:00 Uhr und gehe erleichtert, doch
noch geschrieben zu haben, dann auch ins Bett. Der Schlafraum ist dunkel, alles
schläft. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich zu meinem Hochbett, krabbel in den
Schlafsack und stecke, für mich mittlerweile das Wichtigste, die Oropax in
meine Ohren. Nur mein Atem ist jetzt noch zu hören. Den Trubel auf der Straße
höre ich nur gedämpft. Am Wochenende ist hier wohl einiges los. Da beherrscht
die Jugend die Szene. Dann sind die Kneipen und Straßen voller Leben. So
schlafe ich heute Abend mit einem guten Gefühl ein. Wir haben heute
dreiundzwanzig Kilometer geschafft.
6. Juli 2008
Belorado
— Orbaneja
Unser
Handy klingelt. Chris schaltet es nach dem ersten Klingelton aus. Angel, der
Frühaufsteher ist schon um 6:00 Uhr nicht mehr zu sehen. Schade, die
Unterhaltung mit ihm war gestern Abend recht nett. Wir haben noch viel gelacht
und geflirtet wurde auch. Nun ist er weg! Christine und ich haben schon unsere
Rucksäcke am Abend zuvor gepackt und nach einem gemeinsamen Frühstück mit den
anderen brechen wir gegen 6:30 Uhr auf. Irgendwo wird man sich wieder sehen.
Heute
wollen wir bis Agés gehen. Es ist kalt und windig. Nieselregen kommt auf. Wir
holen unsere Regenjacken aus dem Rucksack und dann geht es los. Auf einer
Temperaturanzeige lesen wir acht Grad Celsius. Bis jetzt hat uns das Wetter ja
noch sehr verwöhnt. Der Natur kommt da der Regen sicherlich gelegen. Mir nicht!
Ich friere! Wir setzen uns zügig in Bewegung, damit uns warm wird. Es geht von
800 Meter auf 1.200 Meter hoch. Die Strecke ist gut zu bewältigen. Es geht nur
leicht bergauf. Dann erreichen wir ein großes Waldgebiet. Nebel kommt auf.
Irgendwann laufen wir über Schotter und rotlehmigen Boden, der vom Regen
aufgeweicht ist. Meine Schuhe, die schwarz sind, sehen nun schmierig rot aus.
Hoffentlich kriege ich die wieder sauber, denke ich in meiner Eitelkeit. Heute
läuft jeder von uns beiden irgendwie für sich. Wir kommen nicht so recht ins
Gespräch. Vielleicht wollen wir uns heute nicht gegenseitig etwas vorstöhnen.
Unser Weg ist noch weit! Immer wieder rutsche ich auf dem nassen Schotter aus.
Nun werde ich stinkig und hoffe, bald aus dieser Matsche raus zu kommen. Das
erinnert mich an die Feldwege in den Pyrenäen. Dort bin ich auch so knöcheltief
im Matsch versunken. Jetzt bin ich von Regen und Schweiß durchtränkt. Nur zwei
Pilger haben uns bis jetzt überholt. Ansonsten ist es heute ruhig auf dem
Camino.
Sehr
wahrscheinlich mögen viele bei diesem Wetter nicht gerne weitergehen. Regen
macht mir nicht viel aus, aber Kälte mag ich nicht. Meine Haare hängen mir nass im Gesicht und ich weiß nicht, ob mir Regen oder
Schweiß auf die Wangen tropft. Als wir den Gipfel erreichen, hört der Regen auf
und die Sonne bricht durch die Wolkendecke. Gott ist mit uns! Meine Devise:
Grünet die Hoffnung! Das ist aus einem alten
Weitere Kostenlose Bücher