Cafe con Leche
Innenhof. An einem Tisch sitzt
eine Dame, die sich unser annimmt. Nachdem die Anmeldung erfolgt ist und wir
unsere Stempel im Pilgerausweis haben, fragt Chris nach dem Preis für die
Übernachtung. Auf dem Tisch steht ein kleiner Holzkasten.
„Wir
haben keinen festen Preis”, sagt die Dame. „Sie können jedoch für Übernachtung
und Frühstück spenden.”
Ich
kann die Erleichterung in Christines Gesicht sehen. Auch ich bin froh darüber,
die Möglichkeit zu erhalten, gegen eine Spende übernachten und frühstücken zu können. So geben wir wie es unser Geldbeutel zulässt. Wir
suchen unser Nachtlager auf. Die Betten sind sehr sauber und die Schlafsäle
nicht allzu groß. Kopfkissen gibt es keine. Aus meiner Jacke forme ich eine
Rolle, die ich in meinem Handtuch einschlage.
Männer
und Frauen schlafen getrennt, was ich bezüglich der sanitären Einrichtung gar
nicht so schlecht finde. Heute brauchen wir nicht zu waschen. Unsere Sachen
sind nicht durchgeschwitzt. Christine will Siesta machen, ich entschließe mich,
nach einem Gürtel zu schauen und zockel los. Das
Tagebuch nehme ich mit. Es wird sicherlich ein schönes Café geben, wo ich in
Ruhe unter einem Sonnenschirm bei einer Tasse Café con leche schreiben kann.
Zuhause
sitze ich auch gerne in einem Café bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette.
Dann lese oder schreibe ich. Die Caféatmosphäre inspiriert mich.
Die Kathedrale von León
Doch in allen Cafés
meiner Stadt besteht nun absolutes Rauchverbot. Das ist ja leider bei uns so
vehement durchgeboxt worden. Dabei hat die räumliche Abtrennung für die Raucher
in den Cafés, Kneipen und Restaurants doch wunderbar geklappt. Da wurde man
beiden gerecht. Kein Nichtraucher war und ist je gezwungen, sich zu einem
Raucher zu setzen oder sich überhaupt dem Rauch auszusetzen. Wir Raucher
sollten auf die Straße gehen und gegen dieses neue Gesetz demonstrieren. Wir
sind jetzt die Diskriminierten! Dann plädiere ich doch als leidenschaftliche
Raucherin dafür, dass ein absolutes Alkoholwerbungverbot nebst Alkoholverbot
verhängt wird. Denn dieser Industriezweig suggeriert unserer Jugend auf ganz
legalem Weg, wie cool sie doch sei, wenn sie Alkohol konsumiert! Da geht unser
Staat nicht rigoros vor! Da wird nicht zum Schutz der Jugend gehandelt! Wenn
ein Erwachsener zwanzig Zigaretten am Tag raucht, ist er noch Herr seiner
Sinne. Konsumiert jemand aber zwanzig Bier oder Schnäpse am Tag, gefährdet er
nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Oft wird im Rausch ein Streit
angezettelt, die Leute werden aggressiv, schlagen zu, fahren
betrunken Auto und gefährden somit das Leben anderer, oder bringen im Rausch
andere Leute um. Es geschieht so viel Leid durch Trunkenheit! Sei es körperlich
oder seelisch! — Ich habe bei uns im Dorf oft schon Zwölfjährige auf Festen gesehen,
die ungeniert Bier oder auch härtere Sachen getrunken haben. Da sagten sogar
die Eltern nichts. Die Gefahr der Abhängigkeit durch regelmäßigen Alkoholkonsum
wird erst gar nicht in Erwägung gezogen. Dabei sprechen die Zahlen eine
deutliche Sprache! Das Alter der Alkoholabhängigen ist gesunken. In vielen
Familien gibt es ein Elternteil, das ständig trinkt. Die Leidtragenden sind die
Ehepartner und besonders die Kinder. Da macht unsere Regierung keinen Wirbel!
Da können die Brauereien ihre Alkoholwerbung lustig weiter starten und den
jungen Leuten weiterhin vermitteln, wie cool und in sie doch seien, wenn sie
die und die Marke trinken! Alles easy oder was? Aber nein, unsere Regierung
will wohl in aller Welt als super Nichtraucherland dastehen. Dabei sind die
Folgen durch Alkoholmissbrauch wesentlich gravierender und kosten dem Staat
auch noch eine Menge Geld. Man halte sich nur mal vor Augen, wie viele
Gewaltdelikte unter Alkoholeinfluss geschehen und wie viel Geld dafür für
Polizeiaufwand, Gefängnisse, Richter, Strafverteidiger, Therapeuten und
Entzugseinrichtungen ausgegeben werden muss. Und das alles wegen Straf- oder
Gewaltdelikte, die im besoffenen Kopf begangen werden! Ich kenne bis jetzt
keinen, der durch das Rauchen von Zigaretten gewalttätig geworden ist! — Das
zum Thema, Rauchverbot, bei uns in Deutschland! —
Hier
in Spanien ist Rauchen noch nicht so das Thema. Es gibt zwar auch Lokale, die
eine rauchfreie Zone aufweisen. Aber ein generelles Rauchverbot gibt es hier
nicht. So freue ich mich, gleich auf eine gute Tasse Café con leche nebst einer
Zigarette. Ich komme in die Fußgängerzone.
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