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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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Maxim, Maxim!“, donnerte es unvermittelt vom Eingang des Theaters herüber und er zuckte heftig zusammen. Hummelig drückte die zweiflügelige Türe zum Zuschauerraum mit seinem gewaltigen Bauch auseinander, der gerade noch durch die Öffnung passte. „Wie schön, dich zu sehen! Komm her, Junge, lass dich anschauen!“
    Lächelnd ging Maxim zu ihm und ergab sich in eine überschwängliche, ihn beinahe erdrückende Umarmung.
     
    * * *
     
    Eine knappe Viertelstunde später saßen beide gemütlich in einer der plüschigen Zuschauernischen und plauderten so vertraut, als wäre Maxims jahrzehntelange Abwesenheit nie gewesen. Der füllige Kunstpatron war alt geworden.
    Der Hummel , so hatte Maxim bedauernd erfahren, ging es wenig rosig, sie schrieb schon lange nicht mehr schwarze Zahlen. Doch soviel von Hummeligs Herzblut steckte in dem alten Kasten, dass er es einfach nicht fertigbrachte, den Laden zu schließen.
    „Was sollte dann wohl aus meinen Künstlern werden? Gibt ja immer weniger Bühnen, das große Theatersterben, ach, du kennst das“, brummte er traurig. „Ist halt nur noch was für Liebhaber, das Varieté. Ist eine harte, kalte Welt geworden, Maxim, so ist das.“
    Der alte Brummbär hatte Maxims Eindruck bestätigt, dass es um das Viertel nicht gut stand. Es sollte Pläne geben, komplette Straßenzüge abzureißen, um Platz zu schaffen für teure Bankenpaläste. „Leicht war es noch nie“, wandte er ein und lächelte bei dem Gedanken an Delas magische Anschreibetafel.
    Sein Gegenüber nickte zustimmend, gleichsam mit Kopf und Doppelkinn. „Aber ich sage dir, wenn wir erst fort sind, werden sie uns doch vermissen. Dann wird das Gejammer groß sein. ‚Unsere Kultur geht vor die Hunde! Wie konnten die das nur zulassen?‘ Sind ja immer die anderen schuld, nicht? Immer die anderen. Keiner will heutzutage mehr Verantwortung übernehmen.“
    „Da hast du wohl recht.“ Maxim nahm den letzten Bissen seines etwas zähen, aber sehr willkommenen Frühstückcroissants, das Hummelig hatte springen lassen. Eine kleine, gedankenverlorene Pause entstand.
    „Wie steht’s, Gustav“, brach er schließlich mit der Frage, die ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte, die Stille. „Stehst du noch mit vielen von der alten Bande in Kontakt?“
    „Ach, hör auf, Junge!“ Hummelig winkte ab und seufzte kellertief. „Du weißt ja selber, wer erst mal hier rauskommt, der kommt nicht wieder. Paar haben’s ja geschafft, nicht wahr? Haben was aus sich gemacht, was? Können ordentlich stolz drauf sein. Du allen voran, der große Herr Kritiker! Wer hätte das früher gedacht?“ Er lachte donnernd und klopfte Maxim so heftig auf den Rücken, dass der sich verschluckte und fast an einem Croissantbrocken zu ersticken drohte. Während er hustend um Luft rang, wedelt ihm Hummelig mit seiner Stoffserviette zu. „Nona!“, fuhr er unvermittelt fort und ließ das schwere Tuch auf den Tisch zurückfallen. „Die war mal hier vor, warte, zwei, nein, drei Jahre sind’s jetzt, hat reingeschaut. Hat mich mächtig gefreut, konnte sie immer gut leiden. Nettes Mädel, prächtiger Kerl, ist sie immer gewesen.“
    Maxim nickte, hochrot und noch immer etwas in Atemnot, aber außer konkreter Lebensgefahr. „Und sonst?“, keuchte er heiser.
    „Lass mich nachdenken ... Ach! Vor ein paar Monaten war’s erst, da kommt Joseph zu mir – von der Bühnentechnik, kennst ihn sicher noch – sagt, er hat unsere Donna getroffen! Hat jetzt eine Autowerkstatt in Mannheim, kannst du dir das vorstellen? Geschieden ist sie, zwei Kinder, steht aber gut da. Da sieht man mal wieder, dass es auch ganz anders kommen kann.“
    Maxim starrte ihn angemessen verblüfft an. Donna als ehrbare Geschäftsinhaberin und Mutter? Das war ein äußerst gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Während er das noch zu verarbeiten suchte, schien sich sein Gegenüber in Gedanken zu verlieren und ein melancholischer Ausdruck verdunkelte sein Gesicht. „Wenn’s nur für alle so gut ausgegangen wäre.“
    Sie tauschten einen Blick und Maxim wusste, dass sie beide dasselbe dachten. Stirnrunzelnd blickte er hinab auf den mit verbliebenen Croissantblättchen gespickten Frühstücksteller vor sich. Er wusste, was nun kommen würde. Er sah Hummelig nicht an, als dieser weiter sprach.
    „Ich weiß, ihr habt oft gelächelt über den guten alten Hummelig, aber ich verstehe mein Geschäft. Ich erinnere mich noch genau, wie unser Monroe zum ersten Mal vor mir stand. Nicht einen

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