Café der Nacht (German Edition)
uns schon vor Jahren getrennt. Maxim, wir beide haben uns eindeutig viel zu lange nicht gesehen.“
„Da sagst du ein wahres Wort. Erzähl mir, w as hast du so getrieben die letzten Jahre? Wie geht das Gärtnereigeschäft?“
„Ich musste den Job letztes Jahr aufgeben. Ich habe es mit den Bandscheiben, ich kann nicht mehr in diesem Beruf arbeiten.“
„Verdammt, das ist übel. Das tut mir leid.“ Maxim hatte sich Rufus nie wirklich als Gärtner vorstellen können.
„Man wird alt und gebrechlich“, scherzte sein Gegenüber. „Und du, du kommst viel rum, wie ich höre. Ich habe dich neulich in dieser Talkrunde gesehen. Ich habe nur zufällig reingeschaut.“
Maxim lächelte. „Klappern gehört zum Handwerk. Trotzdem mache ich das nicht gerne.“
„Vergräbst dich immer noch am liebsten daheim, was?“
„Schuldig im Sinne der Anklage. Ich wollte nie in der Öffentlichkeit stehen. Der Himmel weiß, wie es dazu gekommen ist.“
„Du hast ein paar ausgezeichnete Bücher geschrieben. Das hast du nun davon.“
„Du hast recht, ich habe auf ganzer Linie versagt.“ Maxim lachte. Er blickte versonnen zur Oscar Wilde-Fotografie über dem Türrahmen hinauf. „Weißt du, manchmal würde ich am liebsten die ganze alte Bande noch einmal zusammentrommeln. Einfach so.“ Er lächelte flüchtig. „Aber leider würden einige fehlen. Zu viele, wenn du mich fragst.“
„Wir waren auch viele. Das musst du in Relation sehen.“
„Siehst du das wirklich so?“
Rufus erwiderte ernst Maxims Blick. „Nicht bei ihnen .“
Es war nicht notwendig, die Namen auszusprechen. Maxim wusste, wen er meinte. Für einen Moment schwiegen beide.
„Fragst du dich nicht auch, was aus den beiden geworden wäre, wenn sie nicht ...?“
Rufus sah ihn durchdringend an. „Ich denke, sie haben ihren Weg gewählt.“
Maxim schüttelte vehement den Kopf. „Nicht Monroe.“
Rufus lächelte nur leicht in sich hinein. „Es macht keinen Sinn, über so etwas zu grübeln.“
„Sicher. Für dich ist es leichter.“
Der andere sah ihn scharf an. „Glaubst du das wirklich?“
„Nein. Entschuldige.“ Tief im Herzen jedoch war Maxim sich nicht sicher, ob er die Entschuldigung ernst meinte.
„Monroe hatte im Grunde doch einen würdigen Abgang, oder nicht? Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich etwas Spektakuläres gewünscht hätte.“
Maxim musste leise lachen. „Großer Gott, Rufus!“
„Ist doch wahr. Das ganze Gebäude ist in die Luft geflogen. Gasexplosion, sagten sie doch? Wusstest du, dass vermutlich Abrissarbeiten in der Gegend die Ursache waren? Wer sucht sich schon eine Wohnung mitten in einem alten, unsicheren Industriegelände?“
„Jemand, der gerne seine Ruhe haben will?“
„Die hat er jetzt ja nun.“
Maxim konnte nur den Kopf schütteln. „Du hattest immer schon eine merkwürdige Art, mit Tragödien umzugehen.“
„Jeder macht’s auf seine Weise.“ Rufus blickte sich im ehemaligen Kaffeehaus um. „Teufel auch, es ist eine Schande, wie runtergekommen alles ist. Da kann ich kaum hinschauen.“
Maxim schmunzelte. „Juckt’s dich in den Fingern, zu renovieren?“
„Kommt darauf an, für wen und zu welchem Zweck.“
Maxim lächelte. „Das ist eine verrückte Geschichte. Ich möchte wirklich wissen, was Dela sich denkt.“
„Jetzt sind wir jedenfalls hier. Genau das wollte sie offenbar.“
„Und sie hat dir auch nichts weiter geschrieben?“
„Nichts, das Licht ins Dunkel bringen würde.“ Rätselnd schwiegen beide für eine Weile. Maxim sah zum Fenster hinaus, wo noch immer die alte Kastanie stand, knorriger zwar, aber ansonsten unverwüstlich.
„Dela kann das unmöglich ernst meinen. Was soll ich mit dem Café? Ausgerechnet ich? Wenn überhaupt, dann sollte sie es dir schenken.“
Rufus zuckte die Schultern. „Ich würde es nicht annehmen. Maxim, sie wusste immer genau, was sie tut. Sie hat schon ihre Gründe.“ Ihm schien ein Gedanke zu kommen. „Hast du eigentlich mal in den Briefkasten geschaut, seit du angekommen bist?“
Maxim durchlief es siedendheiß. „Warte, das haben wir gleich.“
* * *
Meine beiden Lieben, Maxim und Rufus,
sicher fragt ihr euch, was eure alte Dela mit euch vorhat. Als ich damals das Café verlassen habe, hatte ich bereits im Sinn, was ich heute tue. Ich wusste noch nicht, wohin euch eure Leben treiben würden, doch ich wusste immer, dass ich mein Haus nur in eure Hände legen könnte.
Rufus, du wolltest die alleinige Verantwortung nicht, als
Weitere Kostenlose Bücher