Café der Nacht (German Edition)
ich dich damals fragte. Ich kenne dich und weiß, dass sich daran nichts geändert hat. Maxim, dir ist nicht klar, dass du in der Lage bist, der Kunst, die du so liebst, etwas zurückzuschenken. Du hast die Fähigkeit und die Erfahrung, um in diesem alten Viertel Wichtiges zu bewegen. Ihr ergänzt euch beide in euren Talenten und Fähigkeiten. Die Zeit ist reif, dass das Café der Nacht seine Pforten wieder öffnet. Ihr gemeinsam sollt diese Chance erhalten. Das ist mein Wille und mein großer Wunsch. Schafft etwas Neues, nach euren eigenen Vorstellungen. Geht euren eigenen Weg mit diesem Haus.
Maxim, alle Papiere liegen bereits beim Notar bereit, dessen Adresse ich beigefügt habe. Ich kann dich nur bitten, meine Arbeit weiterzuführen. Doch die Entscheidung liegt ganz allein bei dir.
Ich wünsche euch beiden das Allerbeste.
Es drückt und küsst euch von Herzen,
Eure Dela
Maxim ließ den Brief, den er laut vorgelesen hatte, sinken und sah Rufus über den Tisch hinweg an. Sie schwiegen, während die Worte einsickerten.
„Das gefällt mir nicht“, sagte Rufus schließlich ernst. „Das gefällt mir ganz und gar nicht. Etwas stimmt nicht mit Dela. Das hört sich verdammt nach Abschied an.“
Maxim betrachtete ihn beunruhigt. „Weiß denn niemand, wo sie sich aufhält, wie man sie finden kann?“
„Hummelig“, meinte Rufus überzeugt und erhob sich. Er nahm seinen Mantel von der Stuhllehne und schlüpfte hinein. „Darauf wette ich, der weiß etwas.“
Maxim erhob sich ebenfalls sofort. „Dann nehmen wir den Guten mal in die Zange.“
Splitter und Scherben
D A M A L S
Am dritten Advent fielen dicke Schneeflocken und puderten die ganze Gegend ein. Sie verwandelten alles in ein romantisches Zauberland. Oben in der Pension backte Merlyn mit Fadil Nachschub an Weihnachtsplätzchen. Als Maxim zuletzt in der teigig duftenden Küche gewesen war, hatten die beiden nicht nur Mehlspuren in Gesicht und Haaren gehabt, sondern auch großzügig den halben Fußboden eingeweißt. Schon am Mittag hatte Donna gedroht, sie würde Merlyn mit einem Mistelzweig windelweich prügeln, wenn er noch ein einziges Mal „Kling Glöckchen, klingelingeling“ sang.
Maxim, der im Kaffeehaus am Tisch beim Eingang saß und einen Bildband durchblätterte, sah auf, als Monroe durch die Haustür trat, feuchten Schnee im Haar. Desdemona, die getigerte Katze aus dem Nachbarhaus, die bei schlechtem Wetter gelegentlich das Café besuchte, sprang von ihrem Ausschauplatz hinter dem Tresen herab und lief samtpfotig zu ihm hinüber. Maxim winkte ihm zu und Monroe trat heran, während Desdemona liebestoll seine Jeansbeine umschmeichelte. Maxim streckte die Hand aus, um sie zu streicheln, doch sie wich empört zurück. Monroe lachte leise.
„Du bist wirklich eine Pest“, sprach er das Tier freundlich an, das freudig auf den warmen Tonfall reagierte und ihn sanft anmaunzte.
Maxim musste grinsen. „Setzt du dich zu mir? Das musst du dir ansehen.“
„Kann nicht. Ariel erwartet mich.“
„Vida, meinst du?“
Monroe zuckte nur die Schultern.
„Er belegt dich echt mit Beschlag.“
„Eifersüchtig?“
Maxim hoffte, dass er nicht so rot wurde, wie es sich anfühlte. „Rasend“, erwiderte er, scheinbar leichthin. „Ich würde das hier übrigens auch gerne Vida zeigen.“
Monroe grinste. Er sah unschlüssig von Maxim zum Treppenhaus. „Komm mit“, meinte er dann.
* * *
Maxim konnte kaum fassen, dass Monroe ihn seiner Metamorphose beiwohnen lassen wollte. Den Bildband auf seinem Schoß saß er nervös auf der Kante der abgenutzten Chaiselongue in Vidas kleinem Zimmer und wartete. Der deutliche Geruch von Staub drang aus Delas wuchtigem Kostümschrank, darüber schwebte federleicht Vidas Parfüm. Monroes Haar war dunkel vor Nässe, als er geduscht und frisch rasiert mit einem Schwall warmer Feuchtigkeit aus dem Bad zurückkam. In Maxim brandete Aufregung auf. Seines Wissens nach hatte noch niemand Monroes Verwandlung in Vida gesehen. Monroe warf das Handtuch, mit dem er bekleidet war, aufs Bett. Während er seine abrupte Nacktheit betreffend keinerlei Hemmungen zu kennen schien, wusste Maxim gar nicht, wohin mit seinen Blicken, bis er sich mit dem Rücken zu ihm am Schminktisch niedergelassen hatte. Erst jetzt betrachtete Maxim verstohlen den sehr schlanken, drahtigen Körper. Die wenigen Wasserperlen, die noch auf seinem Rücken glitzerten, faszinierten ihn, ebenso wie der schöne Ton seiner Haut. Sie war
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