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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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Männer. Sie nannte alle ihre Pferde Cody, sodass sie alle aus ein und derselben Zucht zu stammen schienen, und ihre Männer nannte sie allesamt Bucko, damit sie sich nicht auf ihre individuellen Merkmale einlassen musste. Ginnys natürliches Gleichgewicht und ihre Sportlichkeit machten sie zu einer perfekten Rodeoreiterin; sie war wesentlich besser als die meisten Cowboys, die sie mit einer Mischung aus Eifersucht und Verlangen anschauten. Ginny ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Sie war furchtlos, geradlinig und immun dem Zufall gegenüber. Fast immun.
    Von 1937 an gewann Ginny Brothers jedes Jahr mindestens einen der großen Rodeowettkämpfe, und sie erfand atemberaubende Stunts. Sie reiste von Boston nach San Francisco, von London nach Oregon, von Houston nach Calgary, und wurde überall mit frenetischem Jubel empfangen. Während des Krieges, als die meisten jungen Männer zur Army eingezogen wurden, sahnte sie richtig ab und war die unangefochtene Königin in der Arena.
    Die Hälfte ihres Preisgelds und alle ihre Pokale schickte sie zu ihrer Mutter nach Butte, Montana, wo auch die zahlreichen blauen Bänder aufbewahrt wurden, die sie schon als Kind errungen hatte.
    Der Rodeogeruch wirkte auf Ginny Brothers wie ein Tonikum: Sie brauchte den Duft nach Pferden, Heu und Hafer, nach Stroh, Pferdemist, Staub und Regen. Das Wiehern der Pferde, das Donnern der Hufe, der Geruch nach Bier, Schweiß und Kaffee belebte sie.
    Ginny ritt in der dritten Generation Rodeo. Ihre Eltern, Prairie Fern und Bill Brothers, waren echte Amerikaner, wenn auch keine echten Indianer. Sie waren beide in London geboren, wo Buffalo Bills Wildwestshow jeden Abend im Earl’s Court gastiert hatte. Bill Brothers und Prairie Fern wuchsen sozusagen vor Publikum auf und agierten als das, was sie tatsächlich waren, als Sioux. Prairie Fern führte als Kind sogar einmal einen zeremoniellen indianischen Stammestanz vor König Edward VII. auf.
    Prairie Fern und Bill Brothers, der nach Buffalo Bill Cody benannt war, heirateten jung, 1914 in South Dakota. Sie schlossen sich den Tex Jones Wild West All-Stars an, wo Prairie Fern ihre Indianertänze aufführte und Bill wilde Mustangs zuritt. Sie tranken beide. Ihr Sohn kam mit zwanzig Monaten ums Leben, als er von Bills Pferd fiel - er gehörte zur Vorführung seines Vaters. Sie hatten zwei Töchter, Kathleen und Virginia, die auch beide zu den Nummern der Eltern gehörten. Ginny konnte kaum laufen, da war sie schon als Little Miss Wrangler bekannt.
    Im August 1924 traten die Tex Jones Wild West All-Stars in Butte auf. Eines Abends nahm Bill Brothers das Familienauto und fuhr Zigaretten kaufen. Er kam nie zurück. Bill und seine Wutausbrüche waren kein großer Verlust, aber das Auto? Ohne das Auto konnte der Wohnwagen nicht gezogen werden, und so blieben Prairie Fern und ihre Töchter zurück, als die Schaustellertruppe Butte verließ. Ginny war fast sieben, Kathleen war acht. Sie waren noch nie länger als zwei Monate am Stück in der Schule gewesen.
    Prairie Fern stellte das Pferd, Cody, unter und verkaufte den Wohnwagen. Sie zog mit den beiden Mädchen in eine kleine Wohnung hinter dem Raymond’s Hotel. In den nächsten zehn Jahren machten die drei die Wäsche, bezogen Betten und putzten Zimmer für Geschäftsreisende. Manchmal standen sie auch an der Rezeption. Raymond zog weg.
    Little Miss Wrangler gewann jeden Wettbewerb, an dem sie teilnahm, und Prairie Fern heftete alle blauen Bänder an die Wand. Dort hingen sie und bleichten in der Sonne aus, nachdem Ginny sich mit siebzehn erneut Tex und seinen Wild West All-Stars angeschlossen hatte. Prairie Fern versuchte erst gar nicht, sie aufzuhalten. Ginny versprach ihrer Mutter zurückzukehren, und sie versprach ihr, dass sie eines Tages ihr eigenes Haus haben würde und nie wieder Bettwäsche für Fremde wechseln müsste.
    Ginny Brothers - die spätere Ginny Doyle, die größte Stuntwoman in der Geschichte des Western - machte Tex Jones unsterblich. Sie war eine Legende, die Herzen brach und Trophäen sammelte, ohne sich dabei jemals zu verletzen. Bis zu jenem Tag im Jahr 1947 im Madison Square Garden.
    Aufrecht stand sie auf dem Sattel, mit ausgestreckten Armen, während sie im Kreis galoppierte. Gerade bereitete sie sich auf ihrer spektakulärste Nummer vor, als plötzlich der Geist ihres Großvaters in die Arena geflogen kam. White Ghost

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