Café Eden - Roman mit Rezepten
ihrem Arm. »Es wird gleich regnen.«
»Ach was, es gibt keinen Regen, Mama«, herrschte Matt sie an. »Das sind nur ein paar Wolken.«
Eine halbe Stunde später entlud sich aus den paar Wolken ein heftiges Gewitter. Das Zelt lag immer noch ausgebreitet auf dem Boden. Matt, Eden und die Kinder versuchten vergeblich, es zusammenzurollen, während lehmige, rotbraune Wasserbäche darüberrannen und es mit sich zogen.
»Wir müssen es hierlassen«, schrie Matt schlieÃlich. »Vergesst das Zelt. Steigt ins Auto. Eden, du setzt dich ans Steuer.«
Matt schleppte die tropfnassen, schmutzigen Schlafsäcke in den Pferdeanhänger, schlug die Tür zu und koppelte ihn wieder ans Auto, wobei ihm seine nassen Haare über die Augen fielen, sodass er kaum etwas sah. Als er endlich im Wagen saÃ, lieà Eden den Motor an und wollte losfahren, aber der Pferdeanhänger tanzte hin und her.
»Matt, du hast ihn falsch angekoppelt...«
Sie kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Matt war schon aus dem Auto gesprungen, löste die Anhängerkupplung und kam wieder zurück. Den Pferdeanhänger lieÃen sie einfach stehen, als sie wegfuhren.
Während sie im strömenden Regen, den die Scheibenwischer kaum bewältigten, auf Cedar City zufuhren, fing Eden plötzlich an zu lachen.
»Was gibt es denn zu lachen?«, fragte Matt.
»Wir haben Zion im Rücken«, antwortete sie. »Es müsste eigentlich anders herum sein.«
»Und was ist daran so komisch?«
»O Matt«, erwiderte Eden lachend und spähte in die Dunkelheit, die von den Scheinwerfern nur unzureichend erhellt wurde. »Ich blicke voller Freude auf Babylon.«
Matt stimmte in ihr Lachen ein, und ihr wurde warm ums Herz, als er ihr den Arm um die Schultern legte.
Sie blieben drei Tage in Cedar City, um sich zu erholen. Alle sechs in einem einzigen Motelzimmer mit kleiner Küche. An der Wand hing ein Bild von Joseph Smith, der die Bibel und das Buch der Mormonen in der Hand hielt, und Eden fürchtete fast, dass auf einmal die Tür aufgehen und die Mormonen sie verhaften würden, weil sie abtrünnig geworden war. Die Erwachsenen taten den ganzen Tag lang nichts anderes, als vor dem kleinen Schwarz-WeiÃ-Fernseher zu sitzen, während Liza und Stellina in dem schlecht gepflegten Pool planschten und Nicky auf den Betten herumsprang. Der rote Schlamm in ihrem Auto, auf ihrer Kleidung und in ihren Haaren ging wochenlang nicht mehr heraus.
Während sie weiter in Richtung Norden nach Idaho fuhren, hatte Eden das Gefühl, dass Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschmolzen. Seit den DreiÃigerjahren, als sie mit ihrer Familie hier entlanggekommen war, hatte sich nicht viel verändert, und die Bilder ihrer Kindheit standen ihr lebhaft wieder vor Augen. Matt schien das zu spüren, denn auf einmal fragte er sie, ob sie nach Fairwell fahren wolle.
»Dann könnte ich deine Schwester endlich mal kennenlernen«, fügte er hinzu.
»Ich glaube nicht, dass du meine Schwester kennenlernen möchtest.«
»Warum nicht?«
»Glaub mir, du kannst sehr gut weiterleben, ohne Ada und Melvin Brewster zu kennen.«
»Was stimmt denn nicht mit ihnen?«
»O Matt, darum geht es doch gar nicht. Wir haben Urlaub.«
»Schämst du dich für uns?«
Eden erkannte an seinem Tonfall, dass er mal wieder Streit suchte. Sie schwieg, aber er wiederholte seine Frage.
»Was soll das? Das ist doch albern.«
»Sind die Spaghettifresser March nicht gut genug für die Heiligen?« Er warf seiner Mutter, die ihn von hinten anfunkelte, im Rückspiegel einen Blick zu.
»Was soll das?«, sagte Eden. »Wie kommst du auf die Idee, dass ich so etwas denken könnte? Warum willst du dich unbedingt mit mir streiten? In Fairwell ist nichts, und wir fahren auch nicht dorthin. Sei nicht albern.«
Die Stimmung im Auto war so gereizt und überhitzt, dass Matt viel zu schnell um die engen Kurven der BergstraÃen fuhr. Stella rang die Hände und betete zum heiligen Christophorus, er solle sie vor dem Tod auf der StraÃe bewahren. Matt fuhr sie an, sie solle den Mund halten, und machte so hässliche Bemerkungen über Edens Familie, dass seine Frau beinahe in Tränen ausgebrochen wäre. Stellina kündigte an, ihr sei schlecht, und sie müsse sich gleich übergeben, was sie dann auf der Stelle tat.
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Zwölf schwierige Tage
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