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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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der alles, was er berührte, in Profit verwandelte. Aber Nana Bowers bot ihm die Stirn. Sie hieß eigentlich Naomi.
    1856 erklärte Naomi eines Nachmittags, sie sei eine freie Frau und niemandes Sklavin. Madison holte die Peitsche, um ihr ihren Ungehorsam auszutreiben. Aber seine dreizehnte Frau erinnerte ihn daran, dass der Kreisrichter seinen Besuch für übermorgen angekündigt hatte und dass er bei dem Apostel übernachten wolle. Am nächsten Tag sollte eine Gerichtsverhandlung stattfinden, und dann konnten alle Sklaven Naomis Bestrafung mit ansehen. Und wenn Madison sie jetzt auspeitschte, könnte sie nicht arbeiten und müsste am Ende noch gepflegt werden.
    Richter Emerson traf bei Sonnenuntergang ein, und als er sich mit dem Apostel zum Abendessen niederließ, dachte er traurig, dass es keinen Alkohol und keine Zigarre hinterher geben würde. Aber das Essen war hervorragend. Maisbrot, heißes, gesalzenes Kartoffelpüree, das vor Fett glänzte, gebutterte Maiskolben, knusprig gebratene Okraschoten und Kanincheneintopf. Zum Dessert gab es Aprikosencreme. Der Richter war äußerst zufrieden und fragte, ob Mrs. Whickham so gut gekocht habe. Beide Mrs. Whickhams verneinten.
    Richter Emerson lief rot an. Er hatte geglaubt, dass eine der beiden Frauen Madisons Schwester sei. Oder Schwägerin oder sonst eine weibliche Verwandte. Zornig wetterte er gegen diese Relikte von Barbarismus, Sklaverei und Polygamie. Der Apostel widersprach mit Religionsfreiheit. Die Stimmung wurde gereizt, und der Streit wurde immer heftiger.
    Da die Mormonen in der Überzahl waren und der Richter sie nicht überzeugen konnte, stand er auf und erklärte, er wolle sich für die Nacht zurückziehen. Vorher aber wolle er der Köchin noch seine Komplimente übermitteln. Zu seiner Überraschung kam die junge Naomi, die damals noch keine achtzehn Jahre alt war, aus der Küche.
    Am nächsten Morgen fand im Hauptversammlungssaal des Mormonenforts die Gerichtsverhandlung statt. Der erste Fall war die Sklavin Naomi - wegen Ungehorsams. Königlich und selbstgerecht trug Madison Whickham den Fall vor, und Naomi stand ungebeugt daneben.
    Richter Emerson hörte sich aus Gründen der Rechtschaffenheit alles an, ließ dann jedoch rasch seinen Hammer niedersausen und erklärte, in Kalifornien gäbe es keine Sklaven, und deshalb könne ein ungehorsamer Sklave auch nicht ausgepeitscht werden. Naomi und die fünf anderen seien freie Bürger, die sich ihre Freiheit nicht zu erkaufen brauchten. Der Apostel protestierte, weil er schließlich gutes Geld für die Sklaven bezahlt habe, aber Richter Emerson ließ alle sechs Schwarzen vor den Richtertisch treten und erklärte ihnen, dass Mr. Whickham, Apostel oder nicht, ihnen von jetzt an Löhne zahlen müsse. Auch ihre Religion könne er ihnen nicht aufzwingen, obwohl er sie alle mormonisch hatte taufen lassen. Laut Gesetz im Staat Kalifornien könnten sie selbst über ihre Religion, ihre Arbeitskraft, ihr Leben bestimmen. Außerdem, fuhr der Richter fort, gäbe es im Staat Kalifornien auch keine Polygamie, und Mr. Whickham stelle doch sicher die Souveränität Kaliforniens über das Wort von Brigham Young, dem Präsidenten der Kirche in Utah.
    In diesem Jahr heiratete Naomi Elijah Bowers, einen der fünf anderen früheren Sklaven. Sie heirateten, nachdem sie in der Kirche ihrer Wahl - und sie war nicht mormonisch - getauft worden waren. Elijah und Naomi Bowers hatten zehn Kinder und gründeten eine Dynastie. Nana Bowers wurde eine Legende in St. Elmo, berühmt für ihren Scharfsinn, ihre Intelligenz und nicht zuletzt ihre Kochkunst.

4
    Z wei Abgaben bezahlte die Familie von Gideon Douglass immer, ganz gleich, wie schlecht sie sonst zurechtkam. Gideon bezahlte seine Kirchenabgaben noch vor seiner Miete und wich nie von der Überzeugung ab, dass der erste Zehnte seines Einkommens dem Herrn gehörte, also der Kirche. Und jeden Sonntagmorgen legte Gideon einen Nickel auf den Kollektenteller. Eden gab er einen Penny, damit sie es ihm nachmachte. Von der Familie ging nur Eden mit ihm in die Kirche, und Gideon nahm ihre Begleitung mit unausgesprochener Dankbarkeit hin. Er konnte es nicht ertragen, allein in die Kirche zu gehen, zumal die Mormonen allen Alleinstehenden mit Misstrauen gegenüberstanden.
    Samstagsmorgens jedoch erlebte Eden mit ihrer Mutter eine andere religiöse Erfahrung. Sie fuhren mit

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