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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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gehorchen, was Gott von dir verlangt?«
    Â»Und was soll das sein?«
    Â»Niemand möchte allein bleiben. Möchtest du einsam sterben?«
    Â»Natürlich nicht. Ich möchte heiraten und Kinder bekommen.«
    Â»Dann tu es! Natürlich leben wir jetzt in einer neuen Welt, aber Gottes Wort bleibt doch dasselbe. Gott verändert sich nicht. Gott möchte, dass wir unsere Pflicht tun und uns des Himmlisches Reiches würdig erweisen. Die Pflicht einer Frau ist es, zu heiraten und die Seelen zur Welt zu bringen, die darauf warten, auf diese Erde zu gelangen. Ich verstehe nicht, warum du dir nicht einen der jungen Männer hier ausgesucht hast. Sie sind alle so nett.«
    Eden wollte diese Männer nicht, ganz gleich wie nett sie waren. Sie wollte nicht ihr Leben lang Kinder großziehen und Tomaten einlegen, Sklavin ihres Gartens, ihres Mannes und einer Kinderschar sein. Sie hatte so viel von Ruth Douglass in sich, dass sie mehr wollte als das. Sie wollte Logan Smith. Sie wollte Philadelphia, Chestnut Hills und all die Bilder, die er ihr von ihrem gemeinsamen Leben gemalt hatte: rudern auf dem Fluss im Herbst, Sommer in Maine, Leben in einer Stadt, in der sie vielleicht sogar bei einer Zeitung arbeiten könnte. Sorgfältig wählte sie ihre Worte, als sie antwortete: »Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass eine Frau ihren Mann und ihre Familie lieben kann, ohne sich im Dienst für die anderen völlig selber aufzugeben.«
    Â»Es gibt auch Möglichkeiten, Kopf zu stehen, und trotzdem tun es die wenigsten«, erwiderte Afton. »Du kannst deine Pflicht auch vermeiden.«
    In Eden stieg Ärger auf. Am liebsten hätte sie gesagt: Ich habe jahrelang meine Pflicht getan, aber heiraten will ich verdammt noch mal, wen und wann ich will.
    Â»Man kann alles Mögliche tun, Eden, aber du kannst nicht mit der Liebe und Zuneigung der Menschen rechnen, die du enttäuschst.«
    Â»Es tut mir leid, dass ich dich enttäuscht habe, aber ich muss mein Leben so leben, wie es mir richtig erscheint.«
    Â»Du hast einen starken Hang zur Unabhängigkeit, der einer Frau nicht gut zu Gesicht steht. Pass jetzt auf. Der richtige Zeitpunkt ist wichtig. Mach das nächste Glas fertig. Sie dürfen nicht abkühlen, bevor sie ins kochende Wasser kommen. Ich rede nicht nur von diesem Leben«, fuhr Afton fort, »sondern von dem Leben danach. Vom Himmlischen Reich. Unverheiratete können nicht vollständig an dem Nachleben teilnehmen, das Gott für uns plant. Wenn du nicht heiratest, kommst du auch nicht ins Himmlische Reich.«
    Eden stöhnte. Selbst im Tod sah die Kirche die Menschen nur zu zweit, wie bei der Arche Noah. Natürlich wollten sich die Mormonen auch im Himmlischen Reich fortpflanzen, es war also kein Wunder, dass sie verheiratet sein mussten. Plötzlich wurde ihr alles zu viel, der Dampf in der Küche raubte ihr den Atem. Kitty war all diesen Verpflichtungen entkommen, aber sie war abgetaucht und lebte nur noch in ihrer Fantasiewelt. So konnte Eden nicht leben. Es musste doch Alternativen geben. Ruth Douglass hatte doch auch ein unabhängiges Leben geführt. Wie? Und flüchtig durchzuckte sie der Gedanke, dass ihre Großmutter einen hohen Preis dafür gezahlt hatte.
    Â»Es gibt für alles im Leben ein Rezept, und du solltest es befolgen.« Afton stapelte erneut Gläser in den Kessel mit dem kochenden Wasser.
    Â»Du hast mir doch immer gesagt, ein Rezept sei offen für Erfindungen, man solle nehmen, was man gerade zur Hand hat, und mit etwas Fantasie würde schon etwas daraus werden.«
    Afton wischte sich die Hände an der Schürze ab und blickte sie streng an. »Ich will doch nur dein Bestes. Heirate einen dieser netten, jungen Männer. Kehr wieder zur Kirche zurück, dem Glauben deiner Familie. Du wirst belohnt werden, auf der Erde wie im Himmel. Ich will doch nur dein Bestes.« Sie prüfte die Flamme unter dem Einmachkessel. »Das muss jetzt zehn Minuten lang kochen. Achte darauf, dass das Wasser die ganze Zeit kocht. Es ist jetzt zehn nach zehn. Um zwanzig nach zehn kannst du den Korb herausholen und ihn auf die Küchentheke stellen. Wenn die Gläser abgekühlt sind, prüfst du, ob sie dicht sind. Das ist jetzt das letzte Glas.«
    Â»Aber auf dem Herd stehen noch Tomaten mit Essig und Zucker.«
    Â»Nun, die kannst du fertig machen. Meine Arbeit hier ist getan. Denk daran, was ich dir gesagt

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