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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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Christus der Heiligen der Letzten Tage statt.
    Eden kam zur Beerdigung nach St. Elmo, aber sie ging zuerst zur falschen Kirche, weil sie nicht gewusst hatte, dass in der Zwischenzeit eine neue erbaut worden war. Der Parkplatz an der neuen Kirche war voll, als sie ankam, und Eden fragte sich, wie viele Menschen wohl wegen Connie hier waren und wie viele, um Afton zu stützen. Mormonen begrüßten Eden, umarmten sie und redeten mit ihr, als ob sie nie aus St. Elmo weggegangen wäre, als ob sie immer noch an der Hand ihres Vaters hinge.
    Eden schaute sich nach Victor Levy um und fand ihn, umgeben von seinen Kindern, allein vor dem Seitengang der Kirche, wo er eine Zigarette rauchte. Alle vier Kinder sahen aus wie Victor; sowohl die Kinder aus seiner ersten Ehe als auch die Kinder aus seiner Verbindung mit Connie waren ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Connie hatte sich weder bei ihrem Sohn noch bei ihrer Tochter durchgesetzt.
    Eden berührte Victor am Arm. Er wandte sich zu ihr um, und Tränen traten ihm in die Augen.
    Die Kinder blickten sie stumm und zurückhaltend an. Der sechzehnjährige Aaron stand wie angewurzelt neben seiner Schwester, der achtzehnjährigen Leah. Eden umarmte sie alle, auch Connies Stiefkinder, aber keiner von ihnen reagierte, und Eden spürte, wie sie es ihnen übel nahm, dass sie nicht um Connie trauerten.
    Victor jedoch war traurig. Er war vor Trauer außer sich und durcheinander. Er wischte sich über die Augen und legte Eden die Hand auf die Schulter. »Connie hat dich geliebt, Eden«, sagte er. »Sie hat dich bewundert.«
    Â»Connie war mehr meine Schwester als meine Cousine.«
    Alma Epps unterbrach sie: »Mutter will dich sehen«, sagte sie zu Eden. »Mutter will, dass du neben ihr sitzt.« Alma tätschelte Victor den Arm und wiederholte, dass Eden zu Afton kommen sollte.
    Also folgte Eden Alma in die erste Reihe der Kirche. Hinter ihnen saß der gewaltige Clan der Lances, ein Meer von Gesichtern. Lil machte Platz, damit Eden neben Afton sitzen konnte.
    Afton war traurig. Sie zitterte am ganzen Körper, aber es lag nicht in ihrer Natur, vor Kummer außer sich zu sein. Sie hielt Edens Hand und sagte: »Connie war wie du. Ihr hättet Schwestern sein können.«
    Â»Wir hatten die gleichen Träume«, erwiderte Eden.
    Â»Und ihr habt die gleichen Fehler gemacht. Ihr wart beide viel zu leichtsinnig«, sagte Afton. Dann begann der Gottesdienst, und alle griffen nach ihren Gesangbüchern. Afton hatte die Lieder jedoch selber ausgesucht, und sie brauchte kein Gesangbuch. Sie ließ Edens Hand erst los, als sie nach ihrem Taschentuch greifen musste.
    Nach dem Gottesdienst strömten die Leute in die Turnhalle, wo das Essen aufgetragen war. Die Fenster standen offen, und ein heißer Wind wehte herein. Zu Connies Ehren hatten viele Leute 7-Up-Salat mitgebracht. Quadrate in Hunderten von Pastellfarben schmolzen in der Hitze, und Ananasstückchen schwammen in einem bunten, körnigen Meer.

4
    A ls Eden Louise Douglass anfing, für den Herald zu schreiben, ging es auf den Frauenseiten der Zeitungen noch nicht um Gesundheit und Fitness des weiblichen Körpers. Es ging auch nicht um erektile Dysfunktion oder Untreue des Ehemanns oder was man tun sollte, wenn man den Sohn in Frauenkleidern überraschte oder die Tochter ihren Bauchnabel piercen lassen wollte. Es gab nur zwei Themen: gesellschaftliche Ereignisse und Rezepte. Rezepte waren meistens Variationen auf 7-Up-Salat, Dosensuppen, Dosenthunfisch und Cornflakes; Maraschinokirschen waren fester Bestandteil des Desserts. Und was die Ereignisse anging, so war jeder Anlass in St. Elmo, den Miss Winifred Merton mit ihrer Anwesenheit beehrte, ein gesellschaftliches Ereignis.
    Der Herald war kurz vor dem Krieg in ein neues Gebäude in der Stadt umgezogen. Modern, riesig und luftig, wenn auch noch nicht mit Klimaanlage, nahm es einen ganzen Block ein. Die Druckerpressen befanden sich im Keller; sie summten und ratterten die ganze Nacht. Im Erdgeschoss waren der Empfang, das Schreibbüro, die Archive, ein Konferenzsaal und die Büros von Leuten, die sich die Hände nicht schmutzig machten. Im ersten Stock befand sich die Redaktion. Abgesehen von Victor Levys verglastem Büro war sie ein einziges Meer von Schreibtischen mit Schreibmaschinentischen im rechten Winkel dazu. Darauf standen große Schreibmaschinen, deren Schlitten und Glocken ein ständiges

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