Café Luna: Verbotenes Glück
Kletterrosen, die vor dem Fenster blühten. Eleonore musste lächeln. In ihrer ersten Woche hier hatte sie sämtliche Metallschildchen im Park gelesen. Ob Frau von Seebergen wusste, dass die Blumen, die sie so versonnen betrachtete, „Endless Love“ hießen? Die rüstige Witwe wandte das Gesicht wieder Eleonore zu und fuhr fort. „Ich bin jetzt schon über siebzig. Aber wenn ich mit Baudouin zusammen bin, fühle ich mich lebendiger als die letzten 20 Jahre. Und in meinem Alter hat man nicht mehr viel Zeit.“
Eleonore nickte, sie wusste, was die andere meinte. Manchmal brauchte es nichts weiter als einen geliebten Menschen, der einem selbst den Spiegel vorhielt. Und schon war das ganze Leben wieder voller Farben. Bei der Witwe von Seebergen und von Lüdow allerdings könnte Zukunft ein Problem sein … Doch um das genau zu wissen, müsste sie noch einmal mit ihm reden! Dringend.
Etwas durcheinander saß Luisa hinter ihrem Schreibtisch und blickte auf die Tarotkarten, die vor ihr lagen. Sie war selbst nicht sicher, was sie dazu bewogen hatte, die Karten zu befragen. War es die Tatsache, dass momentan wirklich alle allen misstrauische Blicke zuwarfen? War es ihre eigene Unsicherheit? Oder war es Johann Riegers Bemerkung heute Morgen gewesen, dass sie alle miteinander – Piet, Daniel, Konstantin und sie selbst – sehr übermüdet und mitgenommen aussähen? Sie warf einen Blick in den spiegelnden, dunklen Bildschirm – heute Morgen hatte sie nicht einmal den Computer angemacht – und musste Herrn Rieger recht geben. Sie sah aus, als hätte sie mehrere Wochen nicht mehr richtig geschlafen. Sie konnte nur hoffen, dass der Spion vor lauter Schuldgefühlen inzwischen genauso übermüdet war! Doch vermutlich wäre der Fall eher umgekehrt – jemand, der so etwas tat, der konnte gar kein Gewissen haben. Also, vielleicht sollten sie Ausschau halten nach dem einzigen erholt aussehenden Mitarbeiter mit Zugang zu den passenden Informationen. Das wäre vermutlich dann der Schuldige. Die Karten jedenfalls waren nicht in der Lage gewesen, ihr auch nur ein klitzekleines bisschen Aufschluss zu geben! Auf die Frage, wie man den Schuldigen erkennen könnte, hatte sie nur kryptische Antworten gezogen. Den Tod hielt sie noch immer in den Händen. Bedeutete das, dass sie nur abzuwarten brauchte, bis alles vorbei war, und dann bekäme sie die Antwort auf ihre Frage? Entschlossen packte sie die Karten wieder ein. Es war beileibe nicht so, dass Luisa sich voll und ganz auf sie verließ, aber hin und wieder hatte sie schon den Eindruck, auf eine neue Idee gebracht zu werden, wenn sie die Karten konsultierte. Heute allerdings …
Nun ja, vielleicht sollte sie sich erst einmal einen Kaffee holen. Immerhin war ihr Kreislauf heute noch mit keinem Tropfen Koffein versorgt worden. Um nicht zu spät zu dem Treffen mit Ben zu kommen, hatte sie auf das Frühstück verzichtet. Komisch, dass ihr das jetzt erst auffiel. Aber mit Ben war die Zeit nur so verflogen. Mollys Geschenk war auf den Weg gebracht, und er hatte ihr versprochen, sich für Matthis etwas Nettes einfallen zu lassen. Danach hatte sie Katze noch schnell zu Anna gebracht – nicht ohne ihrer Mutter versichern zu müssen, sie zum Abendessen zu besuchen. Diesmal würde Luisa nicht darum herumkommen. Und vermutlich war es auch gut, mal Annas Einschätzung ihrer persönlichen Lage zu hören. Immerhin hatte Luisas Mutter auch auf die Liebe ihres Lebens verzichtet – und eine zweite gefunden. Zwar konnte sich Luisa momentan so etwas gar nicht vorstellen. Wollte sie auch gar nicht. Für sie gab es niemand anderen, Konstantin war nicht zu ersetzen. Und sie war kein Typ, der in Liebesangelegenheiten Kompromisse machte. Ein „Zwischenmann“, wie Molly vorgeschlagen und mit einem Zwinkern auf Bens Anruf angespielt hatte, war nicht Luisas Ding. Abgesehen davon, dass so etwas dem anderen gegenüber auch wirklich nicht fair wäre.
Außerdem, Ben und sie, pah, das war nichts weiter als eine nette, unkomplizierte Bekanntschaft. Die vielleicht einmal eine Freundschaft werden könnte. Ja, das wäre schön. Einen Freund zu haben, der nichts von einem wollte. Mit dem man mal ausgehen oder mit Katze spazieren gehen konnte. Bei dem man sein Herz ausschütten konnte, um auch mal eine männliche Sicht der Dinge gesagt zu bekommen. Luisa öffnete die Tür zur Kaffeeküche, ganz in Gedanken bei dem sympathischen Ben, und hielt mitten in der Bewegung inne. Auch Konstantin, in der Hand eine dampfende
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