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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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einen Bombenanschlag geplant. Die Basken sagen, es war eiskalte Rache.«
    »Aha.«
    »Deshalb wimmelt es hier nur so von Polizei. Die Lage ist ungeheuer angespannt. Wenn sie es mit der ETA zu tun hat, kann die spanische Polizei ungeheuer brutal sein. Es ist ein Teufelskreis.«
    David lehnte sich zurück und betrachtete ihre Wunde. Bald wäre alles wieder verheilt; auch bei ihm wäre bald alles wieder verheilt. Aber ihm war etwas aufgefallen, als er ihre Verletzung gesäubert hatte. Etwas Eigenartiges.
    Als er Amy das Blut von der Stirn gewaschen hatte, hatte er eine Narbe bemerkt. Eine sehr seltsame Narbe: mehrere tiefe, aber dekorative Schnitte, die unter ihrem hellblonden Haar versteckt waren.
    Er sagte nichts.
    Amy hatte die ganze Zeit in ihrer Jeans und den Turnschuhen im Schneidersitz nach vorn gebeugt auf dem Boden gesessen. Nachdem jetzt auch ihre Verletzungen verarztet waren, richtete sie sich kerzengerade auf und legte die Hände flach auf die blanken Bodendielen.
    »Du willst also wissen, was du sonst noch falsch gemacht hast?«
    »Ja.«
    »Also, alles schön der Reihe nach. Zuerst hast du diesen Typen in der Bar unterstellt, sie würden Spanisch sprechen - und das in einer dezidiert baskischsprachigen Region. Das war schon mal das erste Fettnäpfchen, in das du getreten bist. Und wenn du dann noch bedenkst, wie aufgeheizt die Stimmung wegen dieses Polizeieinsatzes generell schon war.«
    »Okay. Und weiter?«
    »Und … na ja … und dann ist da noch etwas.«
    »Was?«
    »Dazu kommt noch, dass du etwas sehr Provozierendes gesagt hast.«
    »Habe ich das?«
    »Du hast Jose Garovillo erwähnt. Von diesem Moment an, als dieser Name fiel, habe ich versucht, dir zu Hilfe zu kommen. Ich habe ihnen gesagt, dass ich dich kennen würde und dass du keine Ahnung hättest; und deshalb sollten sie dein Gerede nicht so ernst nehmen, sondern eher Verständnis für dich haben …«
    »Aha, vielen Dank.«
    »Was hätte ich denn sonst sagen sollen? Aber als du dann wieder mit Jose anfingst, war mir klar, dass das böse enden würde.«
    »Und … wer ist Jose Garovillo?«
    Sie schaute ihn erstaunt an. »Das weißt du nicht?«
    David kam sich zunehmend blöder vor und wurde immer frustrierter. Amy erklärte ihm:
    »Jose Garovillo ist inzwischen sehr alt, aber er ist hier so was wie eine lebende Legende.«
    »Soll das heißen, du kennst ihn? Kannst du mir helfen, ihn zu finden?«
    »Ich kenne ihn sogar ziemlich gut. Ich kann ihm noch heute eine Mail schicken und von dir erzählen. Wenn du das möchtest.«
    »Aber … Wahnsinn. Super!«
    »Halt.« Auf ihrem Gesicht war nicht die Spur eines Lächelns, als sie die Hand hob, um ihn zu bremsen. »Hier kennen viele Garovillo. Er ist ein baskischer Kulturheros, einer der ersten Intellektuellen, die maßgeblich an der Wiederbelebung der baskischen Kultur und Sprache beteiligt waren - vor langer Zeit. In den sechziger und siebziger Jahren. Außerdem war er in den sechziger Jahren ETA-Mitglied.«
    »Er ist berühmt? Aber ich habe ihn im Internet gesucht! Ich bekam nicht einen einzigen Treffer.«
    »Weil er nur bei den Basken berühmt ist. Und in der ETA war er nur als Jose bekannt. Seinen vollständigen Namen wirst du in schriftlicher Form wahrscheinlich nirgendwo finden … die ETA-Leute bleiben lieber anonym. Außerdem ist Jose schon seit langem ein baskischer Extremist - während des Kriegs wurde er von den Deutschen interniert, drüben in Iparralde.«
    »Wo?«
    Sie drehte sich zur Seite und deutete mit einer zierlichen weißen Hand zum Fenster.
    »Dort. Im Land dahinter! Im französischen Baskenland, auf der anderen Seite der Berge. In den siebziger Jahren wurde er festgenommen und gefoltert, zuerst unter der Franco-Diktatur, dann von den Sozialisten. Früher war er oft in der Bar Bilbo. Er ist hier richtig berühmt - oder sollte ich besser sagen: berüchtigt?« Gesicht blieb ernst. »Nicht zuletzt wegen seines Sohns …«
    »Ja?«
    »Sein Sohn heißt… Miguel.«
    »Der Typ, der uns angegriffen hat…«
    »Ist Joses Sohn. Der Wolf ist Jose Garovillos Sohn.«

6
     
    David nahm sich in einem Hotel am Rand von Elizondo ein Zimmer und wartete darauf, dass Jose auf Amys Mail antwortete. Das Hotel Gernika machte nicht viel her. Es hatte einen kleinen Swimmingpool, ein bescheidenes Frühstücksbüfett und jede Menge wettergegerbter französischer Radwanderer in beängstigend engen Lycra-Shorts. Aber das störte David nicht.
    Mit seinem vielen Geld, seinem ungewohnten Reichtum, hätte er

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