Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
würde eben einen anderen Ausweg aus ihren Schwierigkeiten finden müssen.
„Das habe ich nie geschrieben“, erklärte sie.
Er stutzte. „Ich besitze doch den Brief ...“
Helena holte tief Luft und wappnete sich für eine der wenigen selbstlosen Taten ihres Lebens. „Die Frau, die Sie lieben, schrieb Ihnen diesen Brief.“
„Gewiss schrieben Sie ihn, mein Liebling. Und deshalb möchte ich auch heute...“
„Oh Leutnant, hören Sie mich an. Ich habe mir die schrecklichste Täuschung zu Schulden kommen lassen.“ Helena fühlte sich endlich befreit. Zur Hölle mit Michael, der meinte, er könnte sie einfach an einen anderen Mann abschieben!
Sie klatschte fröhlich in die Hände und lachte über die Verwirrung, die sich auf dem schönen Gesicht des Leutnants zeigte. „Und es wird sich alles ganz wunderbar auflösen. Ich besitze nämlich ein besonderes Talent darin, Menschen in sinnvoller Weise zu Paaren zusammenzubringen.“
„Ich verstehe kein Wort.“
„Selbstverständlich nicht. Sie sind schließlich ein Mann. Und nun kommen Sie wieder hoch von Ihrem Knie. Wir müssen über vieles reden. Ihr Leben ist dabei, sich grundlegend zu ändern, Sir.“
22. KAPITEL
„V erschwinden Sie!“
Jamie stand auf der winzigen Veranda der kleinen Laube hinter dem Cabot-Haus, während Abigail auf einem Bänkchen unter den beiden Eiben saß, die zu dieser Jahreszeit wie leblos wirkten.
Obschon sie ihm den Rücken kehrte, sah sie sein Spiegelbild in der großen silbernen Zierkugel, die sich auf einem Sockel in der Nähe befand. Durch die Verzerrung des schimmernden Balles erschien ihr Jamie riesengroß und fast bedrohlich. Als er näher kam, war es ihr, als fühlte sie seinen Blick zwischen ihren Schulterblättern.
„Ich möchte gern allein sein“, erklärte sie. „Gibt es irgendeine Möglichkeit, Sie zum Fortgehen zu bewegen?“
„Selbstverständlich nicht. Sie sollten sich auch nicht hier draußen verstecken. So war es schließlich nicht geplant.“
„Ich hätte nicht auf Sie hören dürfen.“ Sie schaute einem gelben Blatt hinterher, das zu Boden segelte.
„Es sieht Ihnen gar nicht ähnlich, ein Projekt aufzugeben“, stellte er fest. „Sie haben noch nicht einmal Ihre Rolle gespielt. Heute sollte doch der Tag Ihres Triumphes sein. Heute sollten Sie sich Boyd Butler offenbaren, genauso , wie Sie ihm Ihr Herz in all diesen Briefen offenbart haben.“
Abigail verzog schmerzlich das Gesicht, weil sie an ihre eigene Dummheit dachte. Dann wandte sie sich um und warf einen Blick auf Jamie, von dessen großspurigem Grinsen nichts mehr zu sehen war. Gut. Zur Abwechslung musste er auch einmal merken, wie es war, wenn man einen Misserfolg erlebte.
„Aus einer Lüge erwächst nie etwas Gutes“, bemerkte sie. „Das habe ich schon immer gewusst. Ihr Komplott und mein eigenes dummes Sehnen haben meine Urteilskraft beeinträchtigt. Während wir mich so eifrig wie die Marionette eines Puppenspielers ausstaffierten, vergaßen wir einen ausschlaggebenden Punkt: Wir dachten nicht daran, was Leutnant Butler begehrt.“
„Das stimmt nicht.“ Jamie ging auf und ab. „Wir haben hart gearbeitet, Abby, damit unser Plan gelingt. Die Anproben für die Gewänder, die Tanzstunden. Sie lernten zu reiten und Austern zu essen. Sie lernten es, zu lachen, statt ausgelacht zu werden. Verdammt, ich lehrte Sie das Küssen.“
Die Erinnerung daran traf Abigail unerwartet hart. „Oh ja, das taten Sie, Jamie, nicht wahr? Sie brachten mir alles bei, was eine junge Dame über Liebe und Romanzen wissen muss. Sie sagten mir nur nicht, was zu tun wäre, falls alles nicht klappte.“
„Abby..."
„Er hat sich in Helena verliebt. Er kam her, um sie zu treffen, nicht mich. Und jetzt gehen Sie bitte“, forderte sie ihn auf. „Ich möchte wirklich allein sein.“
Jamie fuhr sich mit gespreizten Fingern frustriert durchs Haar. „Sie waren so lange allein, dass Sie schon gar nichts anderes mehr kennen. Reden Sie doch wenigstens mit mir!“
„Ich habe schon viel zu viel mit Ihnen geredet. Deshalb stecke ich ja auch jetzt in solchen Schwierigkeiten. Wenn Ihnen auch nur das kleinste bisschen Mitgefühl verblieben ist, dann gehen Sie bitte. Und kommen Sie nicht mehr zurück.“
„Sie überraschen mich“, meinte Jamie. „Für eine Person, die die Zähigkeit besitzt, das Universum nach Sternen abzusuchen, geben Sie eine einfache Sache ziemlich schnell auf.“
„Ich gebe eine verlorene Sache auf, die ich erst gar nicht hätte
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