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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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großes Geheimnis wie vor fünfzig Jahren. Früher wie heute nahm man an, dass sie durch einen Defekt der Plazenta ausgelöst wird. Doch nichts ist bewiesen, obwohl Forscher Tausende Plazentas untersucht haben müssen, um diesen vermuteten »Defekt« zu finden.
    Sally war ein typischer Fall von Präeklampsie. Wäre sie unerkannt geblieben und hätte Sally nicht sofort fachkundige Behandlung erfahren, dann hätte die Komplikation auch zu Eklampsie führen können. Doch schon die einfache Behandlung, die ich beschrieben habe – absolute Ruhe und Sedierung –, kann diese Entwicklung aufgehalten haben.
    Margaret, die auf so grausame Weise starb, hatte an der sehr seltenen Form einer plötzlichen, heftigen Eklampsie ohne Warnzeichen und ohne die Phase der Präeklampsie gelitten. Ich selbst habe nie wieder einen solchen Fall erlebt, aber gelegentlich tritt er noch ein.
    Trotz der modernen Schwangerenvorsorge sind Präeklampsie und Eklampsie in Großbritannien noch immer die häufigsten Gründe für Müttersterblichkeit. Was wurde nur aus Frauen mit Präeklampsie in Zeiten, als es noch keine Vorsorge gab? Es bedarf keiner besonderen Vorstellungskraft, um diese Frage zu beantworten. Und doch hielt man vor hundert Jahren Ärzte, die sich für eine ordentliche pränatale Vorsorge einsetzten, für Exzentriker und Zeitverschwender. Aus der gleichen Haltung heraus überzog man den Gedanken einer strukturierten Ausbildung für Hebammen mit Spott.
    Wer immer Kinder zur Welt gebracht hat, wird Gott nur danken können, dass diese Zeiten der Vergangenheit angehören.

Fred
    Ein Nonnenkloster ist im Wesentlichen eine weibliche Angelegenheit. Gleichwohl kann es auf Angehörige des männlichen Geschlechts aus praktischen Gründen nicht ganz verzichten. Fred war im Nonnatus House der Heizer und der Mann für alle Fälle. Er war ein typischer Cockney seiner Zeit. Von kleinem Wuchs, mit kurzen, krummen Beinen, starken, behaarten Armen, war er kampflustig, stur, erfinderisch, und all das kombiniert mit einer Lust an endlosem Palaver und einer guten Laune, der nichts etwas anhaben konnte. Äußerlich fiel an ihm sofort ein verwegenes Schielen auf. Das eine Auge war dauerhaft nach Nordost ausgerichtet, während das andere den Südwesten erkundete. Denkt man sich nun noch den einzelnen gelben Zahn hinzu, der aus seinem Oberkiefer über die Unterlippe ragte, wenn er an ihm saugte, wird offenbar, warum er als nicht gerade besonders schönes Exemplar seiner Art galt. Sein Optimismus, seine gute Laune und sein ungekünsteltes Selbstbewusstsein jedoch waren so erfrischend, dass die Schwestern ihn in ihr Herz geschlossen hatten und sich in allen praktischen Fragen ganz auf ihn verließen. Schwester Julienne konnte die Karte der hilflosen Frau besonders gut ausspielen: »Oh Fred, das Fenster im oberen Badezimmer geht einfach nicht mehr zu. Ich habe es wieder und wieder versucht, aber nichts zu machen. Ob Sie wohl mal …? Natürlich nur, wenn es Ihre Zeit …«
    Natürlich hatte Fred Zeit. Für Schwester Julienne hätte er auch Zeit gefunden, die Albert Docks zu verlegen. Schwester Julienne war voll der Dankbarkeit und lobte sein Geschick und seinen Sachverstand. Dass das Fenster des oberen Badezimmers fortan dauerhaft fest verschlossen war, störte niemanden und war nicht der Rede wert.
    Die Einzige, bei der Freds Cockneycharme mit seiner besonderen Note nicht auf Begeisterung stieß, war Mrs B., die selbst Cockney war, alles das schon kannte und sich nicht beeindrucken ließ. Mrs B. war die Königin der Küche. Sie arbeitete jeden Tag von acht Uhr morgens bis zwei Uhr nachmittags und kochte uns herrliches Essen. Sie war Expertin für Steak-Nieren-Pasteten, fette Eintöpfe, herzhafte Hackfleischgerichte, Würstchen im Schlafrock, Puddings mit Sirup, Roly-Poly mit Marmelade, Makkaronipudding und so weiter, außerdem konnte sie das beste Brot und die besten Kuchen der Gegend backen. Sie war eine stattliche Frau mit üppiger Oberweite und hatte ein besonderes Blitzen in den Augen, wenn sie knurrte: »Jetz bringt mir bloß nich meine Küche durcheinander.« Da die Küche der Treffpunkt für alle war, wenn wir – oft müde und hungrig – heimkehrten, war diese Mahnung häufig zu hören. Wir Mädchen verhielten uns fügsam und respektvoll, zumal wir aus Erfahrung wussten, dass Schmeicheleien oft mit einem Törtchen oder einem Stück Kuchen frisch aus dem Ofen belohnt wurden.
    Fred hingegen war nicht so leicht zu zähmen. Zum einen konnte er durch den

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