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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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aus, als sei das Ende ihrer Schwangerschaft gekommen.
    »Ich bin froh, wenn wir das Baby draußen haben. Sie wird langsam müd. Ich werd jetzt nich mehr arbeiten gehn. Die Jungs können das erledigen. Ich hör jetzt auf und kümmer mich um Con un die Kinder.«
    Und zu meinem großen Erstaunen machte er es so. Damals hätte sich kein East Ender, der etwas auf sich hielt, herabgelassen, das zu erledigen, was man »Frauenarbeit« nannte. Die meisten Männer räumten noch nicht einmal ihr benutztes Geschirr ab oder hoben auch nur ihre schmutzigen Socken auf. Aber Len erledigte alles. Conchita lag bis zum späten Morgen im Bett oder saß in einem bequemen Stuhl in der Küche. Manchmal spielte sie mit den Kleinen, aber Len passte immer auf, und wenn sie zu wild wurden, hob er sie mit fester Hand auf und spielte woanders mit ihnen. Sally, das fünfzehnjährige Mädchen, das schon die Schule abgeschlossen hatte, aber noch nicht arbeiten ging, stand ihm zur Seite. Dennoch kannte sich Len mit allem aus: Windeln wechseln, Kleinkinder füttern, Dreck wegmachen, einkaufen gehen und kochen, bis hin zum ewigen Waschen und Bügeln. Bei all dem begleitete er sich singend oder pfeifend, er war stets guter Laune. Er war der einzige Mann, den ich je kennengelernt habe, der sich mit einer Hand eine drehen und mit der anderen ein Baby füttern konnte.
    Conchitas vierundzwanzigstes Baby kam nachts zur Welt. Wir bekamen gegen elf Uhr abends einen Anruf, dass die Fruchtblase geplatzt sei. So schnell ich konnte, radelte ich nach Limehouse, denn ich ahnte schon, dass es eine schnelle Entbindung werden würde. Ich täuschte mich nicht.
    Alles stand bereit, als ich ankam. Conchita lag im frisch gemachten Bett auf braunem Papier und einem Gummituch. Im Zimmer war es warm, aber nicht zu heiß. Die Wiege und frische Kleider warteten schon auf das Baby. In der Küche stand heißes Wasser. Len saß an ihrer Seite, massierte ihren Bauch, ihre Oberschenkel, ihren Rücken und ihre Brüste. Mit einem kühlen Flanelltuch wischte er ihr über Gesicht und Nacken, und bei jeder Wehe nahm er sie in die Arme und hielt sie fest. Er gab aufmunterndes Gemurmel von sich. »Mein Mädchen. Mein Liebes. Jetz dauerts nich mehr lang. Ich hab dich bei mir. Halt dich einfach an mir fest.«
    Ich war völlig überrascht, ihn dort anzutreffen. Ich hatte eine Nachbarin, seine Mutter oder eine der älteren Töchter erwartet. Noch nie hatte ich, von Ärzten abgesehen, einen Mann bei einer Entbindung erlebt. Aber hier, wie bei allem anderen auch, war Len eine Klasse für sich.
    Ein Blick genügte, um festzustellen, dass Conchita sich der zweiten Geburtsphase näherte. Ich zog schnell meinen Kittel über und legte die Instrumente auf meinem Tablett bereit. Das Herz des Fötus schlug gleichmäßig, aber sein Kopf war kaum zu ertasten. Er musste bereits sehr weit unten am Beckenboden sein. Da die Fruchtblase bereits geplatzt war, führte ich keine vaginale Untersuchung durch, denn durch ein solches Eindringen hätte ich eine Infektion riskiert, daher sollte man einen solchen Schritt vermeiden, wenn er nicht absolut notwendig ist. Die Wehen kamen alle drei Minuten.
    Conchita schwitzte und seufzte, aber nicht übermäßig stark. Zwischen den Wehen lächelte sie ihren Mann an und ließ sich entspannt in seinen Arm sinken. Sie hatte kein Beruhigungsmittel bekommen.
    Wir mussten nicht lange warten. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich und sie schien sich völlig zu konzentrieren. Dann gab sie ein angestrengtes Knurren von sich und mit dem nächsten Pressen rutschte das ganze Baby auf einmal heraus. Es war klein und die Geburt geschah so schnell, dass mir nichts anderes zu tun blieb, als das Kind aufzufangen. Das kleine Wesen lag einfach da auf der Decke, ohne dass ich helfen musste. Ich reinigte die Atemwege und Len reichte mir die Nabelschnurklemmen und die Schere. Er wusste genau, was zu tun war. Er hätte das Baby auch selbst zur Welt bringen können, dachte ich. Auch die Plazenta kam recht schnell heraus und es gab keine starken Blutungen.
    Len wickelte das Baby zärtlich in warme Handtücher und legte es in die Wiege. Er rief in Richtung des Treppenhauses nach heißem Wasser und verkündete, dass gerade ein kleines Mädchen geboren worden sei. Dann wusch er seine Frau von Kopf bis Fuß und bezog vorsichtig das Bett neu. Er bürstete ihr schwarzes Haar und zog ihr ein weißes Haarband an, das zu ihrem weißen Nachthemd passte. Er nannte sie Spatz, Liebling und Schatz. Sie

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