Callgirl
wir würden es gern glauben und ignorieren deshalb solche unbedeutenden Kleinigkeiten wie Fakten, Beweise und Ähnliches.
Nun ja, wie auch immer, zum Thema Sex gibt es ebenfalls Großstadtlegenden. Natürlich nach Geschlechtern getrennt. Und Jungs, ich bin hier, um euch eine bittere Wahrheit zu eröffnen: Es macht uns nicht rattenscharf, wenn ihr zuschaut, wie wir es mit
einer anderen Frau treiben. Entgegen anders lautender Gerüchte sind wir in unseren privatesten Momenten nicht unentwegt damit beschäftigt, uns überdimensionale Dildos umzuschnallen und unsere Freundinnen beim Plastikfellatio anzufeuern. Ich weiß, dass ihr das gern sehen wollt. Ich weiß, dass ihr das gern glauben wollt. Aber falls ihr je irgendwo sitzt und zwei Frauen dabei zuschaut, wie sie es miteinander treiben, lasst euch gesagt sein, dass sie es einzig und allein für euch tun, und ihr solltet euch besser fragen, warum. Auf die eine oder andere Weise werdet ihr für die Show bezahlen.
Wenn Callgirls es machen, steht der Preis wenigstens fest.
Also schaute ich Jerry an und nuschelte skeptisch: »Hmhmm.«
»Genau!« Er nahm sein Steak in Angriff. »Das müssen wir nachher unbedingt mal abchecken.« Bitte, lieber Gott, dachte ich im Stillen, bitte lieber Gott, lass ihn nicht auf die Idee kommen, dass ich sie fragen soll.
Wie sich herausstellte, hatte Jerry nach dem Dinner andere Dinge im Kopf. Vielleicht gibt es ja doch einen Gott. »Zeit, ein bisschen Kohle abzuzocken«, informierte er mich, und wir machten uns auf den Weg in das eigentliche Kasino.
Für den Fall der Fälle dankte ich auch Maria Magdalena für meine Rettung.
Ich weiß ein bisschen weniger über Black Jack als ein durchschnittlicher Fünfjähriger. Es ist ein Kartenspiel. So viel weiß ich. Eines der Spiele, das die Männer mit den stahlblauen Augen und den Smokingjacken in meinen Videofilmen zu spielen pflegen.
Mir wurde sehr schnell klar, dass ich glücklicherweise nichts von dem Spiel verstehen musste. Ich hatte eine rein dekorative Funktion. Und obwohl ich falsch eingeschätzt hatte, wie die anderen sich anziehen würden, lag ich wenigstens mit meiner Einschätzung der Reaktionen auf mein Outfit nicht ganz falsch. Bei
den Leuten, die sich nicht ausschließlich auf die Karten konzentrierten, war sofort klar, dass den Männern gefiel, was ich trug, und den Frauen nicht.
Das ist meistens so.
Ich sah also Jerry zu, wie er sich am Black-Jack-Tisch niederließ und dem Kartengeber zunickte. Er gab die Karten aus, und ich versuchte, verführerisch und nicht gelangweilt auszusehen. Ich muss sagen, dass Jerry seine Sache recht gut zu machen schien, so gut, dass er sich bald zu mir umdrehte und mir einen Hundert-Dollar-Chip in die Hand drückte. »Hier«, sagte er so laut, dass alle am Tisch es hören konnten. »Versuch auch mal dein Glück.«
Ich nahm den Chip (ich bin ja nicht blöd), zögerte dann aber. Er sah ungeduldig zu mir hoch. »Geh Roulette spielen«, drängte er. »Das wird dir Spaß machen. Komm wieder, wenn du fertig bist.«
»Ich weiß nicht, Schatz«, sagte ich automatisch, obwohl ich mich schon vom Tisch entfernte. Nach drei Stunden in Jerrys Gesellschaft brauchte ich dringend etwas Abstand.
Ich spielte kein Roulette. Ich löste den Chip ein, tat das Geld in meine Handtasche (klein, sexy und teuer, ein weiterer Fauxpas, denn die meisten Frauen, die ich sah, trugen große Vinyltaschen, in die sie ihre Gewinne aus den Spielautomaten schütten konnten) und wanderte herum, um meine echte Neugier in Bezug auf das Kasino zu befriedigen.
Meine Freundin Irene hatte eine Menge über Foxwoods zu sagen gehabt, als ich ihr von meiner geplanten Fahrt dorthin berichtete (»Nur mit einem guten Bekannten. Nichts Besonderes«). »Ach, du meine Güte, Jen, kennst du dieses Kasino?«
Ich dachte, ich hätte ziemlich deutlich gemacht, dass dem nicht so war. »Nein«, antwortete ich.
»Es soll diesem Indianerstamm gehören. Die haben das ganze Land und all diese Darlehen bekommen, als eine Art Wiedergutmachung, weil die Weißen ihnen alles genommen haben.«
So viel war mir bekannt. »Na und? Das klingt doch ganz gerecht.«
»Vielleicht«, fuhr Irene jetzt etwas aufgeregter fort. »Außer dass sich herausgestellt hat, dass der Typ, der die ganze Sache gegründet hat, ein Betrüger war. Es gibt gar keine Pequots mehr, die sind vor Jahren ausgestorben, und dieser Typ – Skip Soundso – hat es geschafft, dass man seine Familie als Stamm anerkannt hat, ohne die Beweise
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