Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
Vom Netzwerk:
inzwischen Nachricht wegen unserer Pflanze erhalten habe. Ich merkte ihm an, dass er aufrichtig interessiert war, im Gegensatz zu dem unentwegten Mr. Hofacket.
    »Nein, Cornelius, bisher nicht.« Großpapa zündete sich eine Zigarre an und blies den Rauch höflich in Richtung Decke. »In der Wissenschaft darf man nichts übereilen. Diese Dinge brauchen Zeit.«
    Während wir den Weihnachtsschinken aßen, wurden wir Kinder immer zappeliger, doch schließlich waren alle fertig. Unsere Eltern erbarmten sich und verteilten die Geschenke. Trotz seiner Ansichten zum Thema Geschenke blieb Mr. Barker und bewunderte laut, was wir bekommen hatten.
    Für die ganze Familie zusammen gab es ein neues Stereoskop, das die Kinder gleichmäßig benutzen sollten (wer’s glaubt!). Drei Bildscheiben gab es dazu: Die Große Sphinx von Ägypten – Chicago, die Weiße Stadt – Das faszinierende Leben der Eskimos. Außerdem erhielt jeder eine leuchtende große Orange, ein seltenes und teures Geschenk im Winter. Ich sparte mir meine für später auf.
    J. B. bekam ein schönes neues Schaukelpferd, denn die Kufen seines alten waren fast völlig abgenutzt. Das neue war mit Kuhfell überzogen und hatte einen Schwanz aus echtem Rosshaar. Für Sul Ross gab es einen Kreisel und verschiedene Holzspielzeuge mit einer Schnur zum Hinterherziehen. Travis’ Geschenke waren ein Buch über Kaninchenzucht »zu privaten wie geschäftlichen Zwecken« sowie ein neuer Striegel. Er hatte sich einen Esel gewünscht, das wusste ich, aber er schien sich trotzdem zu freuen. Für Lamar gab es ein Lederetui mit einem Kompass, einem Winkelmesser aus Stahl und einem Lineal. Sam Houston bekam Die Abenteuer des Sherlock Holmes und Harry einen neuen Anzug aus allerbester dunkelblauer Wolle, perfekt für einen jungen Mann, der dabei ist, seine ersten Schritte in die Welt der Erwachsenen zu machen. Und natürlich bekamen sie alle braune Wollsocken, von mir höchstpersönlich gestrickt. Meine wachsenden Fähigkeiten ließen sich gut daran ablesen: Jim Bowies Socken, die ersten, waren noch sehr unförmig, doch die für meine großen Brüder sahen schon ganz passabel aus. Ich hatte es sogar geschafft, in die Socken für Vater und Großpapa ein schlichtes Zopfmuster hineinzustricken, worüber alle ganz aus dem Häuschen gerieten. Ich fand zwar selbst, dass ich mich nicht allzu sehr dafür schämen musste, aber dieses überschwängliche Lob hatte ich nun doch nicht verdient. (Ich vermutete ein abgekartetes Spiel.)
    Mutter schenkte ich eine Sammlung getrockneter Blumen. Von Vater bekam sie ein Paar Ohrringe aus Granat du Gagat, und sie schenkte ihm eine todschicke grün karierte Weste, die er auf seinen Geschäftsreisen nach Austin tragen sollte.
    Viola arbeitete in der Küche, ihre Geschenke – Schnupftabak und einen dicken roten Flanell-Unterrock – hatte sie schon früher am Tag von Mutter erhalten.
    Großpapa bekam eine schöne Kiste Zigarren, die von weit her gekommen waren, von einem Ort namens Kuba. Auf dem Deckel war ein buntes Bild einer tanzenden Frau in einem langen, mit Rüschen besetzten Rock. Die Kiste war sehr hübsch und hatte gerade die richtige Größe, um Schätze darin aufzubewahren. Ich merkte Lamar an, dass er sie gern haben wollte, sich aber nicht traute, Großpapa darum zu bitten.
    »Mach schon«, flüsterte ich ihm zu, »frag ihn, ob du sie haben kannst. Er beißt schon nicht.«
    » Dich vielleicht nicht, mich möglicherweise schon.«
    »Sei kein Feigling, Lamar.« Das war das Zauberwort, das immer wirkte. Sofort drehte er sich um und marschierte zu Großpapa.
    »Großvater«, sagte er, »kann ich die Kiste haben? Wenn sie leer ist?«
    Überrascht sah Großpapa ihn an. »Natürlich kannst du das … Travis.«
    Lamar blinzelte. »Danke, Großvater«, sagte er und lief schnell zurück an seinen Platz.
    »Siehst du?«, flüsterte ich. »Er ist sogar richtig nett, wenn man ihn erst einmal kennt.«
    »Er hat mich Travis genannt«, zischte Lamar mir zu.
    Ich musste kichern, und er funkelte mich böse an. »Wenigstens hast du die Kiste an Land gezogen.«
    »Wieso wolltest du sie denn nicht?«
    »Ich hab schon zwei – nein, warte mal, drei davon.«
    »Schön für dich!«
    Lamar konnte einem wirklich den letzten Nerv rauben.
    Und meine Geschenke? Also, von den Kleinen bekam ich eine zerknitterte Tüte mit Bonbons, und von meinen großen Brüdern neue Haarbänder. Meine Eltern schenkten mir ein wunderschönes Silbermedaillon, in das meine Initialen eingraviert

Weitere Kostenlose Bücher