Cambion Chronicles 1
war. Schon auf die bloße Erwähnung ihres Namens reagierte er gereizt. Ich erkannte die Furcht in seinen Augen, wenn sie ihm entgegentrat. Er duckte sich wie ein Jungtier vor dem Alpha-Löwen. Das alles summierte sich zu einer haarsträubenden Schlussfolgerung. »Du hast Angst vor Nadine? Warum?«
Er machte sich nicht die Mühe, es abzustreiten. »Na ja, weil sie ein weiblicher Cambion ist, und weil sie Nadine ist. Das allein würde jedem Angst einjagen. Aber ich respektiere sie mehr als sonst irgendjemanden.«
»Was ist so schlimm an weiblichen Cambions? Ich meine, schlimmer als das Übliche.«
Offenbar fand er meine Unwissenheit putzig. »Überall im Tierreich ist das Weibchen einer Art gefährlicher als das Männchen. Selbst ausgewachsene Dämonen legen sich nicht mit weiblichen Cambions an. Sie sind wie Gottesanbeterinnen. Wer ihnen auf die Nerven geht, den fressen sie bei lebendigem Leib. Buchstäblich.« Seine Stimme hatte einen eindringlichen Unterton, als würde jedem, der diese Information durchsickern ließ, ein Bad in Betonschuhen blühen. Obwohl sie in gewisser Weise faszinierend war, stieß mich die elende Schattenseite dieser mystischen Welt nur noch mehr ab.
Die Autoschlüssel fest umklammert, schob ich mich Stück für Stück auf mein Auto zu. »Eine kleine Warnung vor einem zweiten Cambion in der Stadt wäre schon ganz nett gewesen. Was ist mit deinem Bruder? Hast du ihn in letzter Zeit mal gesehen?«
»Nein. Er ist vor einer Woche abgereist.«
»Bist du dir da sicher? Hat er dieselben Ernährungsprobleme wie du?«
Calebs Blick wurde eisig. »Nein. Er würde niemals jemanden verletzen.«
»Ich wünschte, ich könnte dasselbe von dir sagen«, schoss ich zurück und feuerte noch eine Schnellfragerunde hinterher. »Was ist mit dem Rest deiner Familie? Warum sprichst du nie über sie? Was hat dein Vater dir angetan? Es war sicher schlimm, wenn du dich deswegen so abschottest, aber du darfst keine Geheimnisse vor mir haben, jetzt nicht mehr. Denn mal ehrlich, was sollte dich davon abhalten, mir wehzutun?«
Das saß. Die Wucht meiner Worte ließ Caleb zurückfahren. Er ließ den Kopf hängen und die Schultern nach vorne fallen. Niemand mit niederträchtigen Zielen konnte dermaßen verletzt und geschlagen aussehen.
Aus Gründen, die sich mir von Anfang an nicht erschlossen hatten, legte dieser Typ Wert auf meine Meinung. Einem übernatürlichen Wesen, das mich hätte aussaugen und meine Leiche in den Wald werfen können, war es tatsächlich wichtig, was ich von ihm dachte. Mein Magen krampfte sich zusammen, mein Herz zog mich in drei verschiedene Richtungen, aber ich kam einfach nicht damit klar. Und was noch wichtiger war: Er hatte meine Frage nicht beantwortet und würde das auch nicht tun.
»Caleb, das ist zu viel für mich. Jedes Mal, wenn wir was zusammen unternehmen, steht jemand an der Schwelle zum Tod. Es tut mir leid, aber ich kann mich da nicht reinziehen lassen.«
Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz. »Du hast recht. Ich kann dir nicht sagen, wie leid es mir tut. Du sollst nur wissen, dass ich dir niemals wehtun würde.«
Irgendwo hinter dem Panzer, der meine Seele umgab, spürte ich, dass seine Worte wahr waren. Aber diese Versicherung bezog sich nicht auf alle Menschen. »Wenn du die Risiken kennst, warum lockst du dann weiter Frauen an? Warum kannst du deinen Geist nicht abschotten?«
»Ich kann ihn nicht einfach abschotten. Mein Geist hat einen eigenen Willen.«
»Dann bekämpfe ihn, wehre die Frauen ab. Lass sie nicht in deine Nähe kommen!«
Er zuckte zusammen. »Ich kämpfe nicht. Und ich werde keine Frauen schlagen.«
»Das musst du nicht«, argumentierte ich. »Werde sie einfach los. Ich kämpfe auch nicht gern. Ich überlasse mich einfach nur meinen Instinkten.«
»Ich kann mich nicht auf meine Instinkte verlassen, Sam. Meine Instinkte sagen mir, ich solle trinken und meinen Durst stillen. Wenn ich Capone erlaube, auch nur für einen Augenblick die Kontrolle zu übernehmen, bekomme ich sie vielleicht nie wieder zurück. Er ist viel zu begierig. Seine Anziehung wird stärker und unvorhersehbarer, weil er mehr Energie will, als ich zu geben bereit bin. Die Frauen belagern mich von allen Seiten, vollkommen Fremde, die Capone aussaugt, wenn sie mir zu nahe kommen. Es ist, als wollte er das, damit er angreifen kann. Mit so einer Aggressivität hatte ich es bisher noch nie zu tun.«
»Es wird immer schlimmer, Caleb. Leute sterben.«
Beleidigt hielt er meinem Blick stand
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