Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
dich.«
Sobald er erkannte, worauf ich hinauswollte, seufzte er erleichtert, als wäre das nicht die ultimative, die schlechteste aller schlechten Nachrichten. »Ich dachte, du wüsstest das. Ich meine, Nadine wusste es ja auch.«
Ich zerknüllte das Blatt und warf damit nach ihm. »Ich bin aber nicht Nadine!«
Er sah zu, wie die Papierkugel von seiner Brust abprallte und ihm vor die Füße rollte. »Aber du hast doch ihre Erinnerungen und ihr Wissen.«
»Nicht alles. Und das gehört definitiv nicht dazu.« Ich lief durch den Pausenraum und suchte nach einem anderen Gegenstand, den ich nach ihm werfen konnte. »Kein Wunder, dass Mom so eine Angst davor hat, dass wir beide allein sind. Und ich dachte, sie wäre einfach mal wieder paranoid.«
»Warte mal, bist du jetzt sauer wegen der Bundsache oder weil ich es dir nicht gesagt habe?«
»Wegen beidem!«, bellte ich. »Gibt es noch was, irgendetwas , das ich über uns wissen sollte? Irgendwelche anderen wichtigen Klauseln im Kleingedruckten? Dauernd springen mich aus dem Nichts solche Klopper an, und ich weiß echt nicht, wie viele Überraschungen ich noch ertrage. Ich bin so was von drauf und dran, aus dieser Tür zu marschieren und nie mehr zurückzukommen.«
Er stieß sich von der Wand ab und kam mit einer geschmeidigen, raubtierhaften Bewegung näher. Er blieb jedoch auf Abstand und schlich stattdessen um den großen Klapptisch herum, der in der Mitte des Raums stand. Ich folgte ihm wie bei einem seltsamen Walzer und umkreiste ebenfalls den Tisch zwischen uns.
Unser Tanz endete abrupt, als er einen Dollarschein herauszog und zum Süßigkeitenautomaten ging. Er ließ sich ordentlich Zeit mit der Auswahl, was mich nur noch wütender machte.
Schließlich sagte er: »Wir sind kein normales Paar, Sam. Du weißt, dass wir nicht einfach Schluss machen und unserer Wege gehen können. Wesen wie wir tun sich für den Rest ihres Lebens zusammen, und kein Mensch, keine Religion und kein Gericht kann etwas dagegen unternehmen.«
Er angelte sich seinen Schokoriegel und das Wechselgeld aus dem Automaten und fuhr fort: »Kennst du diese uralten Pärchen, die seit achtzig Jahren verheiratet sind, und wenn einer stirbt, folgt ihm der andere innerhalb weniger Monate? Die haben auch so einen Bund, aber normale Menschen brauchen Jahrzehnte, um das zu erreichen, was wir in einer Nacht schaffen können.«
Ich verschränkte die Arme. »Kannst du mir das ein bisschen genauer erklären?«
Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. Nicht eine Sekunde dachte er daran, mir etwas von dem Riegel abzugeben. Das Kuchenmonster würde mir den Mond vom Himmel holen, wenn ich es darum bäte, aber Süßigkeiten müsste ich ihm mit dem Bolzenschneider aus seinen gierigen Klauen reißen.
»Nimm zum Beispiel meinen Vater. Als sein Geist lernte, meine Mutter zu erkennen, entstand daraus eine Verbindung, so eine wie unsere. Dad konnte ihre Stimmungen spüren, ihren Schmerz, er wusste sogar, wenn sie in der Nähe war, so wie du es bei mir weißt. Da Mom ein normaler Mensch war, war diese Verbindung einseitig, und sie konnten keinen festen Bund eingehen, wie wir es können. Diese unvollständige Verbindung reichte aber, ihn zugrunde zu richten, als sie starb. Der Entzug trieb ihn in den Wahnsinn. Kannst du dir ungefähr vorstellen, was es bedeutet, wenn so was bei zwei Cambions passiert? Mir platzt fast der Kopf, wenn ich es versuche.« Er kniff die Augen zusammen und wehrte die schrecklichen Bilder ab, bevor sie Form annehmen konnten. Seinem gequälten Gesichtsausdruck zufolge kamen ihm solche Gedanken wohl öfter.
Fasziniert durchquerte ich den Raum und stellte mich zwischen seine gespreizten Beine. Meine Finger strichen über seinen Unterkiefer, und ich erfreute mich an dem Farbkontrast: seine milchweiße Haut unter meiner goldbraunen. Trotz des Verlangens, ihn auf der Stelle zu erwürgen, musste ich ihn einfach berühren und ihn daran erinnern, dass ich sein Vergnügen wie auch sein Unbehagen genauso spürte wie er.
Ich tippte sein Kinn an, damit er mich ansah. »Dir ist doch klar, dass das ein ernsthaftes Problem in unserer Beziehung ist? Ich halte es jetzt schon kaum einen Tag aus, ohne dich zu sehen, aber wir reden hier von langfristigen Bindungen. Was ist, wenn du in zehn Jahren zum Vollidioten mutierst?«
Er sah mich finster an. »Das musst gerade du sagen.«
»Und wenn ich bis dahin eine blöde, megafette Kuh bin?«
»Ach was, dann habe ich es wenigstens weich und warm.« Er biss
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