Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
Plastik-Vampirzähnen über blutrot geschminkte Lippen.
Und wo war ich? Ich hockte in einer Kabine in der Mädchentoilette und bombardierte Caleb zum fünften Mal an diesem Tag mit SMS . Wir wurden immer mehr zu dem Pärchen, das wir nie im Leben hatten werden wollen: vollkommen unentspannt und ständig am Überlegen, was der andere wohl gerade tat, und wir riefen uns dauernd einfach nur so an, um den anderen atmen zu hören. Wie abstoßend war das denn bitte? Da saß ich nun in der Behindertentoilette und tippte kitschige SMS mit zahlreichen Herzchen und Smileys. Zufrieden, wenn auch nur vorübergehend, steckte ich mein Handy in die Tasche und ging zur letzten Stunde.
Zwischen Schule, Arbeit, Mias Drama in mehreren Akten und dem Verdacht auf ein bevorstehendes übernatürliches Verhängnis rannte ich herum wie ein kopfloses Huhn. Caleb war der Einzige, der mich aufrecht hielt. Mein Lebensretter.
In seinen SMS ließ er sich vor allem über seinen Jeep aus, von den Reparaturen bis zu seiner kriminellen Versicherung. Er überlegte, ob er ihn mit neuen Felgen aufmotzen sollte. Die Polizei hatte den Vorfall dieser einen Nacht als Vandalismus registriert, obwohl alles auf ein fehlgeschlagenes Attentat im Stil eines Bandenkriegs hindeutete. Mich überraschte das überhaupt nicht. Der vergangene Sommer hatte die Härtesten in Williamsburg das Fürchten gelehrt, und nun hielten sich alle an das Motto »Nichts fragen, nichts sagen«, wenn es um Caleb und meine Familie ging.
Was mich allerdings schon überraschte, war die Tatsache, dass Caleb das auf die leichte Schulter nahm. Wollte er es nicht wahrhaben oder war er einfach stur? Jedenfalls ignorierte er alle Anzeichen dafür, dass sich etwas Übles zusammenbraute. Er hatte immer versucht, mich zu beschützen, und alles dafür getan, mich aus der Gefahrenzone zu halten, aber es war nur ein kleiner Schritt vom Beschützen zum Verschweigen wichtiger Informationen.
Seine Geheimniskrämerei hatte in unserer Beziehung für einen holprigen Start gesorgt, aber ich hatte geglaubt, das sei jetzt vorbei. Als ich nach Hause ging, um mich für die Arbeit umzuziehen, wurde mir klar, dass wir mit dem Thema Vertrauen noch lange nicht durch waren. Die Bombe kam in Gestalt eines FedEx-Pakets, das an der Tür auf mich wartete.
Ich nahm es mit ins Haus und sah, dass es an Mom und mich adressiert war und einen europäischen Absender und ausländische Briefmarken trug. Ich riss die Pappe auf und wühlte in den Styroporkügelchen, bis meine Finger ganz unten etwas ertasteten, das sich anfühlte wie zwei alte Bücher. Beide hatten einen abgenutzten Ledereinband, ein Schloss und waren etwa so groß und so schwer wie ein Wörterbuch.
Ich fummelte gerade an einem der Schlösser herum, als mir ein cremeweißer Umschlag ins Auge fiel. Ich erkannte die Handschrift sofort und lächelte so breit, dass es fast wehtat. Ich hatte mich inzwischen an ihre ausführlichen E-Mails gewöhnt, daher weckte die kurze Nachricht sofort mein Interesse.
Liebste Samara,
wie geht es dir, meine Kleine? Ich hoffe, du bist gesund und lernst fleißig. Machst du auch immer die Gedächtnisübungen, die ich dir gezeigt habe? Ich weiß, sie sind lästig, aber du musst wachsam bleiben, damit die Wiedererkennung schnell einsetzt. Der Geist trinkt nicht von denen, die er kennt. Vielleicht funktioniert das nicht bei Leuten, die du neu kennenlernst, aber es wird dir bei deinen alten Freunden aus der Schule helfen. Bitte mach die Übungen mindestens dreimal am Tag.
Verzeih den knappen Brief, aber ich bin geschäftlich unterwegs, und meine Zeit ist begrenzt. Leider erlaubt mein Zeitplan es mir nicht, dich so oft zu besuchen, wie ich es gern möchte. Du fragst dich bestimmt, was ich dir da für Bücher schicke. Es ist eine Sammlung von Briefen und Tagebucheinträgen meiner Vorfahren, um die deine Mutter mich gebeten hatte. Ich habe auch einige Passagen markiert, die für dich von Interesse sein könnten, vor allem, was den Bund zwischen zwei Cambions angeht.
Das ist ein sehr ernstes Thema, das du und Caleb besprechen müsst, bevor ihr eure Beziehung besiegelt. Ich habe schon mit deiner Mutter darüber gesprochen. Auch wenn es unausweichlich ist, dass ihr einmal den Bund eingeht, ist sie mit mir ganz einer Meinung, dass man das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Bitte lies die markierten Passagen, damit du nicht blind in eine heikle Situation hineinstolperst, denn diese Entscheidung wird sich auf den Rest deines
Weitere Kostenlose Bücher