Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
meiner Mom gemacht?«, fragte ich und richtete das Küchenmesser auf seinen Rücken.
»Gar nichts. Sie schläft nur. Sie wird uns nicht hören, solange ich es nicht erlaube.«
Der Typ war einfach zu gruselig. Ich nahm all meinen Mut zusammen, biss in den sauren Apfel und stellte die Fragen aller Fragen: »Wer zum Teufel sind Sie?«
»Wen auch immer du dir wünschst.«
»Geht das auch ein bisschen genauer?«
Statt einer Antwort drehte er sich um. Das Licht, das durchs Fenster fiel, umschloss seinen Körper. Eine kleine Welle lief von seinem Rumpf bis zum Haaransatz, seine Haut wurde dunkler, seine Gesichtszüge veränderten sich. Sekunden später stand Malik Davis vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt und offenbar zufrieden mit seiner Überraschung. Er hob grüßend das Kinn. »Wie geht’s, Shorty?«
»Malik!« Ich machte einen Satz nach hinten und knallte mit dem Kopf gegen die Wand.
»Nein. Malik ist tot. Seit einigen Wochen schon.«
Ich war auf dem besten Weg, den Rekord für die meisten verrückten Ereignisse an einem Tag aufzustellen. »Malik ist nicht tot. Ich habe ihn vor ein paar Stunden erst beim Training gesehen.«
»Nein. Du, der Trainer und seine Mannschaftskameraden haben mich unter der Tribüne hervorkommen sehen. Wenn ihn jemand suchen würde, könnte er Malik auf dem Grund des James River finden … wo ich ihn verlassen habe.« Den letzten Halbsatz knurrte er durch zusammengebissene Zähne. »Die Energie, die du heute aufgenommen hast, war meine, und dazu einige Erinnerungen, die ich von ihm genommen hatte.«
»Moment mal. Malik war schon tot? Aber wie das denn?«
»Echte Freunde lassen Freunde nicht betrunken ans Steuer«, sang er.
Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. »Er hatte letzten Monat einen Autounfall. Er hat ihn nicht überlebt, stimmt’s?«
»Stimmt.«
Ich starrte wütend zu ihm hoch. »War es denn überhaupt ein Unfall?«
»Ja. Er lag im Sterben, als ich ihn fand. Ich nahm ihm die Schmerzen, und dabei sah ich ein paar Erinnerungen an dich aus der Schule. Da habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Es gab keine bessere Möglichkeit, in deine Nähe zu kommen. So war es viel einfacher, als ewig im Schatten zu lauern.«
»Und die ganze Zeit sind Sie als er rumgelaufen?«
»Nicht die ganze Zeit, aber eine Weile schon. Ich habe auf eine Gelegenheit gewartet, mit dir allein zu sein, um mich dir zu zeigen, ohne dir Angst einzujagen.«
»Genau, weil es mir auch überhaupt keine Angst einjagt, wenn jemand unangemeldet plötzlich in meinem Haus steht.«
»Hast du denn Angst?«
Ich öffnete den Mund zu einer Antwort, schloss ihn dann aber wieder. Ich war alles Mögliche: überrascht, wütend, verärgert, verwirrt, aber Angst empfand ich nicht. Ein falsches Gefühl der Sicherheit schien meinen Körper einzuhüllen wie ein warmer, schützender Mantel. Ich wäre dumm gewesen, diesem Gefühl auch nur für eine Sekunde zu trauen, aber es war da.
»Sie sind kühl und schwer zu fassen, Miss Marshall.« Er trat näher. Erinnerungen verschleierten seinen Blick. »Ich habe dich an Halloween gesehen. Ich dachte, da würde ich meine Chance bekommen.«
»Halt mal, Sie waren also der Mann mit der Maske?« Sein Nicken entfachte meine Wut erneut. »Warum verfolgen Sie mich? Wenn Sie mit mir reden wollen, warum kommen Sie dann nicht einfach zu mir und tun es?«
»Das habe ich ja versucht, aber wie ich schon sagte, du bist kühl und schwer zu fassen – mit Betonung auf ›kühl‹. Du kannst diesen Malik wirklich nicht ausstehen, oder?«
»Nicht besonders. Er war immer gemein zu mir, aber darum geht es hier nicht«, winkte ich gereizt ab. »Also war diese dramatische Sterbeszene hinter der Tribüne nur Show, ja?«
»Eine meiner besten Vorstellungen. Ich war ziemlich erschöpft, als Lilith mit mir fertig war, aber wie du weißt, verletzt der Geist niemanden, den er kennt, und sie kennt mich ziemlich gut.« Er lächelte. »Aber ich wollte sehen, was du tun würdest, wie weit du gehen würdest, wenn du einer echten Gefahr begegnest. Ich muss sagen, ich bin ziemlich stolz auf dich. Du hast den richtigen Killerinstinkt.«
Seine Worte jagten mir einen Schauer über den Rücken. »Sie haben versucht, mich zu überwältigen, Sie verrückter Vergewaltiger!«
Er kam näher, nicht im Mindesten von dem Messer beeindruckt, das auf seine Brust zielte. »Ich muss keine Frau vergewaltigen, Schätzchen. Ich bin der Traum jeder Frau. Sie kommen zu
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