Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
hatte auch nichts anderes erwartet – niemand wollte als Druckmittel bei einer Geiselnahme missbraucht werden. Aber ich war Tobias für die nächsten drei Tage losgeworden – Mission erfüllt. Da Lilith nicht reden konnte, machte sie ihrem Missvergnügen anders Luft: Sie quälte mich mit Schlaflosigkeit.
Ich hatte schon vorher schlaflose Nächte erlebt, aber die Bilder von Tobias in meinem Kopf dehnten die Stunden zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang wie Kaugummi. Ich wusste genau, dass ich ihn nicht liebte. Ich war mir sogar sehr sicher, dass ich ihn hasste, aber das änderte nichts an den unzweideutigen Szenen, die vor meinem inneren Auge aufblitzten. Plötzlich hatte ich eine ganz persönliche Pornosammlung im Kopf, und wir beide spielten in jeder Szene die Hauptrolle.
Ich kniff die Augen zusammen und zählte bis zehn, um die schmutzigen Bilder aus meinem Kopf zu spülen, aber ein ganzes Meer voller Wasser hätte nichts ausrichten können. Nur einer konnte das stürmische Verlangen verdrängen, nur ein Körper konnte diesen ersetzen. Wenn ich nur an ihn dachte, wurde mir schlecht vor Schuldgefühlen.
Caleb.
Was würde er von mir denken, wenn er wüsste, wie ich hier nach seinem potenziellen Mörder sabberte, dem abservierten dämonischen Liebhaber? Ich stellte mir vor, wie Caleb mit seinen leuchtenden Augen verächtlich auf mich herabsah, obwohl ich inzwischen alles getan hätte, um diese Augen überhaupt offen zu sehen. Es fehlte mir, jemanden zu haben, dem ich mich anvertrauen konnte, mir fehlten seine ungelenke Art und unsere Kabbeleien. Himmel, ich vermisste seine Hände – große, starke Hände, die Sicherheit und Trost verhießen.
Wie ich es versprochen hatte, hielt ich mich von Calebs Zimmer fern, jedenfalls körperlich. Dank eines Krankenpflegers, den ich auf dem Parkplatz abgefangen hatte, schützten nun ein paar Tropfen Öl die Tür von Zimmer 278. Ich hasste es, meine Fähigkeiten so auszunutzen, aber ich musste mich nach allen Seiten absichern.
Zwar hielt ich mich an die Abmachung, aber ich rief Haden alle paar Stunden an und fragte nach Neuigkeiten. Caleb war immer noch bewusstlos, aber er schien auf Stimmen zu reagieren. Ich erklärte, dass ich zu viel für die Schule nachholen musste, um vorbeizukommen, und die Brüder versprachen, die Stellung zu halten, bis mir eine bessere Ausrede eingefallen war.
Nach dem letzten Anruf des Abends blieb ich wach, verfiel aber in einen tranceartigen Zustand der Selbstbeobachtung. Was für einen Unterschied so ein paar Wochen doch machen konnten. Oder vielleicht war ich es ja, die sich verändert hatte? Ich hatte mich immer gern amüsiert, hatte rumgeblödelt und gelacht, bis mir der Bauch wehtat. Jetzt stand ich auf der Schwelle zum Emo. Ich hatte niemals jemanden anlügen müssen, der mir wichtig war, aber jetzt folgten die Lügen so unvermeidlich auf jeden Satz wie der Punkt.
Mein Stolz verlangte, dass ich Lilith die Schuld daran gab, dass meine Welt auf dem Kopf stand, aber was brachte das? Vor sich selbst kann man nun mal nicht weglaufen. Wohin ich auch ging, sie war ebenfalls da. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr. Sie fühlte, was ich fühlte, und andersherum. Wie sehr es mich auch nervte, ich war jetzt für Lilith verantwortlich, und es war meine Aufgabe, ihren Appetit zu stillen.
Das wurde allerdings bald zum Problem, als ich am nächsten Tag im Politikkurs fast umgekippt wäre. Die paar Tropfen von Tobias’ Energie, die ich für mich behalten hatte, waren verbraucht, und mein schlechter Schlaf machte den Absturz noch heftiger. Ich fühlte mich wie ein Junkie auf der Suche nach dem nächsten Schuss, und was noch schlimmer war: Mein Dealer starrte mich die ganze Zeit hinter seinem Lehrbuch hervor an und schickte mir unterschwellig eindeutige Botschaften.
Nach dem Olivenöl-Patt kam Tobias zu jedem unserer gemeinsamen Kurse und versuchte, meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Er wagte es nicht, sich neben mich zu setzen, denn ich hatte eine kleine Sprühflasche mit Olivenöl in der Tasche. Dieses Dämonending lief eigentlich so ähnlich wie die Hundeerziehung. Wenn er sich danebenbenahm, bekam er eine Dusche aus dem Gartenschlauch. Im Gegenzug zog er vom anderen Ende des Raums seinen Jeditrick ab, ließ mich sein Verlangen spüren und versuchte, Lilith dazu zu bringen, in mir dieselben Gefühle zu wecken.
Ich wand mich auf meinem Stuhl und krallte meine Finger an der Tischkante fest, während vor meinem inneren Auge Bilder
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