Camel Club 03 - Die Spieler
verschwinden.«
Finn schaute seine Mutter an, die Stone noch immer mit einem Blick voller Abscheu maß. »Und weshalb sollten wir Ihnen vertrauen? Es könnte doch sein, dass Sie uns geradewegs in eine Falle locken.«
»Genau«, sagte Lesya. »Eine Falle. So, wie man es mit deinem Vater gemacht hat.«
»Wäre das meine Absicht, hätte ich einfach gewartet, bis Sie das Haus verlassen haben«, erwiderte Stone und wies auf Finn, »und Sie auf dem Rückweg zum Flugplatz erschossen. Es gibt an der Strecke ein Waldstück, das sich vorzüglich dafür eignet. Und was Ihre Mutter betrifft – in dieser Einrichtung passt man nicht allzu gut auf. Eine unverschlossene Tür, ein Kissen, ein kurzer Kampf …« Er zuckte mit den Achseln. »Und wäre ich für die CIA tätig, hätte ich mir die Mühe gespart, Sie zu warnen. Ich hätte einfach zugeschaut, wie man Sie beide erledigt.«
»Woher wussten Sie überhaupt, wo Sie uns finden?«, fragte Finn.
»Ich bin Ihnen von Washington aus gefolgt. Heute Vormittag habe ich Sie vor dem Gebäude gesehen, in dem Senator Simpson sein Büro unterhält. Sie wirkten ein wenig verdächtig auf mich.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so offensichtlich verdächtig mache.«
»Das war auch gar nicht der Fall. Ich habe gelernt, worauf man achten muss.«
»Und weshalb waren Sie bei Simpsons Büro in der Nähe?«
»Weil jemand mir mitgeteilt hat – übrigens gegen seinen Willen –, dass der Fall Rayfield Solomon für die CIA wieder hohe Priorität hat.«
»Und warum?«, fragte Finn argwöhnisch.
Aufmerksam musterte Stone ihn und fühlte sich an sich selbst erinnert, wie er vor vielen Jahren gewesen war. »Wenn Sie aus Rache töten, möchten Sie, dass das Opfer den Grund kennt. Also schicken Sie etwas voraus oder geben es ihm, ehe Sie es umbringen. Ich bin der Überzeugung, so war es bei Cincetti, Bingham und Cole. Und ebenso bei Carter Gray. Er wusste, dass es mit Rayfield Solomon zusammenhing. Nur ist Gray nicht umgekommen.«
»Was?«, rief Lesya und warf ihrem Sohn einen vorwurfsvollen Blick zu.
Finn zuckte mit keiner Wimper. »Carter Gray ist noch am Leben?«
Wieder nickte Stone. »Und zweifellos wird der Mann, der vorhin hinausgerannt ist …«
»Gray Meldung erstatten«, beendete Finn den Satz an Stones Stelle. Er zog die Tasche seiner Mutter unter dem Bett hervor und stopfte ihre wenigen Habseligkeiten hinein.
»Was tust du da?«, fragte seine Mutter.
Finn fasste sie am Arm. »Gehen wir.«
»Wohin?«
»Raus hier«, sagte Stone.
Finn sah ihn an. »Mit dem Flugzeug?«
Stone schüttelte den Kopf. »Der Flugplatz steht bestimmt schon unter Überwachung. Über mich wissen sie nichts, zumindest noch nicht. Ich besorge am Flugplatz einen Mietwagen. In zwanzig Minuten hole ich Sie an dem Waldstück ab, das ich eben erwähnt habe.«
»Du darfst ihm nicht trauen, Harry. Er ist ein Killer. Er hat deinen Vater auf dem Gewissen.« Lesya sprach diese Sätze in reinstem Russisch.
»Alles, was Sie sagen, ist wahr.« Stone antwortete in derselben Sprache. »Ich war der Kommandeur des Teams, das Ihren Mann getötet hat. Heute weiß ich, er war unschuldig. Wegen dem, was ich für mein Heimatland getan habe, habe ich meine Ehefrau und meine Tochter auf gewaltsame Weise verloren. Die vergangenen dreißig Jahre meines Lebens habe ich ununterbrochen versucht, Wiedergutmachung zu leisten, aber ich bezweifle, dass noch genügend Jahre vor mir liegen, um meine Schuld zu büßen. Mir ist klar, dass Sie keinen Grund haben, mir zu trauen. Doch ich schwöre Ihnen, dass ich mein Leben opfern werde, um Sie beide zu retten.«
»Warum?«, fragte Lesya. »Warum sollten Sie so etwas tun?«
Inzwischen klang ihre Stimme ruhiger, und sie sprach Englisch.
»Ganz einfach. Weil ich Befehle befolgt habe, ohne Fragen zu stellen. Weil ich einem Menschen das Leben genommen habe und kein Recht dazu hatte. Und weil ich mittlerweile genug leiden musste.«
Fünf Minuten später schlichen sie durch eine Hintertür aus dem Pflegeheim. Selbst mit ihrem Gehstock kam Lesya zügig voran. Sie war längst nicht so lahm, wie sie ihrer Umgebung vorgespielt hatte.
Stone ließ die beiden in einem Waldversteck zurück, eilte zu Fuß zum Flugplatz und verschaffte sich dort mittels der Kreditkarte, die er von Annabelle bekommen hatte, einen Mietwagen. Schon konnte er ringsum verstohlene Aktivitäten beobachten, die für ihre Flucht nichts Gutes verhießen. Er fuhr mit dem Wagen los und nahm die beiden an Bord. Indem Finn
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