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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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das Ganze interessiert an.
    »Warte hier auf mich. Ich gehe etwas suchen, womit wir die Handfesseln abkriegen. Dann sehen wir, wie wir reinkommen.«

    »Ich bin nie in Häuser eingestiegen«, antwortet er mir bockig.
     
    Wir treten die Tür des Kabuffs mit den elektrischen Anlagen ein. Dort drinnen ist das Fenster zu einer Toilette. Cocíss steigt auf einen alten Generator und schlägt mit einem großen Schraubenzieher vorsichtig die Scheibe ein. Er zieht sich hoch, allein mit der Kraft seiner Arme, ohne mich um Hilfe zu bitten. Er hält sich an irgendwas fest, vielleicht an einer Stromleitung, dann höre ich, wie er mit einem lauten Krachen auf der Klobrille landet.
    Eine Minute später macht er mir die Tür des Büros auf, leckt sich dabei Blut vom Handrücken.
    »Was soll das hier sein, verdammt?«
    Eine Art Depot nie begonnener Leben, möchte ich sagen, doch ich behalte es für mich.
    »Das hier? Eine Möbelfabrik.«
    Kühlschränke und Waschmaschinen haben sie weggebracht, ein paar Schränke sind zerlegt worden, in vielen Räumen hat sich der Teppichboden in Streifen gehoben. Doch eine Menge anderer Dinge sind noch da. Die rustikalen Tische, die geflochtenen Stühle, die Ecksofas, die Regale mit den Büchern aus Styropor. Wir gehen im Dunkeln weiter, zwischen Koffern im Kolonialstil und Kartons, die bei der Feuchtigkeit durchgeweicht sind, laufen über Schilder, die einen »sensationellen« Preisnachlass verkünden, doch niemals Scharen von Kunden angelockt haben.
    »Ist sie geschlossen?«
    »Seit ein paar Jahren.«
    Ich erinnere mich gut daran, wie ich neben einem Elektroofen hier meine Tage verbringen musste. In den letzten zwei Monaten kam ganze Nachmittage lang keine Menschenseele mehr (niemand betrat die Küchen und Wohnzimmer auch nur für wenige Minuten, um sich dort ein Leben vorzustellen).
    »Du wirst ein paar Tage hierbleiben.«
    »Hier?«

    »Hast du eine bessere Idee? Hier findet dich mit Sicherheit keiner.«
    »Das ist eine Bruchbude hier.«
    (Was für ein Ohrfeigengesicht.)
    »In einer der Toiletten gibt es noch Wasser, aber es ist nicht zum Trinken, okay?«
    »Und Strom?«
    »Das glaube ich nicht. Ich zeige dir, wo du schlafen kannst, dann fahre ich los und hole dir was zu essen und Taschenlampen.«
     
    Ich mache, so schnell ich kann, doch für die Taschenlampen muss ich ins Einkaufszentrum, das um halb neun schließt. Von dort fahre ich Richtung Revier, um den schwarzen Alfa zurückzubringen. Das Herz klopft mir bis zum Hals. Ich lasse die Schlüssel bei der Kollegin in der Telefonzentrale, und sie erinnert mich sofort an das Problem mit der Sporttasche.
    »Alles in Ordnung«, sage sich, gehe dann in den Umkleideraum, um sie zu holen, ohne dass mich jemand sieht.
    Um Viertel nach neun verstaue ich Cocíss’ Tasche im Kofferraum. Um halb zehn bin ich wieder bei der Möbelfabrik und trete mit dem Fuß an die Hintertür des Büros, weil ich beladen wie ein Maulesel bin.
    Cocíss macht mir auf, aber es kommt ihm nicht in den Sinn, mir zu helfen.
    Im Hintergrund höre ich Geräusche, und ich sehe, dass sein Sweatshirt schmutzig ist.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe mich nur ein bisschen eingerichtet.«
    »Nimm mir dieses Zeug ab, los.«
     
    Er hat irgendwo einen Benzingenerator ausgegraben. Ich glaube mich zu erinnern, dass mein Vater wenigstens drei davon gekauft hatte, als wir noch die Landwirtschaft betrieben und die alte Stromleitung uns beinahe bei jedem Gewitter im Stich ließ. Ich erinnere mich auch, dass der rote Tank
mit dem verchromten Deckel mir vorkam wie der eines Motorrads, doch natürlich war es mir verboten, mich ihm auch nur zu nähern. Wer weiß, wie es sich das elektrische Mädchen vorstellte, diesen unbeweglichen Motor zwischen seinen Beinen vibrieren zu fühlen. Heute scheint mir das nicht schwer zu verstehen.
    »Ich hatte ein paar davon, bei mir zu Hause, aber größere. Man kann ja nie wissen. Gibt’s hier in der Nähe eine Tankstelle? Der läuft mit bleifreiem Benzin. Der Tank ist halb leer.«
    Er hat auch einen Fernseher aus der Mauer da draußen geholt und ihn in eine der Bauernkü chenimitationen gestellt (die hätte er vorher auch ein bisschen abstauben können). Die Antenne wird von einem Klumpen Klebstreifen gehalten, und über den Bildschirm laufen Wellen aus grauem Schnee. Er erzählt mir, dass sie auch da, wo er herkommt, eine Menge Fernseher auf die Straße gestellt haben, aber nicht weil sie kaputt waren, manche waren nicht mal alt.
    »Das ist wegen der

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