Canard Saigon (German Edition)
da.“
„Gut, dass du anrufst, Sandra“, sagte Marc. „Fahr mit Simon sofort zum Betrieb des Onkels von Burek. Holt euch Streifenbeamte zur Unterstützung und nehmt die Bude auseinander. Überprüft vor allem die Lieferwagen. Sollte einer davon nicht am Betriebsgelände sein, ruf mich sofort an. Und beeilt euch, wir haben nicht viel Zeit. Ich mach jetzt Schluss, da kommt ein anderer Anruf.“ Marc sah am Display, dass es der erwartete Rückruf von Nicole war.
„Marc, ich hab etwas gefunden“, platzte sie aufgeregt hervor. „Regine Schellnack war und ist tatsächlich Patientin im Maria-Theresia-Spital. Sie ist jetzt acht Jahre alt und wurde am 24. August 2009 an der Schilddrüse operiert. Seither muss sie alle drei Monate zu Nachuntersuchungen ins Spital. Ihr Vater, Georg Schellnack, verstarb kurz nach ihrer Geburt an Schilddrüsenkrebs. Die Krankheit der Kleinen ist vermutlich eine Erbkrankheit. Regine lebt mit ihrer Mutter, Marlene-Maria Schellnack, in Wolfsberg in Kärnten. Ob die Krankheit wieder ausbricht, kann bis heute nicht abgeschätzt werden. Und der behandelnde Arzt, der sie auch operiert hat, war Richard Klein.“
„Danke, Nicole, ich glaube nicht, dass der Doktor heute noch im Spital auftaucht. Komm zurück in den War Room“, sagte Marc und beendete das Gespräch.
Er überlegte kurz, wie die Information ins Gesamtbild passte. Dann stand er auf und ging zu Fritz Stainer.
„Freunde, jetzt brauche ich eure Hilfe“, sagte er zu den beiden EDV-Spezialisten. „Ich möchte alles über das Umfeld von Cornelia Braunrath wissen.“
„Sollte ich die Dame kennen?“, fragte Fritz.
„Das war die erste Frau von Johann Schreudl.“
Sooß, Montag, 26. April 2010, 23.30 Uhr
„Herr Niederriegler, Sie sind der stellvertretende Obmann des Fischereivereins Schwechatbach?“, fragte Martin Schilling den 65-jährigen untersetzten Mann mit dem zerfurchten Gesicht, der ihm gegenüber saß. Er trug eine blaue Arbeitsmontur und klammerte sich mit beiden Händen an ein halb leeres Glas Rotwein. Seine Knollennase war rot und blau, gezeichnet vom offensichtlich jahrelangen Konsum des Rebensafts. Obwohl er schon einige Gläser getankt haben dürfte, schien er nicht betrunken zu sein. Ein typischer Spiegeltrinker, schätzte Martin. Der soff den ganzen Tag und wurde nie richtig besoffen.
„Ja, das stimmt, Herr Inspektor“, sagte Franz Niederriegler, bemüht, in Schriftsprache zu sprechen. „Und wie kann ich der Polizei helfen? Ich sag es gleich. Ich fahr heute nicht mehr mit dem Auto. Ich hab nämlich zu viel getrunken.“ Martin lehnte sich zurück, als ihm die Alkoholfahne des Mannes ins Gesicht wehte.
„Das ist sehr vernünftig, Herr Niederriegler“, sagte Martin. „Aber ich wollte Sie wegen des Preisfischens sprechen.“
„Da ist alles in Ordnung, Herr Inspektor. Oder wollen Sie sich gar anmelden? Da haben Sie aber Glück, dass Sie mich hier gefunden haben. Ich wollt nämlich gerade nach Hause fahren.“
„Gehen“, sagte Martin trocken.
„Wie bitte?“
„Sie wollten nach Hause gehen.“
„Natürlich gehen. Was hab ich gesagt? Fahren, nein ich fahr nicht mehr.“
„Ich war eben bei Ihnen zu Hause. Ihre Frau hat gemeint, ich finde Sie sicher bei einem Heurigen im Ort.“ Wie sie ihn sonst noch genannt hatte, verschwieg Martin.
„Ist der alte Drache noch munter? Dann bleib ich besser noch hier. Wissen Sie, Herr Inspektor, mir ist ein Vierterl Wein beim Arsch lieber wia mei Oide beim Gsicht“, sagte Niederriegler und nahm zur Bekräftigung seiner Worte einen ordentlichen Schluck aus seinem Glas. „Mmh, das ist ein ehrlicher Wein.“
„Herr Niederriegler, ich dachte, der Meisner-Teich ist Privatbesitz. Darf man da so ohne Weiteres fischen?
„Nein, nein, mein lieber Herr. Nur der Verein darf da hinein. Der Herr Meisner, ein feiner Herr, sag ich, über den lass ich nichts kommen, hat uns erlaubt, zweimal im Jahr ein Preisfischen zu veranstalten. Eins im Frühjahr und eins im Herbst.“
„Und was verlangt er dafür?“
„Gar nichts. Also fast nichts. Wir kümmern uns um die zwei kleinen Zuchtteiche. Ehrlich gesagt, meistens kümmere ich mich, weil die anderen Vereinsmitglieder wollen von der Arbeit nichts wissen. Das bleibt alles an mir hängen.“
„Kennen Sie die Familie Meisner persönlich?“
„Ja freilich, gut kenn ich die. Lauter feine Menschen, der Herr Meisner reibt mir immer ein Trinkgeld, wenn ich dort arbeite. Ein feiner Mensch. Und sein Schwiegersohn, der Herr Doktor,
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