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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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Mucki. Der ist fast so breit wie hoch vor lauter Muskeln. Sein Brustkorb ist aufgeblasen wie der vom Michelin-Männchen, und seine Oberarme haben mehr Umfang als die Taille von Nicole. Der Mensch hat so mächtige Oberschenkel, dass man glaubt, er quetscht sich bei jedem Schritt die Eier. Er gilt in der Szene als gefürchteter Schläger. Also, der Mucki öffnet die Tür, nur mit einem Ruderleibchen und einer Unterhose bekleidet. Wir hatten ihn offensichtlich geweckt. Die Haare zerrauft, dicke Ringe unter Augen, stiert er uns an. Als er mich erkennt, rennt er, so schnell er eben kann, in die Wohnung zurück. Dabei flucht und schimpft er. Wir folgen ihm, nicht ahnend, warum er so flucht. Martin geht vor, durchquert den kleinen Vorraum und bleibt im Wohnzimmer stehen. Wenn man das so nennen kann. Dem Zimmer war das Saufgelage anzusehen. Leere Bierflaschen, eine fast leere Schnapsflasche und ein umgekippter Aschenbecher waren die Krönung einer ohnehin schon schmuddeligen Wohnung. Gulasch Willi liegt in seinem obligatorischen Lederanzug auf der Couch und schaut uns belämmert an. Er muss soeben aufgewacht sein. Mucki fingert laut fluchend in der Hosentasche seiner Jeans, die er über einen Sessel geworfen hat. Und als Martin in die Mitte des Zimmers geht, hat Mucki gefunden, was er gesucht hat. ,Scheiß Kibara, schleichts eich, sunst stich i eich oh‘, schreit er und fuchtelt mit einem Springmesser herum. Allerdings klemmt die Mechanik und die Klinge springt nicht auf. Martin reagiert wie ein geölter Blitz. Er springt vorwärts und trifft Muckis Hand mit einem Fußschlag. Das Messer fliegt in weitem Bogen durchs Zimmer. Martin setzt nach und verpasst dem Zuhälter einen Schlag mit dem Ellbogen auf das Brustbein. Wie nennt ihr den Schlag im Karate? Empi uchi? Na, egal, jedenfalls ist der Mucki umgekippt, als hätte ihn ein Huftritt getroffen. Der war schon k. o., bevor er auf den Fußboden gekracht ist. Inzwischen hatte sich Gulasch Willi aus der Couch gequält und ist auf Martin zugetaumelt. Der Gulasch Willi ist fast 190 Zentimeter groß, hat eine rotbraune lange Mähne und einen Sichelbart. Er ist am ganzen Körper tätowiert, potthässlich und ein furchteinflößender Geselle. Normalerweise trägt er eine dicke, schwarze Brille. Die lag irgendwo im Raum, und so konnte er vermutlich gar nicht richtig erkennen, was da ablief. Jedenfalls versucht er, Martin am Arm zu fassen, was ihm nicht besonders gut bekommt. Martin dreht sich blitzschnell um und verpasst ihm einen Bracholder von einem Faustschlag auf die Nase. Wie vom Blitz getroffen sackt er zusammen. Ich stand da und musste lachen. Normalerweise bin ich als harter Hund verschrien, aber so eine Aktion wie die von Martin habe ich noch nie gesehen. Der Anblick war ein Bild für Götter. Der Mucki lag am Rücken und zappelte mit Armen und Beinen wie eine umgedrehte Schildkröte. Der Gulasch Willi kauerte wimmernd am Boden, und zwischen seinen Fingern lief das Blut wie Gulaschsaft aus der Nase. In nicht einmal zehn Sekunden hat Martin zwei der gefürchtetsten Schläger Wiens in hilflos winselnde Kreaturen verwandelt. Bisher habe ich von eurem Karate ja nicht viel gehalten, aber nach dem Stunt heute ziehe ich echt den Hut.“ Paul sah dabei Marc und Martin an. „Aber das Beste kommt noch“, sagte er lachend. „Die beiden Geisteskinder hatten während ihrer nächtlichen Sauftour in einem Lokal randaliert. In der Spelunke wollte der Wirt gerade Sperrstunde machen, als die beiden auftauchten und Bier und Zigaretten verlangten. Der Wirt, selbst voll wie eine Haubitze, sagte, dass sie sich schleichen sollen. Darauf verprügelten sie den Wirt und schlugen den letzten, ebenfalls volltrunkenen Gast krankenhausreif. Sie demolierten die Einrichtung, stahlen Bier und Rauchwaren und hauten ab. Die beiden Opfer waren so besoffen, dass sie nicht einmal eine Beschreibung der Täter abgeben konnten. Als Mucki uns gesehen hat, glaubte er, wir kämen, um sie wegen dieses Vorfalls festzunehmen. Von ihm wissen wir, was sich da abgespielt hatte. Ich fragte Mucki, warum er trotz seiner Muskelmasse ein Messer gesucht habe. Er stierte mich nur an und meinte, er habe es in dem Moment für eine gute Idee gehalten. Jedenfalls hocken die beiden Blödiane jetzt in einer Zelle und erwarten eine Anklage wegen schwerer Körperverletzung und diverser anderer Delikte. Dabei wollten wir Gulasch Willi nur über Fay befragen. Da haben sich die beiden Eierschädel ein echtes Eigentor geschossen.“
    Marc

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