Canard Saigon (German Edition)
Abstand zueinander hatten, um bequem durch diese Lücke zu schlüpfen. Marc suchte sich so eine Lücke zwischen zwei Personenkraftwagen und ging ein paar Schritte. Bei der Vordertür eines Autos blieb er stehen und sah nach links und rechts. Wenn Fay hier durchgegangen wäre, hätten sie ihre Kolleginnen von beiden Seiten sehen können. Er blickte sich um und bemerkte etwa 15 Meter entfernt einen Kastenwagen. Es war ein blauer Mercedes mit gelber Firmenaufschrift. Marc ging näher und blieb nachdenklich bei dem Fahrzeug stehen. Er versetzte sich in den Täter und dessen vorsichtige Vorgangsweise. Plötzlich wurde ihm klar, wie die Entführung von Fay abgelaufen war. Hier standen am Sonntag irgendwo zwei Lieferwagen nebeneinander. Einer davon gehörte dem Täter. Er hatte sein Fahrzeug so abgestellt, dass ein schmaler Durchgang zwischen den beiden Wagen freigeblieben war und dass sich die Seitentür des Laderaumes gegenüber dem anderen Kastenwagen befand. Wenn Fay durch diese Lücke gegangen war, konnte er sie, vielleicht bei geöffneter Seitentür, mit dem Elektroschocker überwältigen. Und kein Augenzeuge hätte etwas bemerkt. Marc nickte versonnen. So könnte sich das abgespielt haben, dachte er. Hätte der Täter mit dem Fahrzeug auf der Straße gehalten und sie einsteigen lassen, wäre das Risiko, dass eines der Mädchen sich den Wagen gemerkt hätte, zu groß gewesen. Er dachte seine Theorie nach Schwachstellen durch. Wie wahrscheinlich ist es, dass man am Sonntagabend ausgerechnet dort, wo Fay üblicherweise steht, einen freien Parkplatz neben einem anderen Kastenwagen findet, fragte er sich. Er wusste, dass die hier abgestellten Lieferwagen Firmen gehörten, die am gegenüberliegenden Messegelände zu tun hatten. Die standen oft über das ganze Wochenende am selben Platz. Die meisten freien Parkplätze fand man in dieser Gegend am Sonntagvormittag. Da war die Wahrscheinlichkeit, einen geeigneten Parkplatz zu finden, am höchsten. Vielleicht hat der Täter die Todesfalle für Fay schon tagsüber gestellt, überlegte Marc. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Möglicherweise bin ich tatsächlich am Fahrzeug des Täters vorbeigelaufen, als ich mich mit Max Meisner getroffen habe, dachte er. Erneut versuchte er, sich die Bilder ins Gedächtnis zu rufen, aber er konnte sich nicht einmal erinnern, wo genau er geparkt hatte.
Sein Handy klingelte und er nahm das Gespräch an.
„Hallo Marc, ich versuche dich schon seit einer Stunde zu erreichen, hatte aber kein Netz“, sagte Simon Hoffer. Dann informierte er Marc über sein Gespräch mit Diana. Simon schloss seinen Bericht mit der Mitteilung, dass er bereits am Rückweg nach Wien sei und morgen Mittag wieder zum Ermittlungsteam stoßen werde. Marc wünschte ihm eine gute Heimreise. Nachdenklich ließ er das Handy in die Hosentasche gleiten.
„Marc!“ Er hörte, dass Martin Schilling seinen Namen rief, und sah über die Straße. Das Ermittlungsteam war eingetroffen. Marc Vanhagen rief seine Mitarbeiter zu sich. Am Rande des Parks informierte er sie über den Bericht von Simon Hoffer.
„Scheiße, dann hat dieses kranke Schwein sein Werk vollendet“, entfuhr es Paul Valek.
„Vor allem hat er die einzige Zeugin, die sein Gesicht gesehen hat, beseitigt“, sagte Sandra Kessler. Marc nickte.
„Deshalb konnten wir keine Verbindungen zum Spital feststellen“, sagte Nicole Sandmann. „Dieser Mord war sozusagen die logische Ausnahme von seinem Muster.“
„Ja, das sehe ich auch so“, meinte Marc. „Aber dann muss der Täter Fayola lange beobachtet haben. Er musste ihren üblichen Standort herausfinden, die Zeiten, an denen sie sich hier aufhielt, ihre üblichen Gewohnheiten, die durchschnittliche Anzahl der Freier und so weiter. Die Planung dieses Mordes hat viel Zeit in Anspruch genommen. Das heißt, der Täter muss sich tagelang, vielleicht wochenlang, hier herumgetrieben haben. Das muss doch jemandem aufgefallen sein. Wir müssen nochmals alle Prostituierten befragen. Vielleicht finden wir eine Zeugin.“ Dann erläuterte Marc der Gruppe seine Theorie von der Entführung.
„Klingt logisch und nachvollziehbar“, stimmte Martin zu. Da auch die anderen Teammitglieder nickten, fühlte sich Marc in seiner Schlussfolgerung bestätigt.
„Nicole, was hat die Befragung von Frau Klein ergeben?“, fragte Marc.
„Frau Klein war verblüffend offen. Sie wirkte ziemlich gefasst, ja fast gleichgültig, was die Fragen über ihren Mann betraf. Sie geht täglich um
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