Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
möglichst neutrales Gesicht zu wahren.
Er rührte sich nicht, stand immer noch wie angewurzelt da, bis Lily so nahe war, dass sie die Angst in seinen Augen sehen konnte, die schlaflosen Schatten darunter, das Grau seiner Haut direkt unter der gebräunten Oberfläche.
»Das ist Lillian«, sagte Francesca.
Lily konnte sehen, dass die Ader an Daniels Hals pulsierte, die, die sie früher immer küsste und mit der sie ihn aufzog. Wie lange war es her, seit sie das getan hatte?
»Deine Tochter und ich haben zusammen Cantucci gebacken«, sagte sie mit monotoner Stimme und blickte Francesca an, die zu ihr hochstrahlte. »Du hast hier ein ganz besonderes kleines Mädchen.«
Daniel sah herunter auf seine Tochter und dann wieder zu Lily, während sein erschöpftes Gehirn sich angestrengt abmühte, die Kombination zu verarbeiten.
»Ihr habt Cantucci gebacken?«, fragte er seine Frau. Es war eine alberne Frage, angesichts der Tatsache, dass es so viele andere Fragen gab, aber für Francesca ergab sie perfekt Sinn.
»Wir wollten zuerst amerikanische Hafer-Cookies backen«, erklärte sie. »Lillian hat ihre Schwester angerufen wegen dem Rezept, aber dann hat sie hier keinen Hafer bekommen. Also hat sie beschlossen, dass wir Cantucci backen, aber eine neue Sorte, nämlich in Herzform!«
Sie kramte aufgeregt in der Tasche ihres Kleids, wo sie heimlich ein paar Cookies hineingesteckt hatte, als Lillian nicht hinschaute. Doch der erste, den sie hervorzog, war zerbrochen, genau wie der zweite und der dritte.
Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, und sie stellte sich neben Lily, plötzlich ganz schüchtern, und ergriff ihre Hand, während sie sich in der Hüfte drehte und mit den Armen rhythmisch schlenkerte.
»Carlotta hat auf uns aufgepasst«, sagte Francesca zu ihrem Vater und blinzelte in die Sonne. »Mamma ist wieder pazza.«
Daniel wirkte nun so, wie Lily sich gefühlt hatte, bevor die Murmeln der alten Frau auf den Boden gefallen waren, als könnte er es nicht ertragen, als würde er am liebsten zusammenbrechen und sich von der Piazza durch die staubigen Ritzen in das warme Kopfsteinpflaster absorbieren lassen, als würde er keine Luft mehr bekommen.
»Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß, Baby, und es tut mir leid.«
Er sah wieder zu Lily, die Augen überschattet von Geheimnissen und Scham. »Es tut mir leid«, sagte er wieder. »Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Aber es tut mir aufrichtig leid, das musst du wissen.«
»Ja, schon gut, das kann alles warten«, entgegnete Lily steif. Logistik, dachte sie, Logistik. Die Sicherheit des Produkts gewährleisten, was Francesca war, dann den Engpass in der Versorgungskette beseitigen, was ihr gemeinsames Leben war, und danach die Instandsetzungsstrategie ausarbeiten, was Gott weiß was war.
»Ich denke, du solltest deine Tochter nach Hause bringen, Daniel«, sagte sie energisch. »Beziehungsweise zu Carlotta. So lautet die Abmachung. Francesca muss wissen, dass alles in Ordnung kommt. Und alles wird in Ordnung kommen«, fügte sie ein bisschen weicher hinzu, mit Rücksicht auf das Mädchen. »Glaub mir, ich bin nicht hier, um Ärger zu machen.«
»Aber …«
»Aber wie wäre es, wenn wir das später besprechen? Vielleicht könnten wir …«
In diesem Augenblick kam Francesca eine Idee, und sie platzte dazwischen in flehentlichem Ton. »Kann ich mitkommen und bei dir bleiben, Lillian? Bitte! Bitte, bitte, bitte! Keiner wird was dagegen haben. Mamma jedenfalls bestimmt nicht. Papa kann es ihr sagen, und sie wird bestimmt nichts dagegen haben. Bitte!«
Lily bemühte sich, einen möglichst unbekümmerten Ton zu bewahren. »Herzchen, du musst nach Hause und deiner Mamma von deinen Cantucci erzählen. Und vergiss nicht, ihr die zu geben, die du extra für sie gebacken hast.« Sie hielt eine kleine Papiertüte hoch, bis zum Rand gefüllt mit ihrem gemeinsamen Machwerk. »Nicht wahr, Daniel?«
»Das ist richtig, Mäusezahn«, sagte er und streckte die Hand zu der Kleinen aus. »Lass uns gehen.«
»Außerdem kannst du ein anderes Mal wiederkommen und mehr Cantucci backen«, sagte Lily.
»Aber ich will jetzt kommen!«
Francesca war wütend, durcheinander, eine Seite an ihr, die Lily noch nicht kannte, aber für die sie Verständnis hatte. Wenn ein Kind zu Hause keine sichere Zuflucht hatte, tat es alles lieber, als dorthin zurückzukehren.
»Ich bin auch ganz lieb! Ich räume alles auf! Ich mache keinen Krach. Ich kann bei dir wohnen über der Pasticceria. Ich
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