Cantz schoen clever
haben?«
Amen.
O b ich mich an mein erstes Auto erinnern kann? Aber sicher doch! Ich war 21 Jahre alt, hatte mir auf den Karnevalsbühnen in Köln und Umgebung schon ein bisschen was dazuverdient und legte nun mein ganzes Geld auf den Tisch, um es automobilmäßig so richtig krachen zu lassen. Ich war zu jung, um kompromissbereit zu sein.
Werfen Sie doch einmal gemeinsam mit mir einen Blick auf den Parkplatz der Geschichte, in das Jahr, in dem ich meinen ersten eigenen Wagen erwarb: Dort glänzt ein nagelneuer Porsche 964 Carrera in der Sonne, anthrazitmetallic, Lederinterieur mit Sitzheizung, 3,6-Liter-Motor, 250 PS , Schiebedach, alle Extras, 260 Spitze, in 5,7 Sekunden auf 100, Neupreis 122 340 D-Mark. Ein absolutes Traumauto.
Direkt daneben, der silberfarbene 81er Ford Escort, das ist meiner. Vier Vorbesitzer. Kantenrost. Die Wischwasser-Anlage geht nicht mehr. Die Tür auf der Fahrerseite war schon vor dem Kauf eingedellt. Aber ansonsten: ein Top-Fahrzeug! Zumindest für einen 21-jährigen jungen Mann, der bis zu dem Zeitpunkt immer noch seine Mama um ihren Wagen anbetteln musste.
Dafür, dass ein Auto nichts anderes als eine seelenlose Maschine ist, löst es bei den meisten Menschen erstaunlich viele Emotionen aus. Ich wette mit Ihnen: Sie können sich noch genau an Ihr erstes Auto erinnern. Beim ersten Kühlschrank oder ersten Staubsauger bin ich mir da nicht so sicher. Vielleicht werden Ihre Augen beim Gedanken an Ihren ersten eigenen Wagen genauso feucht, wie es der Kofferraum meines 81er Escort war. Es ist wie mit dem ersten Kuss: Es war vielleicht nicht der beste, aber mit ziemlicher Sicherheit der aufregendste ihres Lebens. Das fand sicher auch Bertha B. bei der Jungfernfahrt mit ihrem erstenAuto – und das war in doppeltem Sinne ein historischer Moment.
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WIE GEIL IST DAS DENN?
Was glauben Sie: Wer fährt nach dem frisch getätigten Autokauf den Neuwagen vom Hof des Händlers? Der Mann oder die Frau? Ich wage mal die Prognose, dass selbst im ach so emanzipierten 21. Jahrhundert in den meisten Fällen der Mann das »ius primae excursionis« (sozusagen das Recht des ersten Ausflugs) für sich in Anspruch nimmt. Als die erste Überlandfahrt der Automobilgeschichte stattfand, saß allerdings eine Frau am Steuer: Bertha Benz, die Ehefrau des Automobil-Konstrukteurs Carl Benz, brach am 5. August 1888 im Benz-Patent-Motorwagen Nummer 3, DRP -37435, gemeinsam mit ihren beiden Söhnen Eugen und Richard zu ihrer Reise von Mannheim nach Pforzheim auf.
Das wirft die Frage auf: War Carl Benz emanzipierter als wir Männer des 21. Jahrhunderts? Ich kann Sie beruhigen: Dem war nicht so. Der gute Herr Benz wusste schlicht und ergreifend nichts vom Ausflug seiner Frau! Sie startete den Wagen heimlich und telegrafierte erst 12 Stunden und 57 Minuten später, nach erfolgreicher Ankunft:
»Lieber Carl! Erste Fernfahrt ist gelungen. Sind gut in Pforzheim angekommen.«
Andere Männer wären bei einer solchen Nachricht sofort tot vom Stuhl gerutscht. Nicht so Carl Benz. Der geniale Konstrukteur starb erst knapp 40 Jahre nach dem Telegramm: am 4. April 1929.
Ewig gestrige Machos werden jetzt sagen: 1888?Das war doch die ideale Zeit, um eine Frau mit dem Auto auf die Straße zu lassen: kein Gegenverkehr, keine Vorfahrtsregeln, keine engen Parklücken! Bei Bertha Benz wären ihre Vorurteile jedoch am Straßenrand versauert, denn sie war ebenso patent wie der von ihr gesteuerte Patent-Wagen: Als ihr nach einigen Stunden Fahrt der Sprit ausging, besorgte sie sich in der nächsten Apotheke einfach zwei Liter des Waschbenzins Ligroin, um weiterfahren zu können. Damit war die Stadtapotheke Wiesloch die erste Tankstelle der Welt. Das erklärt auch, warum an Tankstellen immer noch Preise verlangt werden wie beim Apotheker.
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Das erste Auto von Bertha Benz trug nur ihren Namen (und den ihres Mannes), war allerdings kein Daimler -Benz. Denn erstens hatten Daimler und Benz zu dem Zeitpunkt noch nicht fusioniert, und zweitens schrieb sich Gottlieb Daimler damals noch Däumler . Aber das nur am Rande.
Mein erstes Auto war bekanntermaßen weder ein Daimler noch ein Däumler, sondern nur ein einfacher silberfarbener Ford Escort. Na und? Ich fand ihn damals toll! Ich habe ihn geliebt. Ich habe ihn gepflegt. Ich habe ihn mit Namen angesprochen: »Escort«. Und wenn mal was dran war, dann fuhr ich ihn nicht profan in eine Werkstatt, nein – dann hieß es: Auf zum Escort-Service! Aber das war selten nötig. Meistens sprang er
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