Cantz schoen clever
Rückenwind, eine abschüssige Straße und Glatteis.
Auch mit einem voll versenkbaren Metalldach, wie man es heute bei Cabrios gewohnt ist, darf man bei einem so spartanischen Kfz nicht rechnen. Stattdessen hat die Ente ein einfaches, an eine Picknickdecke erinnerndes Stoffdach, dasvorne lediglich mit zwei Klips in die Karosserie eingehakt ist. Der Vorteil: Im Sommer kann man das Dach in wenigen Sekunden bis nach hinten wegrollen. Der Nachteil: Wenn man den Wagen, wie mein Vater es leichtsinnigerweise getan hat, in eine Waschanlage fährt, dann kann es passieren, dass die obere Bürste das Dach öffnet, als sei es der Deckel einer Sardinendose.
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DAS GEHT JA GAR NICHT!
Der damalige Citroën-Direktor Pierres-Jules Boulanger bat 1934 seine Ingenieure, einen radikal minimalistischen Kleinwagen zu entwickeln. Nach dieser Vorgabe entstand 1939 der Prototyp der Ente, der sogenannte TPV (»Toute petite voiture« – »ganz kleines Auto«). Der TPV hatte nicht einmal einen Anlasser und konnte nur per Handkurbel gestartet werden. Angeblich soll Boulanger auf die Frage, warum kein Anlasser eingebaut wurde, geantwortet haben: »Das Auto ist für Bauern gedacht, und die sind alle verheiratet und haben eine Frau, die die Kurbel betätigen kann.«
Später bekam die Ente dann doch noch einen Anlasser spendiert. Gut so, sonst hieße die beliebte RTL -Sendung nämlich nicht Bauer sucht Frau , sondern Bauer sucht Anlasser .
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Die Ente ist selbstverständlich, ebenso wie der Käfer, ein hochsympathisches Auto, aber ich kann mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen, wie es uns damals gelungen ist, als vierköpfige Familie und mit Gepäck für vier Wochen nach England zu fahren – in einer Ente! Auf demRücksitz lagen mehrere Paletten Konserven, darüber Schlafsäcke und Bettzeug, und ganz oben thronten mein Bruder und ich. Heutzutage ganz undenkbar: Mit Kindern unterwegs sein, in einem normalen Auto? Ohne Sitzgurte? Nicht im 21. Jahrhundert!
Ich habe das vor ein paar Jahren im Freundeskreis beobachtet, bei einem bis dahin kinderlosen Paar. Er gehörte immer zu den Männern, die die Meinung vertraten: »Wer im Auto Lärm von hinten haben will, braucht keine Kinder auf dem Rücksitz, sondern einen Porsche mit Heckmotor.« Aber kaum fielen ihre Tage einmal aus, rannte er gleich zum nächsten Autohaus und bestellte einen Van. Ich fand das total übertrieben. »Was bestellst du denn dann, wenn es Zwillinge werden?«, fragte ich ihn. »Einen Sattelschlepper?«
Mittlerweile bin ich selbst Vater. Und natürlich habe auch ich mich vor der Geburt meines Sohnes nach einem passenden Familienauto umgeschaut. Und ich kann Ihnen versichern, es geht auch ohne Van – wenn man sich ein bisschen einschränkt und alles Überflüssige zu Hause lässt: den Laufstall, die Bauklötze, die Schwiegermutter.
Im Ernst, ich habe mir einmal so einen Familien-Van angeguckt. Die erste Frage, die ich mir gestellt habe, war: Brauche ich für eine drei- bis vierköpfige Familie tatsächlich drei Sitzreihen? Ich bin doch kein Linienbus. Ich hätte ständig Angst, dass an der nächsten Ampel jemand einsteigt und meinem Sohn auf dem Rücksitz zuraunzt: »Den Fahrschein bitte!« Außerdem: Was soll ich mit 140 verschiedenen Ablagemöglichkeiten? Die Aussichten, da seine Sonnenbrille wiederzufinden, liegt praktisch bei null.
Und richtig schön sind die rollenden Kindergärten auch nicht. Es hat einen Grund, warum es diese eckigen Metallkisten Vaneo, Sharan und Co. nicht als Cabrio gibt: Die Passanten würden die Dinger nämlich sonst mit Containern verwechseln und ihren Bauschutt reinwerfen.
Ein weiterer Nachteil der Familien-Vans: das Rangieren in Parkhäusern. Mit ausgeklappten Seitenspiegeln misst zum Beispiel ein Renault Espace zwei Meter in der Breite. In vielen Parkhäusern ist es aber so eng, dass selbst Kate Moss Platzprobleme bekommt. Und zwar ohne Auto.
Andererseits ist für junge Familien ein großer Kofferraum von Vorteil. Auch wir haben mittlerweile einen geräumigen Kombi, denn sonst stößt man schon mit einem normalen Kinderwagen an seine Grenzen. Letztens habe ich eine andere Mutter vor dem Kindergarten mit ihrem Fahrzeug hantieren sehen und sprach sie an: »Oh, ihr habt jetzt einen Smart? Aber da passt doch kein Kinderwagen rein!« Sie sagte daraufhin nur: »Guido, das ist kein Smart – das ist der Kinderwagen!«
Es ist unglaublich: Kinderwagen sind mittlerweile so riesig, dass man den Nachwuchs damit noch achtzehn Jahre später zum
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