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Cantz schoen clever

Cantz schoen clever

Titel: Cantz schoen clever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Cantz
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sogar an, wenn man den Zündschlüssel drehte.

    Mein Escort war kein unzuverlässiger Wackelkandidat wie der Käfer meines großen Bruders. Ich habe meinen Bruder und sein Auto so oft angeschoben, dass ich jahrelang glaubte, Käfer würden ganz regulär so gestartet.Als ich zum ersten Mal auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt einen Käfer sah, der einfach so ansprang, habe ich mich flach auf den Boden geworfen, weil ich dachte, der explodiert gleich. Aber mein Bruder war total vernarrt in seinen fahrbaren Untersatz. Er besaß sogar einen zweiten Wagen als Ersatzteillager. Was völlig legitim gewesen wäre, wenn er ihn nicht ausgerechnet vor der Garage meiner Eltern abgestellt hätte, von wo ich ihn dreimal am Tag wegschieben musste. Zwei Käfer in einer Familie. Das heißt: schieben, bis der Arzt kommt. Niemand hat so viele Käfer zum Rollen gebracht wie ich. Einen Großteil meiner Jugend habe ich durch die Heckscheibe des VW 1300 meines Bruders gestarrt. Aber von außen nach innen. Beim Schieben. Fragen Sie mich nicht, wie ein Käfer von vorneaussieht. Keine Ahnung. Das Heck eines Käfers ist mir hingegen vertrauter als mein eigenes Gesicht. Ja, der Käfer gehörte zur Familie. Er war wie ein weiterer Bruder für mich. Ein Bruder, der nicht ansprang. Und natürlich drehe ich mich heute noch um, wenn ich auf der Straße das vertraute Tuckern des 4-Zylinder-Boxermotors höre. Denn der Käfer meines Bruders war schon etwas Besonderes. Dank der praktischen Kombination aus undichtem Schiebedach und fehlender Heizung hatte er zum Beispiel ein exklusives Winter-Extra, von dem heutige Autobesitzer nur träumen können: Ich spreche vom legendären gefrorenen Fahrersitz!
    Und sparsam war der Käfer auch noch.
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    GUT ZU WISSEN
    Sparsame Autos mit Benzin-Motor:
    Daihatsu Copen
    6,0 Liter/100 km
    Mini Cooper Cabrio
    5,7 Liter/100 km
    Fiat 500 C 1.2. V 8 Start & Stop
    5,0 Liter/100 km
    Smart Fortwo Cabrio mhd
    4,5 Liter/100 km
    VW 1300 von Jochen Cantz
    1 schiebender Bruder/100 km
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    Das durstigste Auto der Welt stammt übrigens auch aus dem Hause Volkswagen, und zwar von der VW -Tochter Bugatti: Wenn man die Leistung des Supersportwagens Bugatti Veyron 16.4 voll ausschöpft (sein Spitzentempo liegt bei sagenhaften 407 km/h!), verbraucht der Flitzer locker 100 Liter auf ebenso viele Kilometer. Das bedeutet: Obwohl der Tank des Bugatti sagenhafte einhundert Liter fasst, muss alle 15 Minuten nachgetankt werden. Nicht ganz billig, vor allem, wenn man jedes Mal an der Tanke noch eine Cola und was Süßes zu den üblichen Wucherpreisen einkauft. Aber wer in der Lage ist, mehr als 1,3 Millionen Euro für ein Auto auszugeben, der zahlt auch ohne mit der Wimper zu zucken 3 Euro 50 für einen Schokoriegel.
    Der VW Käfer zählt nicht gerade zu den Luxuslimousinen der Automobilgeschichte. Und trotzdem hatte mein Bruder im innerfamiliären Wettstreit um das komfortabelste Fahrzeug lange Zeit die Nase vorn. Denn meine Eltern gaben sich mit noch weniger zufrieden. Sie fuhren Ente. Jeder eine. Die meines Vaters war blau. (Wir nannten sie »Renn-Ente«, denn sie hatte einen Motor, der eine Nuance stärker war als üblich. Das heißt: Zu Fuß konnte man sie nur mit Mühe abhängen.) Die Ente meiner Mutter war weiß. Zusammen hatten die beiden Wagen ungefähr so viel PS wie ein unfrisiertes Mofa.
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    WIE GEIL IST DAS DENN?
    Spitznamen für Citroën 2CV und VW 1300
    Citroën 2CV:
    »Ente«:
    Ente (Deutschland)
    »Das häßliche Entlein«:
    De lelijke Eend (Niederlande)
    Ugly duckling (England)
    »Zwei Pferde«:
    Deux chevaux (Frankreich)
    Döschwo (Schweiz)
    Dos caballos (Spanien)
    Spitznamen für den VW 1300:
    »Käfer«:
    Käfer (Deutschland)
    Beetle (England)
    Bug (Amerika)
    Maggiolino (Italien)
    Escarabajo (Spanien)
    Andere:
    Volky (Puerto Rico)
    Schrottkiste (Guido Cantz immer dann, wenn er schieben musste.)
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    Gegen einen Citroën 2 CV wirkt der Käfer wie ein Fahrzeug der gediegenen und üppig ausgestatteten Oberklasse. Bei Enten wird im Vergleich zum VW auf wirklich jeden überflüssigen Schnickschnack wie Fensterkurbeln oder Türverkleidungen verzichtet; bei frühen Modellen gab es noch nicht mal einen Scheibenwischermotor. Außerdem sucht man in den meisten der kleinen Citroëns vergeblich nach einem Radio. Was aber nicht schlimm ist, denn spätestens ab Tempo 40 ist es im Innenraum so laut, dass man eh nichts mehr hört. Aber um mit einem 2 CV überhaupt Tempo 40 zu erreichen, muss man schon Glück haben – sprich:

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