Cantz schoen clever
dann ist das der teuerste Spaß:
Man fährt in England betrunken (€ 5820) und 50 km/h zu schnell (€ 2900), reist weiter nach Norwegen und fährt dort über Rot (€ 670), nachdem man ein Überholverbot missachtet hat (ebenfalls € 670). Dann geht es weiter nach Spanien, wo man sich am Steuer telefonierend erwischen lässt (€ 200) und dann auch noch sein Auto im Parkverbot abstellt (€ 200). Drei Länder, sechs Verkehrsverstöße, insgesamt 10 460 Euro. Eindeutig ein Spaß für Besserverdienende.
Es geht aber auch deutlich billiger: Für exakt dieselben Verkehrsverstöße zahlt man bei den Stationen Serbien, Zypern, Montenegro, Malta, Schweden und Bulgarien gerade einmal insgesamt 110 Euro, spart also sensationelle 10 350 Euro! Da sieht man wieder einmal: Es lohnt sich, die Preise zu vergleichen – nicht nur beim Lebensmittel-Discounter. Letztendlich muss aber jeder selbst entscheiden, ob er lieber in Lissabon einmal bei Rot über die Kreuzung fährt oder sich für diese Summe in Litauen zwölfmal mit dem Handy erwischen lässt. Es soll sogar Mitmenschen geben, die von dem Geld lieber ihren Partner schick zum Essen ausführen.
Zumal es in der Tat immer schwerer fällt, überhaupt Straßen zu finden, auf denen man das Tempolimit überschreiten kann. Wir haben zwar in Deutschland theoretisch kein generelles Tempolimit, aber praktisch haben wir Stau. Und zwar rund um die Uhr. Um zur Ruhe zu kommen, muss ich daher weder Yoga machen noch in den Wald gehen, ich fahre einfach aufs Kamener Kreuz. Da bewegt sich nichts mehr. Stillstand für die Seele. Das ist Meditation pur.
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DAS GEHT JA GAR NICHT!
Zum längsten Stau der Welt kam es 1980 in Frankreich: Zwischen Paris und Lyon standen die Autos auf 176 Kilometer Länge.
Berücksichtigt man nicht nur eine simple Einzelstrecke, sondern ein ganzes Streckennetz, dann schießt Brasilien den Vogel ab: Am 11. Juni 2009 staute sich der Verkehr auf den Straßen von São Paulo sage und schreibe 293 Kilometer lang.
Der kürzeste Stau der Welt war übrigens 1984 in Porz zu beobachten. Er war knapp achteinhalb Meter lang und bestand aus dem VW Käfer meines Bruders, einem Garagentor und der Ente meiner Mutter.
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Für viele ist Stau nichts anderes als Polonaise ohne Musik. Für mich ist es mehr. Stau ist gelebte Gleichberechtigung. Ob Mann oder Frau, Polo oder Porsche, Hartz IV oder Benedikt XVI ., hier wird niemand bevorzugt behandelt. Den vordersten Platz kann man sich nicht kaufen. Wer in einem Stau die Pole Position haben will, muss schon ohne Vorwarnung bei voller Fahrt auf die Bremse treten. Und das ist auch nicht schön.
Ich genieße jeden einzelnen Stau total intensiv. Endlich mal nichts entscheiden müssen! Man gibt die Verantwortung aus der Hand, ergibt sich willenlos seinem Schicksal und kann einfach die Seele baumeln lassen. Noch. Denn ich bin sicher, bald wird es vorbei sein mit der Ruhe. Dann wird irgendeine pfiffige Event-Agentur oder irgendein cleverer Privatsender versuchen, Reibach mit dem Stillstand zu machen. Stau als kommerzialisiertes Abenteuer für dieganze Familie. Sponsored by Viagra: »Wer länger steht, hat mehr vom Leben.«
Vorstellbar ist auch eine Live-Übertragung im Radio:
»Stau auf der A 4, Stau auf der A 4!«
»Wir hören gerade, auf der A 4 hat sich was getan, Werner?«
»Das kann man wohl sagen, liebe Autobahnfreunde. Lange hat es hier so ausgesehen, als würde der Verkehr den ganzen Nachmittag so dahinplätschern, und dann war es wieder mal ein Italiener, der das Ding hier umgebogen hat! Ein Fiat Panda und ein übermüdeter Brummi-Fahrer – mehr braucht es nicht für einen herrlichen Stau von gut fünf Kilometern Länge! Aber wie sieht es am Kreuz Breitscheid aus, Manni?«
»Tja, Werner. Ich bin ja schon lange dabei, aber so was hab ich noch nie gesehen! Ein Daihatsu Cuore zieht urplötzlich mit 80, 90 Sachen auf die linke Spur, und da eilt auch schon im Rückspiegel des kleinen Japaners pfeilschnell ein Porsche Cayenne heran. Der wiederum lässt sich nicht zweimal bitten und teilt sich mit dem verdutzten Kleinwagenfahrer einfach für ein paar hundert Meter seine wuchtigen 480 Pferdestärken, bevor er …«
»Tod in Leverkusen! Tod in Leverkusen!«
»Rainer, in Leverkusen hat sich was getan?«
»Allerdings! Was für ein Hammer! Da kracht ein Motorradfahrer völlig unbedrängt mit gut 200 Sachen in die Leitplanke, die ihm natürlich ü-ber-haupt keine Chance lässt! Und dann wurde auch noch gezaubert: Wenige Sekunden
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