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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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hatte. Wenn sie weinte, versuchte sie, es jedesmal ein wenig anders aussehen zu lassen – wenn sie mit ihren Liebhabern sprach, improvisierte sie ständig, hob die Stimme bei Streitereien und erfand immer neue Beleidigungen, wenn ein Besucher so tat, als sei er wer.
    Diesmal hatten glücklicherweise die meisten ihrer Gäste einiges Talent, so daß sie nicht die ganze Last allein zu tragen hatte. Dennoch war es aufreibend.
    Der Summer ertönte, und Arran mußte aufstehen, um die Tür zu öffnen.
    Vor ihr stand, ein wenig unsicher, Hamilton Ferlock. Fünf Jahrhunderte lang ist er Schauspieler, dachte Arran bei sich, und immer noch hat er nichts von seiner jungenhaften Art verloren. Sie rief seinen Namen (verführerisch, wie es die Rolle vorschrieb) und schlang ihm die Arme um den Hals.
    »Ham«, sagte sie, »oh, Ham, diese Wachperiode war unglaublich! Ich bin so entsetzlich müde.«
    »Arran«, sagte er leise, und Arran verzeichnete überrascht, daß er so sprach, als liebte er sie. Oh, nein, dachte sie. Haben wir uns nicht im Streit getrennt? Nein, nein, das war Ryden. Ham ging, weil – oh, ja. Weil er sich unerfüllt fühlte.
    »Nun, hast du gefunden, was du gesucht hast?«
    Ham hob die Braue. »Gesucht?«
    »Du sagtest, du müßtest mit deinem Leben etwas Wichtiges anfangen. Das Leben mit mir zusammen hätte dich in einen liebeskranken Schatten verwandelt.« Guter Satz. Arran beglückwünschte sich.
    »Liebeskranker Schatten. Nun, sieh mal, in gewisser Weise stimmte das«, antwortete Ham. »Aber ich habe festgestellt, daß ein Schatten nur existiert, wo Licht ist. Du bist mein Licht, Arran, und nur wenn ich in deiner Nähe bin, existiere ich wirklich.«
    Kein Wunder, daß man ihn so hoch bezahlt, dachte Arran. Sein Spruch war übertrieben sentimental, aber Männer wie er waren es, die die Frauen am Bildschirm hielten.
    »Bin ich ein Licht?« sagte Arran. »Wenn du erst so spät zu mir zurückgekommen bist?«
    »Wie eine Motte zu einer offenen Flamme.«
    Und dann, wie es bei jeder glücklichen Wiedervereinigung obligatorisch war (hat es während dieser Wachperiode schon solche glücklichen Wiedervereinigungsszenen gegeben? Nein.), zogen sie sich aus und liebten sich ganz langsam, die Art Begattung, die weniger erregend als eher gefühlvoll war und die in den Theatern versammelten Männer und Frauen weinen und Händchen halten ließ. Er war heute so behutsam, so zärtlich, und seine Liebe war so echt, daß es Arran schwerfiel, die Show aufrechtzuerhalten. Ich bin müde, sagte sie sich. Wie schafft er es nur, alles so perfekt abzuziehen? Er ist ein besserer Schauspieler, als ich wußte.
    Anschließend hielt er sie im Arm, und sie unterhielten sich leise miteinander. Er redete immer gerne nach dem Akt, was andere Schauspieler nicht taten, die glaubten, daß sie nach Sex mürrisch sein mußten, um ihren Ruf als Machos bei den Fans aufrechterhalten zu können.
    »Das war wunderschön«, sagte Arran, und merkte entsetzt, daß sie dabei gar nicht schauspielerte. Vorsicht, Weib, sagte sie sich. Achte darauf, daß du die Schau nicht versaust, an die du schon zwanzig verdammte Tage gewendet hast.
    »Wirklich?« fragte Ham.
    »Hast du es nicht gemerkt?«
    Er lächelte. »Nach all diesen Jahren, Arran, und ich hatte doch recht. Wenn du in der Nähe bist, wie kann man da noch eine andere Frau lieben?«
    Sie kicherte leise, und verlegen wandte sie das Gesicht ab. Es war sehr verführerisch, weil sie sich an ihre Rolle hielt.
    »Warum bist du denn nicht früher gekommen?« fragte Arran.
    Und Hamilton wälzte sich herum und legte sich auf den Rücken. Weil er einige Zeit schwieg, strich sie ihm mit den Fingern über den Bauch. Er lächelte. »Ich bin weggeblieben, Arran, weil ich dich zu sehr liebte.«
    »Liebe ist nie ein Grund wegzubleiben«, sagte sie. Haha. Sollen die Fans diese Scheiße doch einige Jahre lang zitieren.
    »Sie ist es«, sagte Ham, »wenn es richtige Liebe ist.«
    »Wenn es richtige Liebe ist, wäre das erst recht ein Grund, bei mir zu bleiben.« Arran schmollte. »Du hast mich verlassen, und nun tust du so, als hättest du mich geliebt.«
    Hamilton warf sich herum und setzte sich auf den Bettrand.
    »Verdammt«, sagte er. »Vergiß die dumme Schauspielerei. Bitte.«
    »Schauspielerei?« fragte sie.
    »Ich meine diese verdammte Art, wie du aus Spaß und wegen Profit in deiner Rolle als Arran Handully auftrittst! Ich kenne dich, Arran, und ich sage dir – ich sagte dir, nicht irgendein Schauspieler, ich –,

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