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Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Interesse an ihm hat.
     London ist aufregend, jede Menge Stoff zum Nachdenken, und ehrlich gesagt ist er ganz froh, dass er eine Weile hiergeblieben
     ist und Londons bittersüßen Geschmack gekostet hat. Und es ist gut, mit ein bisschen Geld |267| in der Tasche nach Norden aufzubrechen. Es ist höchste Zeit. Das Mädchen kommt schon zurecht. Sie kann in die Unterkunft ziehen,
     die mit dem Job angeboten wurde, wird schon in Ordnung sein, und sie scheint ja ganz gut Trinkgeld zu verdienen, zusätzlich
     zum Lohn. Wahrscheinlich wegen dieser Bluse, die sie anhat. Na ja, das ist ihre Sache. Interessiert ihn nicht. Sie kann das
     mit ihrem Pass klären, auch wenn sie es anscheinend nicht besonders eilig damit hat, und für ihre Rückfahrkarte sparen und
     sich vielleicht auch noch ein paar hübsche Kleider kaufen, wenn sie will. Er muss sich jedenfalls keine Sorgen mehr um sie
     machen. Den Wohnwagen und Hund nimmt er mit. Er freut sich sogar darauf, ein bisschen allein zu sein, auf der Straße, unterwegs.
    Sie sind nur noch einen Block von der Stelle entfernt, wo der Wohnwagen und der Landrover stehen, als sie Hund wütend bellen
     hören. Irgendwo ertönt ein dumpfes Klopfen. Als sie näher kommen, wird der Lärm lauter, und schrille Stimmen schreien durcheinander.
     Andrij geht schneller, dann fängt er zu laufen an.
    Als sie um die letzte Ecke biegen, sehen sie eine Horde Kinder, die um den Wohnwagen herumspringen und ihn mit Steinen bewerfen.
     Hund bellt wie verrückt, weicht den Steinen aus und versucht die Kinder zu verjagen. Wo kommen die kleinen Krawallmacher her?
     Im schattenlosen orangen Schein der Straßenlaternen tanzen die Zwerge herum, als feierten sie eine heidnische Orgie. Einer
     hat unter dem Wohnwagen Stöcke und Papier aufgeschichtet, die er mit brennenden Streichhölzern bewirft.
    »Was macht ihr? Stopp!« Mit wedelnden Armen rennt Andrij auf sie zu. Die Kinder halten inne, aber nur für einen Moment. Ihm
     am nächsten steht ein zerlumpter Junge mit verfilzten Haaren. Ihre Blicke treffen sich. Der Junge hebt einen halben Ziegelstein
     auf und wirft ihn nach Andrij.
    |268| »Kriegstmichnichtarschloch, kriegstmichnicht!«
    Der Ziegelstein landet genau zu seinen Füßen. Andrij läuft dem Bengel hinterher, packt ihn am Arm und schüttelt ihn, dann
     gibt er ihm einen Stoß. Das Kind taumelt und fällt hin.
    »Leckmichleckmichscheißfotze!«
    Andrij will sich den Nächsten vornehmen, doch der Junge entwischt ihm und rennt davon. Den Dritten kriegt er zu fassen, aber
     er windet sich aus seinem Griff wie eine Katze und läuft fort, nachdem er ihn angespuckt hat. Jetzt mischt sich auch Irina
     ein. Sie packt einen der Jungs, und als er sie anfaucht und spuckt, faucht und spuckt sie zurück und gibt ihm einen kräftigen
     Schlag auf den Hintern. Woher kennt sie solche Wörter? Hund knurrt und stürzt sich auf den Jungen mit den Streichhölzern,
     doch das Papier hat bereits Feuer gefangen. Es riecht nach Rauch. Kreischend stieben die Kinder davon und werfen dabei noch
     ein paar Steine. Hund jagt den Nachzüglern hinterher, schnappt nach ihren Waden.
    Das Papier hat Feuer gefangen, und jetzt fangen die Stöcke unter dem Wohnwagen zu knistern an, Rauch und Funken steigen auf.
     Hund ist völlig aus dem Häuschen. Blitzschnell macht Andrij die Hose auf und pinkelt auf die Flammen. Es zischt und raucht,
     aber dem Wohnwagen ist nicht viel passiert. Warum grinst sie so? Es war ein Notfall. Soll sie doch gucken. Soll sie doch grinsen.
     Was kümmert es ihn?
    Schließlich setzt er sich auf die Stufen des Wohnwagens und legt den Kopf in die Hände, resigniert und erschöpft. Ausgerechnet
     jetzt kommt sie und quetscht sich neben ihn. Ihr Arm, ihr Schenkel – wo sie ihn berührt, fühlt es sich an wie glühender Stahl.
     Dieses Mädchen – warum geht sie ihm so unter die Haut? Wenn es doch nirgendwo hinführt, wenn er keine Chance bei ihr hat,
     warum kann sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen?
    |269| Der Gedanke erfüllt ihn mit dumpfer Wut, auf sie und auf sich selbst. Und noch etwas macht ihm zu schaffen – der Blick in
     den Augen des Straßenjungen, als er ihn herumgeschleudert hat. Das waren nicht die blitzenden, frechen Augen eines Lausbuben,
     der jemandem einen Streich gespielt hat. Es waren leere Augen, tote Augen   – Augen, wie Andrij sie schon zu oft gesehen hat. Bei dem nackten Mädchen in dem Geländewagen. Bei den ukrainischen Jungs
     am Pier in Dover. Warum gibt es so viele Menschen auf

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