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Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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über den Tisch geschoben hatte. »Tomasz? – Wenn
     dich jemand fragt, arbeitest du für die Agentur, nicht für uns, okay? Du kriegst sechs Pfund die Stunde, aber für jede Stunde,
     die du arbeitest, setzt du noch eine freiwillig drauf, okay?«
    »Also, sechs Pfund für eine Stunde oder für zwei Stunden?«
    »Nein, sechs Pfund pro Stunde. Die andere ist freiwillig, wie ich gesagt habe. Du musst es nicht machen. Wir haben hier immer
     genug Leute, die es machen. Ukrainer, Rumänen, Bulgaren, Albaner, Brasilianer, Mexikaner, Kenianer, |148| Simbabwer, keine Ahnung. Unglaubliches Geschnatter die ganze Zeit. Tag und Nacht. Wie bei den verdammten Vereinten Nationen
     hier. Haben immer viele Litauer und Letten gehabt, aber das hat Europa jetzt alles kaputt gemacht. Die sind alle legal heute.
     Wie die Polen. Was für eine verdammte Zeitverschwendung. Plötzlich wollen sie alle Mindestlöhne. Die Besten sind noch die
     Chinesen. Keine Papiere. Kein spreche Englisch. Keine beschissene Ahnung, was läuft. Zugegeben, manche Arschlöcher nutzen
     so was aus. Die armen Schweine unten in Morecambe. Schnatter schnatter ins Handy, die Flut kommt, und keiner hat kapiert,
     was die wollen. Tja, und dann sind sie alle ersoffen. Aber wieso soll man Ausländer einstellen, wenn man ihnen das Gleiche
     zahlen muss wie Engländern, oder? Deswegen arbeiten wir jetzt auch mit der Agentur. Sollen die sich drum kümmern.«
    Darren machte den Papierkram fertig und schob Tomasz mit einer ausladenden Handbewegung den Pass über den Tisch hin. Tomasz
     verstand, dass er jetzt über irgendeinen verschlungenen Pfad bei Vitali angestellt war. Langsam bekam er ein ungutes Gefühl,
     was diesen Job anging.
    »Und Unterkunft?«
    »Ist eine andere Agentur. Na ja, eigentlich ist es dieselbe. Sie ziehen es dir von deinem Lohn ab, also musst du dir darum
     schon mal keine Gedanken machen. Krankenversicherung. Steuer. Transport. Um alles kümmern sie sich für dich.«
    »Und das Haus   …« Er zeigte auf die andere Straßenseite.
    »Haargenau, Kumpel, das ist es. Das linke. Hat Milo es dir nicht gezeigt?«
    »Doch. Ich habe gesehen. Ist sehr voll.«
    »Ach, keine Sorge. Um sieben sind die alle weg. Die arbeiten Nachtschicht. Da karren wir sie nach Shermouth.«
    |149| »Ich habe ein gutes Wort für dich eingelegt, Irina.« Boris stieg vor mir die Treppe zum Büro der Sherbury-Erdbeerfarm hinauf.
     Offensichtlich hatte ich genug drauf. Das nächste Mal, wenn er irgendwas versuchte, würde ich ihm das Knie in den Bauch rammen.
    Das Erste, was die Frau hinter dem Schreibtisch fragte, war: »Haben Sie Ihre Papiere dabei? Ich brauche Ihren Pass und eine
     gültige Beschäftigungserlaubnis.«
    Ich erklärte ihr, dass all meine Papiere gestohlen worden waren. Sie hob die Brauen – wenn man das so nennen konnte, denn
     eigentlich waren es nur zwei hauchdünne, mit Kajal gezeichnete Bögen.
    »Der Agent, der mich hergebracht hat. Er hat versucht   … Er wollte   … Er hat mich   …«
    Doch mir fehlten die englischen Worte, um dieses grauenhafte Erlebnis zu beschreiben.
    »Er hat meine Papiere behalten.«
    Die Frau nickte. »Das tun manche Agenten, obwohl es verboten ist. Wir müssen das klären, wenn Sie hier arbeiten möchten. Wir
     arbeiten nicht mit Illegalen. Manche Supermärkte sind da etwas eigen. Aber überlassen Sie es mir. Ich muss ein paar Anrufe
     machen. Erinnern Sie sich an den Namen des Agenten?«
    »Vulk. Er heißt Vulk.« Allein den Namen auszusprechen, verursachte mir eine Gänsehaut.
    »Ich glaube, von dem habe ich schon mal gehört. Und der Bauer?«
    »Leapish. Nicht weit von hier.«
    Wieder sprangen die kleinen nackten Brauen nach oben. Ich finde, die Leute sollten lieber die Finger von ihren Augenbrauen
     lassen.
    »Der, der von seinen Erdbeerpflückern überfahren wurde? Hatten Sie etwas damit zu tun?«
    |150| »Oh, nein. Davon weiß ich nichts. Das muss passiert sein, als ich schon weg war.«
    Na gut, das war eine Lüge, aber nur eine kleine.
    »Warum sind Sie weggegangen?«
    »Es gab nicht genug reife Erdbeeren. Ich wollte mehr Geld verdienen.«
    Okay, zwei kleine Lügen. Die Frau nickte. Sie schien jedenfalls mit meiner Antwort zufrieden.
    »Hier werden Sie gutes Geld verdienen. Nach den Abzügen.« Schon wieder dieses Wort! »Es würde mich ja nicht wundern, wenn
     Leapish einen korrupten Agenten hatte. Auf dem Hof war sowieso nicht alles koscher.« Die Frau senkte die Stimme. »Es heißt,
     Lawrence Leapish hatte eine Affäre

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