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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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schließlich erkannte
man in ihr eine staubige und zerzauste Carina Armitage.
    Sie hatte
ihren Hut verloren, und der Wind blies ihr die Haare ins Gesicht. Ungeduldig
stellte sie immer wieder ihre Hutschachteln auf den Boden und versuchte, die
Haare wieder aufzustecken.
    Endlich
erreichte sie die Kreuzung und setzte sich müde auf einen Meilenstein.
    Allmählich
ließ der Wind nach, und die Sonne wurde wärmer. Carina Armitage wartete
geduldig; verborgen in seinem Erlenschlag wartete Lord Harry Desire ebenso
geduldig.
    Die Minuten
wurden zu Viertelstunden, zu halben Stunden und zu Stunden. Als die Sonne am
Horizont tiefer sank, fiel die kleineGestalt auf
dem Meilenstein immer mehr in sich zusammen.
    Lord Harry
richtete sich auf und ging zu seinen friedlich grasenden Pferden zurück. Er
spannte sie wieder vor die Kutsche und führte sie auf die Stelle zu, an der
Carina geduldig auf dem Meilenstein saß.
    Sie schaute
nicht einmal auf, als er sich näherte, aber sie mußte seine Gegenwart gespürt
haben, denn alles, was sie mit matter Stimme sagte, war: »Ach, Sie sind's.«
    »Ich hatte
eine kleine Panne mit meinem Zweispänner«, sagte er gutgelaunt. »Warten Sie auf
jemanden? Oder kann ich Sie irgendwohin bringen?«
    »Nein, ich
warte auf niemanden. Das heißt, ich warte darauf, daß mein Vater aus
Hopeminster zurückkommt und mich mit nach Hause nimmt. Ich bin so furchtbar
müde, wissen Sie.« Tränen traten ihr in die Augen, und sie wischte sie mit
einer ungeduldigen Handbewegung fort.
    »Da können
Sie lange warten«, sagte er freundlich. »Ihr Vater sprach davon, daß er im
›Goldenen Hahn‹ noch zu Abend essen wollte. Kommen Sie, ich bringe Sie zu
den anderen.«
    »Nur, wenn
ich vorher nach Hause kann«, sagte Carina und dachte an den belastenden Brief
auf dem Nadelkissen. »Ich sehe so furchtbar aus. Ich fühlte mich viel besser,
und deshalb entschloß ich mich, zu Fuß zu gehen. Ich wollte diese Kleider den
Armen von Hopeminster bringen. Aber vielleicht sollte ich sie vorher meiner
Mutter zeigen.«
    »Natürlich«,
sagte er begütigend. »Wir fahren zuerst zum Pfarrhaus und dann nach
Hopeminster.«
    Carina war
zu müde und zu elend, und zu gedemütigt, um zu protestieren – er fuhr rasend
schnell. In kürzester Zeit waren sie zu Hause.
    Betty sah
erleichtert aus, als sie sie sah, und Carina fragte sich fast gleichgültig, ob
das Mädchen irgendeinen Verdacht hegte. Aber Betty war offensichtlich nicht in
ihrem Zimmer gewesen. Carina zerriß den Brief an ihre Mutter, wusch ihr
Gesicht, brach in Tränen aus, wusch ihr Gesicht noch einmal, zog sich um und
wählte ein hübsches Kapotthütchen aus. Erschöpft ging sie die Treppe zu Lord
Harry hinunter.
    Zu ihrer
Erleichterung schien er nicht zum Reden aufgelegt zu sein; seine Pferde legten
die Strecke nach Hopeminster mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zurück.
    Die Familie
Armitage setzte sich gerade in einem Nebenzimmer zum Abendessen hin.
    Carina
schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß ein Wunder geschehe und Lord Harry nicht
erzähle, daß er sie gefunden hatte, wie sie auf einem Meilenstein mit zwei
Hutschachteln an der Kreuzung saß. Er war so dumm, daß er ihre Geschichte ohne
weiteres geglaubt hatte. Aber ihr Vater – da war sie sicher – würde so eine
Geschichte nicht glauben. Verzweifelt wünschte sie, sie hätte Lord Harry
gebeten, nichts zu sagen. Und wenn Betty redete? Aber das wäre nicht so
schlimm. Sie würde einfach noch einmal lügen und sagen, daß sie genau wußte,
daß Lady Edwin alte Kleider brauchte. Wahrscheinlich würde ihre Mutter fragen,
was sie denn für alte Kleider habe, daß sie zwei Hutschachteln dafür brauche.
Also mußte sie neue Lügen erfinden.
    Sie war so
beschäftigt mit dem Erfinden von Lügen und Ausreden und dann so erleichtert,
als Lord Harry jedermann im Glauben ließ, er hätte sie vom Pfarrhaus abgeholt,
daß einige Zeit verging, bis sie die erlittene Enttäuschung und Erniedrigung
erneut niederdrückte.
    Der Vikar
sah den leidenden Ausdruck auf Carinas Antlitz, und sein Entschluß, Lord Harry
beiseite zu nehmen und ihm zu sagen, daß es hoffnungslos sei, stand endgültig
fest.
    Er fühlte
sich sehr edel, als er schließlich zu dieser unumstößlichen Entscheidung
gekommen war, anstelle des halbherzigen Versprechens, das er sich am Abend
vorher gegeben hatte. Er wollte auch Jimmy Radford genau darüber berichten und
seinen alten Freund mit seiner Großmut beeindrucken.
    Aber
jedesmal, wenn er das schöne Profil

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