Carina - sTdH 3
Vieh haben, die Pfoten, den Kopf und den
Schwanz.«
»Nein,
nein«, sagte der Squire. »Du kannst die Hunde bei so einem Frost nicht
rauslassen. Der Boden ist zu hart. Er zerschneidet ihre Pfoten.«
»Dann
stranguliere ich Reineke selbst!« brüllte der Vikar, während ihm Tränen der
Enttäuschung in die Augen traten.
Bevor der
Squire ihn aufhalten konnte, war er auf und davon. Er lief die Straße hinunter,
zum Tor des Herrenhauses hinein und auf der anderen Seite der Hecke wieder
zurück.
Der Fuchs
ließ ihn ruhig herankommen und war dann mit einerblitzschnellen
Bewegung verschwunden.
Der Vikar
brach durch das Unterholz, schrie und schimpfte und fluchte, daß er Tote hätte
wecken können.
Beinahe
wurde er von einem Wildhüter seines Bruders erschossen, und als der Squire ihn
endlich eingeholt hatte, sah er so aus, als würde er gleich an einem Schlaganfall
sterben.
»Du siehst,
ich kann jetzt nicht von Hopeworth weggehen«, jammerte er. »Nicht, solange mich
dieses kleine Biest zum Narren hält.«
»Hmm, wir
werden sehen«, sagte der Squire. »Da ist Edwin.«
Der Bruder
des Vikars, Sir Edwin, kam lässig durch die Bäume auf sie zu. Er war wie immer
formvollendet gekleidet, im Gegensatz zu seinem derben Bruder. Er hob sein
Lorgnon und musterte den traurigen Anblick, den der Vikar bot, seine blutigen
Hände, das zerkratzte Gesicht, die verschmutzte Kleidung.
»Nun,
Charles«, sagte Sir Edwin, »ich sehe, du bist so elegant wie früher.« Er lachte
halb unterdrückt. »Immerhin beruhigend, daß du wieder ganz der alte bist. Darf
ich fragen, was du auf meinem Besitz herumzufluchen und zu schreien hast?«
»Es ist der
Fuchs«, stammelte der Vikar. »Er ist auf deinem Grund.«
»Nun, dann
bin ich sicher, daß ihn einer meiner Leute erschießen wird.«
Der Vikar
wand sich vor Schreck: »Erschießen! Du sprichst wie ein Idiot! Den Fuchs
erschießen. Hast du das gehört, Jimmy? Der Mann hat sie nicht alle. Einen Fuchs
erschießen!«
»Es ist
mein Grund und Boden, und ich kann tun, was ich will, verdammt noch mal«,
schrie Sir Edwin, der jetzt wütend war. »Ich will nicht, daß du über meine
Besitzungen reitest und mein Wild zugrunde richtest, Charles, und wenn ich
Männer bewaffnen muß, die dich an den Toren zurückhalten, dann werde ich das
tun.«
»Du bist
kein Christ. Du wirst in die Hölle kommen und für deine Bosheit schmoren«,
schrie der Vikar und sprang vor Zorn auf und ab.
»Komm bitte
mit«, sagte der Squire und zog ihn am Ärmel. »Bei diesem Wetter kann man
sowieso nicht jagen. Komm, Charles, beruhige dich.«
Der Vikar
ließ sich wegführen.
Squire
Radford nahm die Einladung zum Abendessen im Pfarrhaus an, obwohl er die Bequemlichkeit
seines eigenen Hauses vorgezogen hätte und die Küche des Pfarrhauses sich
nicht gerade eines guten Rufes erfreute.
Der Vikar
saß da wie ein Mann, der einen schweren Schock erlitten hat. Er murmelte etwas
über die Bosheit seines Bruders vor sich hin und berührte sein Essen kaum.
»Wenn wir
morgen nach London fahren«, sagte der Squire schließlich, »muß ich jetzt nach
Hause und früh zu Bett gehen.«
»O weh«,
sagte der Vikar betrübt. »Gibt es denn keine Hoffnung auf Tauwetter, was meinst
du, Jimmy?«
Der Squire
schüttelte den Kopf.
»London!«
Carinas grüne Augen leuchteten auf. »O Papa, nimm mich mit.«
»Einverstanden«,
knurrte der Vikar.
»Aber ...«,
begann Squire Radford, unterbrach sich aber gleich wieder, weil er das Gefühl
hatte, es wäre taktlos, der ganzen Tischrunde lang und breit zu erzählen,
warum Carina nicht mitkommen sollte.
»Ich glaube
wirklich, das geht zu weit«, sagte Mrs. Armitage ärgerlich. »Betty muß sie
begleiten, und jetzt, wo du nicht die Kutsche von unserem lieben Lord Sylvester
hast, mußt du auch John mitnehmen. Bei meiner Treu, warum nimmst du nicht
gleich auch noch die Köchin mit?«
»Was sagst
du da Dummes«, sagte ihr Mann grob. »Das einzig Gute an London ist doch, daß
wir dort nicht in den Genuß ihrer Kochkunst kommen.«
»Das ist
nicht fair, Mr. Armitage«, entgegnete Mrs. Armitage und nahm eine
besorgniserregende Färbung an. »Mrs. Hammer kocht sehr gut, sogar
ausgezeichnet, wenn man bedenkt, wie wenig Geld du ihr zugestehst!«
Der Vikar
sah so aus, als hätte er gute Lust, sich in den Kampfzu stürzen,
aber Mrs. Armitage legte den Streit dadurch bei, daß sie einen Anfall bekam.
Squire Radford machte sich unauffällig davon, und Carina ging in ihr Zimmer
hinauf, um zu
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