Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
im Hause Mørck alles schläft, dann geschieht dort ein Unglück, verstanden?«
»Feuer?«
»Ja. Lass es in der Küche beginnen. Explosiv und mit viel Rauch. Und sag unseren Leuten, dass sie um Himmels willen ungesehen von dort verschwinden sollen.«
»Das übernehme ich selbst.«
»Umso besser. Sorg für gute Deckung und zieh dich danach schleunigst zurück.«
»Das werde ich. Und was ist mit Søren Brandt?«
»Auf den kannst du deine Hunde sofort hetzen.«
33
November 2010
J emand rüttelte an seiner Schulter.
Carl schlug die Augen auf und nahm undeutlich wahr, dass sich eine Gestalt über ihn beugte. Als er sich aufrichten wollte, wurde ihm schwindlig und auf unerklärliche Weise befand er sich plötzlich auf dem Fußboden neben dem Bett.
Dann bemerkte er erstaunt das Sausen des Windes und sah, dass das Fenster offenstand. Erst danach roch er das Gas.
»Jesper ist jetzt wach«, rief jemand draußen vom Gang. »Er kotzt, was soll ich machen?«
»Leg ihn auf die Seite. Hast du das Fenster geöffnet?«, rief die Gestalt mit den schwarzen Haaren, die neben Carl stand.
Jemand schlug ihm auf die Wangen. »Carl, sieh mich an. Sieh mir ins Gesicht. Bist du okay?«
Er nickte, war sich aber nicht sicher.
»Wir müssen zusehen, dass du nach unten kommst, Carl. Hier oben ist immer noch zu viel Gas. Kannst du allein gehen?«
Er stand langsam auf, wankte auf den Flur und dann die Treppe hinunter, was ihm wie ein unendlicher Fall vorkam. Erst als ihn jemand vor der offenen Terrassentür auf einen Stuhl drückte, begannen sich Formen und Konturen abzuzeichnen und Sinn zu ergeben.
Er sah zu Mortens Freund auf, der neben ihm stand.
»Teufel auch«, nuschelte er. »Bist du noch da? Bist du hier eingezogen?«
»Ich glaube, darüber können wir allesamt sehr froh sein«, kommentierte Hardy trocken.
In Zeitlupentempo wandte sich Carl zum Bett um. »Was ist denn hier los?«
Von der Treppe her war Gepolter zu hören, Morten schleppte Jesper nach unten. Der sah noch erheblich schlechter aus als damals, als er von einem vierzehntägigen Party-Marathon auf Kos nach Hause gekommen war.
Mika deutete zur Küche. »Da ist einer mit sehr unschönen Absichten im Haus gewesen.«
Mühsam stand Carl auf und folgte ihm.
Sofort fiel ihm die große Gasflasche auf, die in der Mitte der Küche stand, eine von den neuen aus Plastik. So eine besaßen sie doch überhaupt nicht, die gute alte gelbe draußen im Garten beim Gasgrill war ja noch tipptopp. Und warum war da dieser Schlauch mit dem angeschlossenen Regler befestigt?
»Wo kommt die her?« Carl war noch immer zu benommen, um sich an den Namen des jungen Mannes zu erinnern, der neben ihm stand.
»Um zwei Uhr, als ich Hardys Zustand gecheckt habe, stand sie noch nicht da«, antwortete der Mann.
»Hardys Zustand?«
»Ja. Er hat stark reagiert auf die Behandlung gestern. Mit Schweißausbrüchen und Kopfschmerzen, was im Übrigen ein gutes Zeichen ist. Und das hat uns garantiert allen das Leben gerettet.«
»Nein, das warst du, Mika!«, rief Hardy von drinnen.
Ach ja, so hieß er. Mika.
»Erklär.« Der Instinkt des Polizisten funktionierte auf Autopilot.
»Seit gestern Abend habe ich alle zwei Stunden nach Hardy gesehen. Und ich werde das auch noch einen oder zwei Tage lang tun, sodass ich genau beobachten kann, was mit ihm passiert. Vor einer halben Stunde klingelte der Wecker an meiner Uhr, und als ich aufwachte, nahm ich dort unten im Keller einen sehr starken Gasgeruch wahr, der mich hier im Erdgeschoss fast umgehauen hätte. Ich hab die Gasflasche zugedreht und die Fenster aufgerissen und dann auf dem Herd ein Pfännchen entdeckt, aus dem es qualmte. Als ich nachschaute, sah ich, dass der Boden bis auf etwas Olivenöl trocken war und dass dort ein angesengtes Stück Küchenkrepp lag. Das Papier hat den Qualm verursacht.«
Er deutete aufs Küchenfenster. »Ich hab's sofort rausgeschmissen.«
Carl nickte Erling Holm, seinem Kollegen von der Brandtechnik, zu. Streng genommen war das weder dessen Gegend noch dessen Fall, aber Carl hatte keine Lust, die Polizei von Hillerød einzuschalten, und Erling wohnte nur fünf Kilometer entfernt in Lynge.
»Das hat jemand sehr raffiniert ausgeklügelt, Carl. Nur zwanzig, dreißig Sekunden später, dann hätte das Papier lichterloh gebrannt und die Flammen hätten das Gas entzündet. Und nach dem Gewicht der Gasflasche zu urteilen, ist schon sehr viel Gas entwichen. Mit diesem großen Regler und dem dicken Schlauch auf dem
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