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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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schien es in der Frau hinter ihr so etwas wie einen Kurzschluss zu geben, und es dauerte nur wenige Sekunden, da hatte sie bewiesen, wie hart ein Mädchen aus Århus zu packen konnte.
    Während die Aufseherin um Hilfe rief und der Tumult der drei kämpfenden Mädchen auf die anderen Übergriff, verließ Nete den Raum.
    Von überall her, aus der Küche und aus dem Depot, kamen Aufseherinnen angerannt, und eine läutete die Glocke, die vor dem Büro der Vorsteherin hing. In Nullkommanichts war nichts mehr von der Ruhe übrig, alles war erfüllt von Geschrei und Gebrüll und von Worten, die nie hätten gesagt werden dürfen.
    Wie der Blitz stand Nete oben vor Gittes Zimmer und fand den Schlüssel auf dem Türrahmen.
    Sie war niemals zuvor in diesem Zimmer gewesen, aber nun erkannte sie, wie aufgeräumt es war. An den Wänden hingen schöne Zeichnungen, das Bett war gemacht. In einer Kommode bewahrte Gitte das Wenige auf, das ihr gehörte, außerdem standen darin ein Paar Wanderschuhe, die Nete noch nie an Gitte gesehen hatte.
    In einem davon fand Nete fast fünfhundert Kronen und einen Ring mit der Inschrift Alistair Charles - Oline Jensen, Thorshavn, 7. August 1929.
    Den Ring ließ sie liegen.

    Am Abend waren sowohl die Strafzelle im Keller als auch die im ersten Stock mit den streitenden Parteien aus der Nähstube belegt.
    An solchen Abenden wurde beim Essen kein Wort gesprochen. Keines der Mädchen wollte aus der Masse hervorstechen, denn die Aufseherinnen hatten die zahlreichen Blutergüsse noch lebhaft vor Augen, die die Handgreiflichkeiten in der Nähstube produziert hatten. Die Atmosphäre war, gelinde gesagt, elektrisch aufgeladen.
    Rita starrte Nete kopfschüttelnd an. Um so etwas hatte sie nicht gebeten.
    Dann hob sie alle zehn Finger in die Höhe und darauf noch mal die beiden Daumen, was bedeutete, dass es um zwölf Uhr, also um Mitternacht, losgehen sollte. Allerdings hatte Nete keinen blassen Schimmer, wie sie sich aus dem Hexenkessel davonschleichen sollten.
    Aber da hatte Nete auch noch nicht ahnen können, dass Rita am Bett ihrer Zimmernachbarin Feuer legen würde. Zwar wurde auf Streichhölzer in der Anstalt mächtig gut aufgepasst, nur war Rita nicht umsonst Rita - der reichte ein einzelnes Streichholz und ein aus der Küche entwendetes Stückchen Schwefelfaden. Das hatte sie den Tag über unter ihrer üppigen Brust eingeklemmt und angewendet, sobald ihre schwachsinnige Zimmernachbarin tief und fest schlief.
    Als der Rauch das Zimmer füllte, schrie diese wie am Spieß, und im Nu waren alle auf den Beinen. Feuer hatte es früher schon gegeben. Mehrmals hatte der Stall gebrannt und vor etlichen Jahren war einmal die gesamte Einrichtung in Flammen aufgegangen. Sogar der Leuchtturmwärter und sein Gehilfe standen binnen kürzester Zeit mit fliegenden Hemdzipfeln und hängenden Hosenträgern bereit, dirigierten die Wassereimerträger und brachten die Pumpen in Stellung.
    Rita und Nete trafen sich hinter dem Kräutergarten. Beim Blick zurück sahen sie, wie das Fenster in Ritas Zimmer mit einem Knall barst und der Rauch sich förmlich nach draußen in den klaren Sternenhimmel schraubte.
    Es würde sicher nicht lange dauern, bis der Verdacht auf Rita fallen und man nach ihr suchen würde. Die Zeit war also knapp.
    Wie Nete sich gedacht hatte, warteten die Seeleute im Schein der Petroleumlampe unten in der »Freiheit«. Womit sie nicht gerechnet hatte, war, dass Viggo einer von ihnen war. Zu Netes größter Bestürzung erkannte er sie nicht wieder.
    Das Lächeln, mit dem er Nete betrachtete, kannte sie. Das hatte sie damals auf seinem Gesicht gesehen, als er und sein Freund dem Dritten zugesehen hatten, der Rita von hinten bedient hatte. So ein Lächeln sah man gern auf den Lippen seines Geliebten, nicht aber auf denen eines wildfremden Mannes, und ein Fremder war er auch jetzt.
    Obwohl sie ihm erzählte, dass sie das Mädchen vom Jahrmarkt sei, konnte er sich noch nicht einmal an die Geschichte erinnern, sondern lachte nur und sagte, wenn sie es bereits getrieben hätten, könnten sie ja wunderbar damit weitermachen.
    Nete war, als würde ihr das Herz brechen.
    Mittlerweile hatte Viggos Kumpel das Geld gezählt und erklärt, das reiche nicht. Wenn sie mitwollten, müssten sie sich auf den Tisch legen und die Beine breit machen.
    Diese Forderung gehörte ganz offensichtlich nicht zur Abmachung, denn Rita schrie und schlug nach dem Mann, und das war vermutlich das Letzte, was sie hätte tun dürfen.
    »Dann

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